So geht's mir gut nach der Geburt. Maria Borelius

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So geht's mir gut nach der Geburt - Maria Borelius

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Rausch erklären, den viele Frauen in den Tagen nach der Geburt erleben.

      Dann kommt der Gegenschlag.

      Wie das Klimakterium

      Viele Frauen fallen einige Tage nach der Geburt in eine richtige Depression. Man geht davon aus, daß die Hälfte aller Frauen ungefähr zwei bis drei Tage nach der Geburt einen starken Gefühlsumschwung erleben. Die Symptome sind Weinerlichkeit, ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit und Pessimismus angesichts der Zukunft.

      Das kann wie ein Schock kommen. Die erwartete Freude über das Kind weicht einer Niedergeschlagenheit und Depression. Dieses Phänomen ist so weit verbreitet, daß die Wissenschaftler einen Namen dafür haben, »Maternity Blues« oder »Postnatale Depression« oder auch »Wochenbettdepression«.

      »Ich wurde so verdammt deprimiert. Am dritten Tag, genau als die Milch einschoß, kam es über mich. Ich habe ja lange gewartet, ein Kind zu bekommen, und ich dachte, es würde so ganz anders werden. Meine Depression dauerte sechs Monate.«

      Kicki, 37, ein Kind

      Ungefähr 10 bis 15 Prozent aller Mütter erleben länger andauernde Depressionen und ein bis zwei Frauen von tausend geraten in regelrechte Psychosen durch die Umstellung. Niemand kann mit Sicherheit sagen, was an diesen Hormonschwankungen die Biologie und was die psychologische Umstellung verursacht hat.

      Ist es die Umwelt...

      Für Umweltfaktoren spricht folgendes:

      Zum einen können nicht nur Frauen, die gerade entbunden haben, depressiv davon werden, plötzlich von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, zusammen mit einem kleinen Menschen, der ständige Aufmerksamkeit erfordert. Eine solche Situation streßt die meisten Menschen. Und auch bei Adoptivmüttern kommt es vor, daß sie sich niedergeschlagen fühlen, wenn sie gerade Mutter geworden sind. Sie erleben den gesamten psychologischen Druck frischgebackener Mütter, ohne von den Hormonschwankungen betroffen zu sein.

      Der Grad der Niedergeschlagenheit scheint auch bei jedem weiteren Baby abzunehmen. Die soziale Umstellung ist geringer, wenn man bereits Kinder hat, obwohl die hormonelle Umstellung bei jeder Geburt die gleiche ist.

      Die Niedergeschlagenheit kommt also von der Veränderung, die es mit sich bringt, Mutter zu werden, und weniger von den Hormonen.

      ...oder die Biologie

      Andere Faktoren sprechen eher für eine biologische Erklärung. Zum Beispiel, daß die Depression ziemlich genau zwei bis vier Tage nach der Geburt einsetzt. Es scheint eine Art biologische Uhr zu geben, die das Ganze steuert. Es sind sehr viele Frauen davon betroffen, auch solche, die sonst keine Probleme mit Gefühlsschwankungen haben. Aber der wichtigste Grund, die Biologie zu verdächtigen, ist der, daß die Hormonumstellungen enorm sind. Und daß ähnliche Hormonumstellungen in anderen Lebenssituationen zu genau der gleichen Niedergeschlagenheit führen.

      Ein Kind zu gebären und mit dem Stillen anzufangen, ist, wie für eine Weile ins Klimakterium zu kommen. Das klingt merkwürdig, weil die Frau doch gerade ein Kind geboren hat und eine Frau im Klimakterium nicht mehr Mutter werden kann. Aber hormonell passiert ungefähr das gleiche. Während der Schwangerschaft ist der Gehalt an den weiblichen Hormonen Östrogen und Progesteron extrem hoch. Nach der Geburt sinkt er in den Keller. Das gleiche passiert mit einer Frau im Klimakterium. Bei einer Frau, die geboren hat, wird der Östrogenspiegel durch das Stillhormon Prolaktin niedrig gehalten. Bei einer Frau im Klimakterium stellen die Eierstöcke selbst die Östrogenproduktion ein.

      Hormonumstellungen sind immer lästig. Die sehr große Umstellung nach einer Geburt ganz besonders. Ein sinkender Östrogenspiegel löst eben genau solche Symptome aus wie Depression, aber auch Schweißausbrüche und Trockenheit in der Scheide. Also genau die gleichen Symptome, die eine Frau im Klimakterium erleben kann. Aber während sich bei ihr die Beschwerden über einen längeren Zeitraum hinziehen, geschieht die Umstellung bei einer Frau nach der Geburt blitzschnell. Die Folge kann eine starke Depression sein.

