GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

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Strecke pünktlich, der Zwischenstopp hier in der kleinen Siedlung Cruce Dos Aguadas hatte genau im Zeitplan gelegen.

      Sie war nur ausgestiegen, um sich ein wenig die Beine zu vertreten und eine Dose Mineralwasser zu öffnen, die sie aus ihrem Rucksack geholt hatte. Trotz der frühen Morgenstunde klebte ihr schon wieder das T-Shirt am Leib. Der leichte Regen bot keine Erfrischung und nervte und die Luft, die sie atmete, war feucht und schwül.

      Sie seufzte und legte den Kopf in den Nacken, während sie die Dose leer trank. Wie konnten Menschen nur immer hier leben? England hatte auch zeitweise Wetterphasen, die man nur zähneknirschend überstand, doch der Gedanke, sich ständig in dieser feuchten Hitze aufzuhalten, war unvorstellbar.

      Bis San Andrés lagen noch zwanzig Kilometer vor ihnen, die in einer Dreiviertelstunde bewältigt sein sollten. Zum Glück war die Straße schon etwas besser geworden. Der Regenwald an beiden Seiten hatte sich zurückgezogen und war nur als dunkelgrüner Streifen am Horizont rechts und links zu erkennen. Kleine Felder flogen nun am Fenster des Busses vorbei.

      In San Andrés würde sie sofort in das Touristen­informationszentrum gehen. Dort gab es ein Internet-Terminal, von dem aus man Videochats führen konnte. Wenn alles gut ging, wusste man auf Darach Manor in einer Stunde, dass hier etwas ganz gewaltig schiefgegangen war.

      14. Juni 2024, Freitag, 07:50 Uhr

       San Andrés, Guatemala

      Der Bus brummte davon und ließ Tamira auf dem belebten Platz mitten in San Andrés zurück. Die Schulkinder von Carmelita und Cruce Dos Aguadas winkten ihr fröhlich zu und hüpften davon.

      Mechanisch hob sie die Hand, winkte zurück und sah ihnen nach. Als die schwatzende Schar um die Ecke verschwand, fühlte sie sich noch verlorener als heute Morgen. Es war, als hätte sie mit dem Aussteigen aus dem Bus und dem Winken für die Kinder die letzte Verbindung zu La'ith und Tiana gekappt. Nanita Vermosa hatte zwar den Zettel mit der Telefonnummer des Hotels an ihre Brust gedrückt wie einen kostbaren Schatz und eifrig genickt auf ihre Bitte, sofort anzurufen, wenn einer der zwei Vermissten auftauchen würde. Aber letztendlich konnte man es drehen und wenden, wie man wollte: sie hatte die beiden allein dort am Ende der Welt zurückgelassen.

      Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob es richtig gewesen war, einfach wegzufahren. Vielleicht hätten die Männer, mit denen sie gestern Abend nach den beiden Vermissten gesucht hatte, heute Morgen mit ihr einen neuen Versuch gestartet. Und nach dem Öffnen des Ladens hätte man auch von dort aus Sadik anrufen können.

      Aber sie war ja nicht geflohen, sondern würde Hilfe besorgen. Außerdem musste sie Anzeige erstatten und sich um neue Papiere kümmern. Ohne ihre Ausweise und nur mit ein paar guatemaltekischen Quetzal, die ihr Nanita aufgenötigt hatte, war sie in diesem Land nicht sicher. Doch wenn sie drei gestohlene Dokumente angab, würden unangenehme Fragen gestellt werden. Wo sind ihre Begleiter, Señora? Was wollten sie im Dschungel? Warum geben Sie keine Vermisstenanzeige auf?

      Zu allererst würde sie deshalb mit Sadik sprechen, wie sie weiter verfahren sollte. Ein Blick auf den MFA bestätigte jedoch ihre Ahnung: kein Handynetz, kein Internet. Energisch straffte sie die Schultern und machte sich auf den Weg zum Touristikbüro, den der Busfahrer ihr erklärt hatte.

      Nach zehn Minuten Fußmarsch durch eine gut erhaltene Altstadt, an die sie keinen Blick verschwendete, hatte sie das eingeschossige Gebäude erreicht. Entschlossen stieg sie die zwei Stufen hinauf und griff nach der Klinke.

      Doch der Eingang war verschlossen und mit einem dumpfen Laut stieß ihre Stirn an die massive Holztür, weil sie damit nicht gerechnet hatte.

