GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

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und Trajan würden sich Sorgen machen. Der für gestern Abend vereinbarte Videochat hatte nicht stattgefunden und eine Nachricht von hier war lange überfällig. Wieder musste sie an ihre Schwester denken und sie fühlte sich schlecht dabei, ihr Sorge zu bereiten.

      Aber viel mehr beschäftigte sie der Gedanke, was mit La'ith und Tiana geschehen war. Die Zweifel an ihrer Entscheidung, das Dorf zu verlassen, ließen sie nicht zur Ruhe kommen. War es richtig? Es fühlte sich an, als würde sie die Freunde im Stich lassen, einem unbekannten Schicksal überantworten, um sich davonzustehlen.

      Draußen war eine Hupe zu hören. Der Bus.

      Sie schluckte den letzten Bissen, trank den Tee aus, fiel der Frau um den Hals und umarmte sie fest, während sie Dankesworte stammelte und ihr erneut die Augen feucht wurden.

      Nanita Vermosa erwiderte die Umarmung und schob sie dann zur Tür. Romarus Brüder hüpften trotz des frühen Morgens auf den Verandastufen herum und der Junge selbst lehnte am Pfosten des Vordaches und wartete auf sie, als sie aus dem Häuschen trat. Der Bus war gleichzeitig der Schulbus und die reichlich achtzig Kilometer lange Fahrt bis nach Flores würde - wenn es keine Zwischenfälle oder Hindernisse gab - zwei Stunden dauern. Also gegen acht Uhr könnte sie den Videochat führen. Nachmittags um zwei in England, dreizehn Stunden Verspätung. Viel Zeit bis dahin …

      Der Diesel des klapprigen Busses brummte fast freudig auf, als der Fahrer nun den Gang einknüppelte und Gas gab. Das Gefährt bog langsam vom Dorfplatz auf die gerade Straße ein, die früher sogar die Landebahn für eine kleine Zweimotorige gewesen war, die in den Hochzeiten des Maya-Tourismus den Ort mit Waren versorgt hatte.

      Es regnete wieder und im morgendlichen Zwielicht konnte sie den Dschungel dampfen sehen. Im Osten färbte sich die Wolkendecke orange.

      Rumpelnd schaukelten sie am Toyota vorbei. Tamira sah den schweren Wagen unter der alten Armeeplane mit gemischten Gefühlen aus dem Blickfeld entschwinden.

      Nun passierte der Bus das letzte Haus und die winkende Meute kleinerer Kinder blieb zurück.

      Tamira sah aus dem Fenster. Es gab nichts zu sehen außer unterschiedlichen Grüntönen, die vorbeihuschten. Graue Wolken bedeckten den Himmel und der einzelne Scheibenwischer quietschte jämmerlich mit jedem Wischen. Der Dschungel rückte bis an den Straßenrand heran und manchmal ließ sich ein Tapir oder ein Pekari sehen. Bei Annäherung des Fahrzeuges verschwanden sie blitzartig im schützenden Grün.

      Der Straßenzustand war miserabel und die ausgefahrenen Rinnen ließen die Passagiere auf den durchgesessenen Bänken hüpfen. Kreischen und ausgelassenes Geschrei zeugte von dem Spaß, den Romaru und die anderen Schulkinder dabei hatten.

      Tamira wagte nicht den Kopf an die Scheibe zu lehnen, dafür rüttelte das Gefährt zu heftig. Wahrscheinlich musste der Bus in diesem Tempo fahren, um nicht in irgendeinem Schlammloch steckenzubleiben. Trotzdem ging es ihr nicht schnell genug.

      Sie ließ ihren Blick schweifen. Keiner der fünf anderen Erwachsenen schien sich irgendwelche Sorgen zu machen. Die Kinder jubelten fröhlich, wenn das schaukelnde Gefährt mal wieder in eine Schieflage geriet. Der Fahrer mit seinem wettergegerbten Gesicht und dem qualmenden Zigarillo zwischen den Fingern der rechten Hand sang lauthals und falsch das Lied mit, das aus dem Radio quäkte. Einmal wandte er den Kopf und schenkte ihr ein breites, zahnloses Grinsen. Sie lächelte zurück und er freute sich.

