Tarzan – Band 4 – Tarzans Sohn. Edgar Rice Burroughs
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Was für ein Affe? Ajax etwa? forschte der Herr weiter. Jack nickte.
Gut, ich habe nichts daran auszusetzen, mein Sohn; habe nicht übel Lust, mir die Sache selbst anzusehen. Man sagt allgemein, der Affe sei ein Prachtexemplar und für einen Menschenaffen außergewöhnlich groß. Wir wollen alle zusammen gehen. Meinst du nicht auch, Jane?
Er richtete diese Frage an seine Frau, die aber den Kopf schüttelte. Sie lehnte also glatt ab. Darauf fragte er Mr. Moore, ob er und Jack jetzt nicht bei den Vormittagsstudien zu sein hätten. Die beiden gingen. Die Lady wandte sich sofort an ihren Gatten.
John, begann sie, es muss etwas getan werden, um Jacks Neigung für alles, was mit der Wildnis zusammenhängt, einzudämmen. Ich fürchte übrigens, er hat das von dir geerbt. Du weißt ja aus eigener Erfahrung, wie stark sich bisweilen die Sehnsucht nach der Urgewalt des Dschungellebens bei dir geltend macht. Du weißt, wie es dich oft einen harten Kampf kostet, dem fast wahnsinnig heftigen Verlangen zu widerstehen, wenn es dich peinigt, und du dich wieder in das Land der Gefahren stürzen möchtest, das dich so viele, viele Jahre an sich kettete. Und du weißt auch – besser als irgendjemand anderes – wie furchtbar es für Jack wäre, sollte ihn eines Tages der Dschungel ernstlich locken, oder ihm der Weg dahin gar irgendwie geebnet werden.
Ich bezweifle, ob überhaupt zu befürchten ist, dass der Junge eine besondere Sehnsucht nach dem Dschungelleben von mir geerbt haben könnte, erwiderte Lord Greystoke. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass derlei Besonderheiten vom Vater auf den Sohn übergehen. Bisweilen will es mir aber scheinen, liebe Jane, dass du in deiner Sorge um Jacks Zukunft etwas zu weit gehst, wenn du ihn von dem und jenem fern hältst. Seine Liebe zu Tieren – zum Beispiel der jetzige Wunsch, diesen dressierten Affen zu sehen – ist bei einem gesunden, normalen Jungen seines Alters etwas ganz Natürliches. Wenn er Ajax sehen will, so sagt das doch noch lange nicht, dass er einen Affen heiraten will, und, selbst wenn er das wollte, liebe Jane, würdest du nicht das recht haben, ihm zu sagen: Schäme dich doch!
John Clayton, der Lord Greystoke, schlang einen Arm um seine Gattin. Sie blickte zu ihm auf; ein gütiges Lächeln breitete sich über sein Gesicht, er neigte sein Haupt zu ihr nieder und küsste sie.
Dann fuhr er mit ernsterer Betonung fort: Du hast Jack nie etwas von meinem früheren Leben erzählt und hast es auch mir nicht gestattet. Ich glaube, du hast damit einen Fehler gemacht. Hätte ich ihm von den Erfahrungen des Affen-Tarzan berichten können, ich würde ihm zweifellos viel von der zauberhaften Romantik genommen haben, in der das Dschungelleben sich in den Köpfen derer malt, die nicht selber alles durchgemacht haben. Meine Erfahrung würde ihm zugute gekommen sein, aber so? Wenn ihn jetzt eines schönen Tages der Dschungel geradezu unwiderstehlich locken sollte, wird er sich nur von seinen Impulsen leiten lassen, und ich weiß, wie mächtig die uns zuzeiten gerade in die falsche Bahn abdrängen können. Allein Lady Greystoke schüttelte nur wieder den Kopf, wie sie es hundert und mehr Male getan, so oft man auf die Vergangenheit zu sprechen gekommen war.
