GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу GUARDIANS - Der Verlust - Caledonia Fan страница 22

Автор:
Серия:
Издательство:
GUARDIANS - Der Verlust - Caledonia Fan

Скачать книгу

Die Erschütterung verursachte stechenden Schmerz in der Brust und er schnappte nach Luft.

      "Es schmeckt schlimm, ich weiß, aber es wird dir helfen."

      La'ith hatte Durst, seine Zunge klebte am Gaumen. Der Sprecher hatte zwar recht und es war ein grauenhaft schmeckendes Gebräu, doch er leerte den Becher, ohne noch einmal innezuhalten.

      Sein Kopf wurde vorsichtig wieder abgelegt, die Hand zurückgezogen. Ein leises Plätschern war zu hören, dann legte sich etwas Kühles auf seine Stirn.

      "Hast du Schmerzen?"

      Der Sprecher sprach spanisch mit ihm, doch La'ith hatte nicht vor zu verraten, dass er ihn verstehen konnte.

      Statt einer Antwort öffnete er jetzt langsam die Augen.

      Neben ihm saß ein junger Mann mit schwarzen Locken, einem Dreitagebart und den faszinierendsten Augen, die er je gesehen hatte. Er hatte eine Kerze angezündet, die auf einem kleinen Tischchen am Bettrand stand. Die sacht flackernde Flamme beleuchtete sein freundliches Gesicht und warf zuckende Schatten an die Wand hinter ihm.

      Der Fremde ließ die Musterung geduldig über sich ergehen und erwiderte La'iths Blick offen. Als keine Antwort kam, wiederholte er seine Frage. Doch die einzige Reaktion, die er erhielt, war ein verständnisloser Blick.

      Er seufzte leise, dann zog er kurz die Augenbrauen zusammen, als müsse er überlegen. "Schmerzen?", fragte er nun auf Englisch.

      Jetzt sollte er seine Antwort bekommen. La'ith nickte kaum erkennbar und schloss wieder die Augen.

      "Du … gefallen", hörte er und merkte, dass der junge Mann sich mühsam auf die Worte besinnen musste. "Gefunden … im Wald."

      Im Wald?

      La'iths letzte Erinnerung war der riesige Holzlagerplatz und Tiana, die im roten Schlamm lag …

      Er selbst hatte am Rand des Plateaus gestanden und seinen Blick über den Dschungel schweifen lassen. Am Grund des Abhanges war Wald gewesen, dichter grüner Regenwald.

      War er dort hinuntergestürzt? Das würde erklären, warum er sich kaum bewegen konnte. Dann durfte er froh sein, noch am Leben zu sein. Er war schließlich nicht unsterblich und mit dem Kopf an einen dieser Bäume zu schlagen, würde er auch mit seiner Fähigkeit, Verletzungen schneller als bei anderen heilen zu lassen, nicht überstehen.

      "Hast du mich gefunden?", fragte er leise.

      "Nicht ich."

      Eine Bewegung ließ erkennen, dass der Mann aufgestanden war. Schritte entfernten sich und La'ith hörte ein leises Knarzen wie von einer schlecht geölten Tür. Beißender Raubtiergeruch stieg ihm in die Nase.

      Erschrocken öffnete er die Augen und wollte sich aufrichten. Für die abrupte Bewegung zahlte er sofort mit neuen, stechenden Schmerzen. Sein Rücken fühlte sich an, als wäre er mitten durchgebrochen. Ächzend kniff er die Augen wieder zu und ließ sich zurücksinken.

      "Estar tranquilo, ruhig." Der Mann nahm seine linke Hand.

      La'ith spürte Haare unter den Fingern, nein, es war seidiges, weiches Fell. Erneut hob er die Lider.

      Und blickte direkt in die gelben Augen eines schwarzen Jaguars.

      Er erstarrte förmlich. Reglos musterte ihn die Raubkatze, wobei in ihrem Rachen ein dumpfes Grollen zu hören war.

      Die Schönheit des Tieres verschlug ihm den Atem. Er konnte nicht umhin, es zu bewundern. Gebannt hing sein Blick daran. Die Augen glänzten fast golden, mit grünen Sprenkeln in der Iris. Das Fell, auf dem immer noch seine Hand lag, war nachtschwarz und das Kerzenlicht ließ es da, wo die stählernen Muskeln unter der Haut spielten, golden schimmern.