      ...oder sowohl als auch?

      Zusammenfassend kann man sagen, daß eine Depression vermutlich biochemisch durch die große Hormonumstellung nach der Geburt ausgelöst wird. Unterstützt wird sie dann noch durch all das, was einer jungen Mutter widerfährt, das sind die Umweltfaktoren. Das kann die gestiegene Arbeitsbelastung und das Gefühl großer Verantwortung sein, aber auch Schlafmangel und Müdigkeit nach der Geburt. Oder die Freiheit scheint völlig verschwunden zu sein, und das Zuhausebleiben mit dem Kind hat auch dazu geführt, daß der gesamte Haushalt mit Wäsche, Kochen und Putzen plötzlich wieder in die Verantwortung der Frau fällt.

      »Ich und mein Mann, wir haben die gleiche Ausbildung und gleich gute Jobs. Eigentlich. Aber kaum hatte ich ein Kind bekommen und war zu Hause, war ich automatisch für alles andere in den häuslichen vier Wänden verantwortlich. Da ich ja sowieso zu Hause bin, gewissermaßen.«

      Anette, 35, zwei Kinder

      Manche Mütter sind da sicher empfindlicher als andere. Einerseits, weil es sie härter trifft, weil sie Männer haben, die sie nicht unterstützen, oder weil sie keinen Beistand von Verwandten und Freunden erwarten können. Oder das Leben überhaupt ist schwierig, die ökonomischen Verhältnisse sind schlecht, und Probleme gehören zum Alltag. Auch eine tragische Kindheit mit großen Schmerzen und erstarrten Bedürfnissen kann den Hintergrund bilden.

      Und andererseits können manche Mütter auch biologisch verletzlicher sein. Sie sind genetisch empfindlicher, haben größere Schwierigkeiten, Aggressivität zu zeigen und Grenzen zu setzen. Auch eine extrem schwere Geburt kann für lange Zeit Spuren hinterlassen. Die Stillhormone beeinflussen verschiedene Frauen unterschiedlich stark.

      Vielerlei Dinge spielen hinein. Die Persönlichkeit des Kindes hat auch einen Einfluß auf die Familie. Der rundliche fröhliche Cherubim treibt natürlich die Dinge nicht so auf die Spitze wie eine kleine unruhige Seele mit Koliken und durchwachten Nächten.

      Alles kommt zusammen. Erbe oder Umwelt? Vermutlich sowohl als auch. Das wichtigste ist, keine Schuld zu empfinden. Sie sind keine schlechte Mutter, wenn Sie niedergeschlagen oder deprimiert sind. Das ist ausgesprochen normal, verständlich und überhaupt nicht schlimm.

      Die Depression könnte sogar gewisse biologische Vorteile haben. Während einer Periode der Niedergeschlagenheit schaltet der ganze menschliche Körper auf Sparflamme. Man bewegt sich langsamer, spricht langsamer und spart dadurch Energie. Davon könnten die Menschen Nutzen gehabt haben zu Zeiten, wo das Essen knapp war und ein Kind gestillt werden sollte!

      (Am Biomedizinischen Zentrum in Uppsala hat der Wissenschaftler Lars Terenius mit seinem Team in den 80er Jahren nachgewiesen, daß bestimmte Typen von Geburtspsychosen eine klare biologische Ursache haben. Es handelt sich um Mütter, deren Körper die Milch falsch abbaut. Sie bilden opiumähnliche Stoffe aus den Proteinen der Milch, und diese wiederum führen zu psychotischen Halluzinationen und Abgestumpftheit gegenüber der Umwelt. Diesen »still-psychotischen« Müttern hat Terenius in einigen Fällen geholfen, indem er ihnen geraten hat, abzustillen. Mit dem Verschwinden der Milch verschwanden auch die Symptome. Abzustillen reicht jedoch nicht als Hilfe für alle psychotischen jungen Mütter. Manche brauchen für längere Zeit nach der Geburt Therapie und Medikamente, um wieder gesund zu werden.)

      Wenn Sie den Eindruck haben, daß die Niedergeschlagenheit sehr lange andauert, daß sie nur schwer erträglich ist, dann scheuen Sie sich nicht, die Ärztin oder die Hebamme nach Rat zu fragen.

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