Nein, John! Sie blieb bei ihrer Ansicht. Ich werde niemals meine Zustimmung dazu geben, dass Jack genaueren Einblick in das Leben der Wildnis erhält, vor dem wir ihn beide bewahren wollen. Ich möchte nicht, dass ihm dies gewissermaßen eingeimpft wird. –
Am Abend tauchte das Thema von Neuem auf, und zwar wurde es von Jack selbst angeschnitten. Er hatte sich bequem in einem großen Lehnstuhl eingehuschelt und las. Plötzlich blickte er auf und wandte sich an seinen Vater.
Weshalb, fragte er und ging damit gerade auf das Ziel los, darf ich mir Ajax nicht ansehen?
Deine Mutter billigt das nicht, erwiderte der Vater. Und du?
Darum handelt es sich jetzt nicht, wich Lord Greystoke geschickt aus. Es genügt, dass deine Mutter dagegen ist. Ich werde doch hingehen, kündigte Jack an, nachdem er ein paar Sekunden schweigend und in Gedanken versunken gewartet hatte. Ich bin nichts anderes als Willy Grimsby oder irgendeiner meiner Kameraden, die Ajax gesehen haben. Das hat ihnen nichts geschadet – und mir wird es auch nichts schaden. Ich hätte ja auch gehen können, ohne dir etwas davon zu sagen, doch das wollte ich nicht. Ich sage es dir also jetzt vorher, dass ich mir den Ajax ansehen werde.
Im Ton und in der ganzen Art, wie Jack seinen Entschluss vorbrachte, lag nichts Unehrerbietiges oder Herausforderndes. Leidenschaftslos klang alles, wie eine rein sachliche Feststellung. Sein Vater vermochte kaum ein leichtes Lächeln und eine gewisse Hochachtung vor der mannhaften Art seines Sohnes zu unterdrücken.
Ich freue mich über deine Aufrichtigkeit, sagte er. Ich werde nun ebenso offen sein. Wenn du ohne unsere Zustimmung fortgehst und dir den Ajax ansiehst, werde ich dich bestrafen. Ich habe dich nie schlagen müssen, aber ich warne dich. Wenn du dich den Wünschen deiner Mutter nicht fügst, werde ich es tun.
Gut, Vater! Ich werde es dir sagen, wenn ich Ajax gesehen habe. –
Mr. Moores Zimmer lag neben dem seines jungen Zöglings, und der Lehrer war gewöhnt, allabendlich noch einmal einen Blick in das Zimmer des Jungen zu werfen, ehe er sich zurückzog. Heute Abend nahm er es mit dieser seiner Aufgabe besonders genau. Er war gerade von einer Besprechung mit den Eltern Jacks zurück, in der man ihm die größte Achtsamkeit dringend ans Herz gelegt hatte; er sollte auf alle Fälle verhindern, dass Jack die Musikhalle besuchte, in der man Ajax vorführte. Als er so gegen halb neun Uhr abends die Tür zu Jacks Zimmer öffnete, war er zwar nicht gerade völlig überrascht, aber doch sofort aufs höchste aufgebracht. Er fand den künftigen Lord Greystoke fix und fertig zum Ausgehen angekleidet und musste sehen, wie er gerade dabei war, zum offenen Schlafzimmerfenster hinauszuklettern.
Mr. Moore sprang rasch hinzu, doch hätte er sich diese unnütze Kraftvergeudung schenken können. Als Jack hörte, dass der Lehrer ins Zimmer trat und ihn ertappt hatte, kehrte er um. Es schien, als ob er das geplante Abenteuer aufgeben wollte. Wohin wolltest du eben? forschte Mr. Moore, außer sich vor Aufregung.
Ich will mir den Ajax ansehen, erwiderte der Knabe ruhig, als ob nichts vorgefallen wäre.
Ich finde keine Worte, schrie Mr. Moore. Doch im nächsten Augenblick sollte er sich noch ganz anders wundern: Der Junge trat dicht an ihn heran, packte ihn an den Hüften, hob ihn hoch und schleuderte ihn mit dem Gesicht nach unten auf das Bett