      Angestrengt kämpfte sie darum, sich zu entspannen. Die Fahrt, die vor ihr lag, war lang und es gab nichts, was sie tun konnte, bis sie in San Andrés ankamen. Einen Augenblick überlegte sie, bereits in San Jose auszusteigen, denn dort war das Polizeirevier. Aber auch wenn es gegen jede Logik schien - erst musste sie sich mit Sadik absprechen. Er würde festlegen, was zu tun war. Danach konnte sie die Vermisstenanzeige für die beiden immer noch aufgeben.

      14. Juni 2024, Freitag, 06:00 Uhr

       In Guatemala

      Nur das jahrelange und unermüdliche Training ermöglichte La'ith die nötige Beherrschung, nicht zu stöhnen, als er langsam aus dem Nebel auftauchte.

      Die Kopfschmerzen waren unerträglich. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand einen Ring um die Stirn gelegt, der viel zu eng war. Der Schmerz hämmerte im Rhythmus des Pulsschlages und ließ dabei farbige Schlieren hinter seinen geschlossenen Lidern flimmern.

      Angestrengt rekapitulierte er, an was er sich erinnerte.

      Guatemala. Sie waren in Mittelamerika, in einem kleinen Dorf. Wegen des Jungen.

      Seine Erinnerung funktionierte, stellte er fest. Und im selben Moment fiel ihm Tiana ein. Vor seinem geistigen Auge sah er ihre zierliche Gestalt im Schlamm liegen, auf diesem Holzplatz, im strömenden Regen. War sie tot?

      Der Gedanke fühlte sich an, als würde eine Faust seine Brust umschließen und erbarmungslos zusammendrücken. Rasch verdrängte er ihn. Er musste jetzt an sich denken. Angestrengt versuchte er sich zu orientieren und lauschte. Es war nicht leicht, neben dem Hämmern in seinem Schädel und dem Rauschen des Blutes in den Ohren ein Geräusch auszumachen, und eine Weile vernahm er gar nichts. Dann hörte er irgendwo Wasser tropfen, leise, aber stetig.

      Um zu erfahren, wo er sich befand, hob er die Lider einen winzigen Spalt. Aber er sah nichts. Dunkelheit umgab ihn.

      Doch, da … war etwas.

      Ein Schimmer, den er trotz geschlossener Augen wahrnahm. Kein natürliches Licht, sondern … eine Lichtsignatur. Er konnte sie nicht direkt sehen, denn dazu hätte er den Kopf heben müssen. Undenkbar …

      Er war tatsächlich nicht allein. Jemand hielt sich nahe bei ihm auf und derjenige war ein Energienutzer. Es konnten also weder Tamira noch Tiana sein.

      Ein Fremder. Vielleicht die Person, die sie - verborgen im Wald - vorher schon beobachtet hatte?

      Mühsam unterdrückte er den Drang, die Handballen auf die pulsierenden Schläfen zu pressen. Schmerzen durften ihn nicht beeinträchtigen, nicht sein Denken und erst recht nicht sein Handeln. Er war mit diesen Empfindungen groß­geworden und hatte gelernt, damit umzugehen.

      Lage analysieren, rief er sich zur Ordnung. Was war passiert? Wo befand er sich? Hatte es jemand geschafft, ihn außer Gefecht zu setzen? Wenn ja - wie?

      Es war sinnlos. Die Kopfschmerzen ließen ihn keinen klaren Gedanken fassen. Stattdessen versuchte er herauszufinden, ob er verletzt war.

      Vorsichtig probierte er sich zu bewegen, was ihn scharf die Luft einziehen ließ. Sein rechter Arm, seine Hüfte, seine Wirbelsäule und seine Rippen … Alles tat so weh, dass er weitere Versuche sofort unterließ.

      So leise das Geräusch, das er gemacht hatte, auch gewesen sein mochte, es war gehört worden. Er vernahm ein Rascheln und Schritte, die sich näherten. An seiner Seite verharrten sie, dann klickte ein Feuerzeug und gleich darauf drang der angenehme Geruch von Bienenwachs in seine Nase.

      Eine Weile herrschte Stille, dann stellte eine männliche Stimme leise fest: "Du bist wieder aufgewacht …"

      Es klang erleichtert.

      Die Unterlage, auf der er lag, gab an seiner rechten Hüfte etwas nach. Jemand setzte sich an seine Seite. Vorsichtig schob sich eine Hand unter seinen Kopf, hob ihn behutsam an und ein Gefäß wurde an seine ausgetrockneten Lippen gehalten.

      "Trink", forderte die Stimme ihn leise auf, "aber langsam."

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