      "Arrojo", meinte der junge Mann jetzt.

      Arrojo, das spanische Wort für Mut, Kühnheit, Uner­schrockenheit. Ein passender Name für diesen perfekten Jäger. Anscheinend waren die beiden sehr vertraut miteinander, denn als der andere seine Hand auf den schwarz glänzenden Kopf des Jaguars legte und ihn streichelte, kniff die Katze wohlig grollend die Augen zu.

      Der junge Mann ergriff erneut La'iths Linke und hielt sie dem Tier vor das furchterregende halbgeöffnete Gebiss. Die schwarze Nase bebte, als sie den Geruch aufnahm. Erst als der Jaguar das Maul schloss, die Augen wieder zukniff und dann, erneut zufrieden grollend, mit dem Kopf an der Bettkante entlangstrich, wurde die Hand auf das Bett zurückgelegt. Der Eindringling war akzeptiert worden.

      Atemlos hatte er diese kurze Szene verfolgt. Die große Katze wandte sich mit einer geschmeidigen Bewegung ab und verschwand aus seinem Blickfeld. Den Kopf zu heben, um ihr nachzusehen, schaffte er nicht.

      Eine Weile schwiegen die beiden Männer. In La'iths Kopf schwirrten viele Fragen, zum Beispiel hatte er vorhin entdeckt, dass er seinen MFA nicht trug. Doch da der junge Mann nur wenig Englisch zu sprechen schien und außerdem die Kopfschmerzen nicht nachließen, verschob er sie auf einen späteren Zeitpunkt. Nur eine Sache wollte er noch wissen.

      "Wie ist dein Name?"

      Der Mann, der dem Tier nachgeschaut hatte, wandte ihm jetzt wieder das Gesicht zu. Und erneut fielen La'ith die Augen auf. Die Iris war sattgrün und von einem dunklen Ring umgeben. Das Grün bildete einen interessanten Kontrast zu dem Schwarz der Haare. Eine ungewöhnlich helle Farbe für einen Menschen in diesen Breitengraden.

      "Ich … Nelio." Sein Gastgeber tippte sich auf die Brust.

      "Nelio", wiederholte La'ith leise und schloss wieder die Augen. "Danke."

      Er war auf einmal müde, sehr müde, und das schmerzhafte Pulsieren wurde langsam weniger, bis nichts blieb außer einem Druck auf den Schläfen. Das Getränk zeigte Wirkung. "Danke", murmelte er noch einmal und Sekunden später war er eingeschlafen.

      Sein Gastgeber und Retter betrachtete ihn eine Weile. Der tiefe Kratzer auf der Wange des Verunglückten war schon verschorft und die violett verfärbte Schwellung, die sich von der Stirn über die Schläfe bis zum Jochbein zog, deutlich heller geworden. Vorsichtig zog er die Decke herunter bis zu La'iths Hüfte und hob überrascht die Augenbrauen. Auch die rechte Brustkorbseite seines Patienten, die am Abend noch schwarzblau verfärbt war, zeigte bereits eine violette Färbung, genau wie die an der Schulter. Die schlimmen Prellungen heilten unglaublich schnell. Argwöhnisch betrachtete er das Gesicht, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Ein Mensch wie jeder andere …

      "Alles wird gut", murmelte er auf Spanisch und zog die Decke hoch, "du wirst bald wieder gesund sein, mein Freund."

      Er erneuerte den kalten Umschlag auf La'iths Stirn. Dann erhob er sich, nahm den Kerzenleuchter auf und verließ leise das Zimmer.

      14. Juni 2024, Freitag, 07:00 Uhr

       Unterwegs nach San Andrés, Guatemala

      Das Hinweisschild auf die Autowerkstatt mit der letzten Möglichkeit, Diesel zu tanken, verschwand, als der Bus den kleinen Ort verließ. Wieder wurde er von einer Gruppe winkender Kinder begleitet.

      Tamira dachte mit Sehnsucht an eine erfrischende Dusche und ein gekühltes Getränk, empfand aber sofort Gewissensbisse, weil es ihr gut ging. Wo hingegen mochten Tiana und La'ith stecken?

      Ungeduldig

Скачать книгу