      Mit einer Hand die schmerzende Stelle reibend suchte sie nach einem Schild mit den Öffnungszeiten und erfuhr, dass das Büro erst um zehn öffnete. Ein Blick auf den MFA zeigte, dass es bis dahin noch eindreiviertel Stunden waren.

      "Verfluchter Scheißdreck!" Ihre geballten Fäuste wummerten dumpf auf das Türblatt und fast wäre auch ihr Fuß dagegen gekracht. Beschämt sah sie sich um und setzte sich dann auf die oberste Stufe. Ein kleines Vordach spendete etwas Schutz vor dem ewigen Regen.

      Wer konnte noch einen öffentlichen Internet-Zugang haben? Das Rathaus? Die würden auch nicht vor zehn öffnen. Läden? Händler? Die Polizei?

      Nein. Sie wollte ins Hotel. Beim Busterminal gab es einen Taxistand.

      Schnell stand sie auf und lief zurück zu dem Platz mit der Bushaltestelle. Auf dem Weg dorthin erklang der leise Benachrichtigungston vom MFA. Kein Internet, aber Handynetz. Doch nur ein Balken, der in der nächsten Sekunde wieder verschwand. Der Anruf musste warten, bis sie im Hotel war.

      14. Juni 2024, Freitag, 08:30 Uhr

       In Guatemala

      Eine Tür wurde geöffnet, Schritte kamen näher.

      Tiana hob den Kopf. Ihre Augen waren zwar immer noch durch die Binde verdeckt, aber so konnte sie besser hören.

      Wie viel Zeit mochte wohl vergangen sein? Ihren MFA konnte sie nicht sehen. Sie ohne jegliche Orientierung hier allein zurückzulassen, grenzte schon fast an Folter. Es konnten Stunden sein oder auch nur ein paar Minuten.

      Ihre Arme taten weh und waren steif. Da die Hände auf dem Rücken gefesselt waren, blieb ihr so gut wie keine Möglichkeit, sich zu bewegen. Und sie hatte Durst.

      Hastig rappelte sie sich auf. Sie wollte ihren Gefängniswärter aufrecht sitzend erwarten.

      "Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihre Wartezeit nun beendet ist." Der Stimme nach war es derselbe Mann, der vorhin schon mit ihr gesprochen hatte. An ihrem Klang hörte sie, dass er neben ihrem Lager angekommen war.

      Dieser Jemand, dessen Name so seltsam war, dass sie ihn schon wieder vergessen hatte, war scheinbar endlich aufgewacht und wollte sie sehen. Noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, wurde ihr ein breites Klebeband auf den Mund gepresst. Sie stieß ein zorniges Knurren aus und schüttelte erbost den Kopf.

      "Ich bitte um Verzeihung, aber wir können nicht riskieren, dass Sie Ihre Gabe an mir anwenden. Das verstehen Sie sicher." Sie spürte eine Hand an ihren Knöcheln, ein kleiner Ruck folgte und gleich darauf waren ihre Beine frei.

      "Wenn Sie nun aufstehen und mit mir kommen würden. Und bitte: Unternehmen Sie keinen Fluchtversuch. Es gibt eine Menge Möglichkeiten, Sie damit" - das typische Geräusch beim Zurückziehen eines Pistolenschlittens war zu hören - "aufzuhalten."

      Folgsam setzte sie die Füße auf den Boden und erhob sich von der Liege. Mit dem Wissen, dass eine Waffe auf sie gerichtet war, verwarf sie den erneut aufgekommenen Gedanken an Flucht. Sie wusste nicht, wie viele Personen noch in der Nähe waren und wohin sie überhaupt fliehen sollte. Einen konnte sie mit ihrer Gabe kontrollieren, aber bei mehreren hatte das keinen Zweck. Deshalb entschied sie, abzuwarten und zu kooperieren. Vorerst zumindest. Vielleicht würde sich später eine Gelegenheit ergeben.

      Der Mann nahm ihren Ellenbogen und schob sie vor sich her. Er war nicht grob, führte sie fast behutsam, forderte sie an der Tür auf, den Kopf ein wenig einzuziehen. Es erschien ihr widersinnig, denn sie war eine Gefangene.

      Außerhalb des Raumes war es kühl und die Luft roch abgestanden, aber nicht feucht.

      Außer den Schritten ihres Begleiters waren keine weiteren zu hören. Von seiner Hand geführt stieg sie Stufen hinauf. Verärgert merkte sie, dass sie versäumt hatte, mitzuzählen. Ein grober Anfängerfehler, der

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