Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 2. Augustinus von Hippo

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 2 - Augustinus von Hippo страница 25

Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 2 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

Скачать книгу

dieser Geschichte mit der Erwähnung der aus Adam über dessen Sohn Seth hervorgegangenen Zeugungsreihen zu Noe und damit zur Sündflut zu gelangen beabsichtigte, von wo aus wiederum die Stammtafel aufgestellt und verfolgt werden sollte bis herab auf Abraham, mit dem der Evangelist Matthäus seine Geschlechtsfolgen beginnen läßt, um schließlich zu Christus zu gelangen, dem ewigen König des Gottesstaates, was beabsichtigte dann der Verfasser mit den Zeugungsreihen aus Kain, und welches war der Zeitpunkt, bis zu dem er sie herabführen wollte?“ Darauf ist zu erwidern: Bis zur Sündflut, durch die das ganze Geschlecht des Weltstaates vernichtet ward; es lebte jedoch wieder neu auf unter der Nachkommenschaft Noes. Denn stets wird es diesen Weltstaat und die Genossenschaft von Menschen geben, die nach dem Menschen leben, und sie wird nicht aufhören bis zum Ende dieser Welt, das der Herr im Auge gehabt hat, als er sagte[259] : „Die Kinder dieser Welt zeugen und werden geboren“. Den Gottesstaat dagegen, der auf dieser Welt in der Fremde ist, führt eine Wiedergeburt in eine andere Welt, deren Kinder weder zeugen noch geboren werden. Hienieden also ist zeugen und geboren werden beiden Staaten gemeinsam, obschon der Gottesstaat auch hienieden viele tausend Bürger zählt, die sich des Zeugungswerkes enthalten; aber auch der Weltstaat zählt infolge einer Art Nachahmung solche Bürger, die freilich Irrwege wandeln. Denn zum Weltstaat gehören auch jene, die vom Glauben des Gottesstaates abwichen und verschiedenerlei Häresien gründeten; sie leben nämlich nach dem Menschen, nicht nach Gott. Auch die indischen Gymnosophisten[260] , die nackt in den Wildnissen Indiens philosophieren, wie man sich erzählt, sind Weltstaatbürger, und sie enthalten sich des Zeugens. Denn nur dann ist dies sittlich gut, wenn es geschieht im Glauben an das höchste Gut, das Gott ist. Indes hat vor der Sündflut niemand nachweislich solche Enthaltung geübt; vielmehr zeugte selbst Enoch, der siebente Abkömmling von Adam her, der Hinweggenommene, dem der Tod erspart blieb, Söhne und Töchter, ehe er hinweggenommen ward; darunter Mathusalam, über den die Reihenfolge der denkwürdigen Zeugungen läuft.

      Warum also wird eine so geringe Zahl von Geschlechtsfolgen angegeben in der von Kain ausgehenden Stammtafel, wenn diese doch bis zur Sündflut herabgeführt werden sollte und die der Geschlechtsreife vorangehende Lebenszeit nicht von langer Dauer war, so daß man etwa hundert Jahre und darüber nicht zu Nachkommenschaft gelangen konnte? Denn wenn der Verfasser dieses Buches nicht eine bestimmte Person im Auge hatte, auf die die Folge der Zeugungen auszumünden hatte, wie er in der von Seth ausgehenden Stammtafel auf Noe lossteuerte, von dem aus dann wieder eine gebundene Stammreihe folgen sollte, so fiel jeder Grund dahin, die erstgeborenen Söhne zu übergehen, um auf Lamech zu gelangen, mit dessen Söhnen dieser Stammbaum endigt, und zwar in der achten Geschlechtsfolge von Adam her und in der siebenten von Kain her; die ganze Nachkommenschaft Kains wurde ja durch die Sündflut vernichtet; es gab also weiter keine Möglichkeit, an dieses Stammbaumende wieder anzuknüpfen, um so auf das Volk Israel zu gelangen, in welchem selbst das irdische Jerusalem ein prophetisches Bild für den himmlischen Staat abgab, oder auf Christus, „dem Fleische nach, welcher ist Gott über alles, hochgelobt in Ewigkeit“[261] , Schöpfer und Regent des himmlischen Jerusalems. Man sollte darum meinen, daß in diesem Stammbaum jeweils die Erstgeborenen aufgezählt wären. Warum also sind ihrer so wenige? Es können doch bis zur Sündflut nicht bloß diese sieben oder acht gewesen sein, da die Urväter nicht bis zu hundertjähriger Dauer der Geschlechtsreife vom Zeugungswerke feierten und auch für damals nicht eine nach dem Verhältnis der Langlebigkeit erst spät eintretende Geschlechtsreife anzunehmen ist. Sie mögen also im Durchschnitt dreißig Jahre alt gewesen sein, als sie Kinder zu zeugen begannen, so ergeben sich 8 x 30 Jahre [da es, Adam miteingerechnet, bis herab zu den Kindern Lamechs acht Geschlechtsfolgen sind] = 240 Jahre; haben sie dann in der ganzen übrigen Zeit nach Ablauf dieser 240 Jahre bis zur Sündflut nicht mehr gezeugt? Und wenn, aus welchem Grund hat der Verfasser der Kainitenliste die späteren Zeugungsreihen nicht aufführen wollen? Von Adam bis zur Sündflut berechnen sich nach unserm Text 2262 Jahre, nach dem hebräischen 1656 Jahre. Halten wir nun die niedrigere Zahl für die richtigere, so sind von 1656 Jahren 240 abzuziehen; wie wäre es glaublich, daß Kains Nachkommenschaft die 1400 Jahre und etliche hindurch, die als Rest bleiben bis zum Zeitpunkt der Sündflut, von Zeugungen habe abstehen können?

      Indes erinnere sich, wer das befremdlich findet, an die doppelte Lösung, die ich vorgeschlagen habe[262] auf die Frage, wie es doch möglich sei, anzunehmen, daß jene Urzeitmenschen so viele Jahre hindurch von Erzeugung von Nachkommenschaft hätten Umgang nehmen können: entweder durch die Annahme spät eintretender Geschlechtsreife nach Maßgabe der damaligen Langlebigkeit, oder durch die Annahme, die in den Geschlechtsfolgen erwähnten Söhne seien nicht eben gerade die Erstgeborenen, sondern die, über welche allein der Verfasser zu dem gelangen konnte, auf den er lossteuerte, wie zu Noe in der Sethitenliste. Demnach wird bei der Kainitenliste, falls sich keiner darbietet, auf den der Verfasser abzielte, zu dem er unter Übergehung der Erstgeborenen nur über die aufgeführten Zwischenglieder gelangen konnte, eben nur die Annahme spät eintretender Geschlechtsreife übrig bleiben, so daß man also bei den Kainiten erst im Alter von etwas über hundert Jahren mannbar und zeugungsfähig geworden wäre, wobei dann die Reihe der Geschlechter über die Erstgeborenen liefe und bis zur Sündflut zu einer entsprechend großen Zahl von Jahren gelangte. Immerhin ist aber auch möglich, daß dieser Staat, den wir als Weltstaat bezeichnen, aus einem tiefer liegenden und mir unbekannten Grund in einer nur bis zu Lamech und dessen Kindern fortlaufenden Zeugungsfolge vorgeführt werden sollte und der Verfasser des Buches davon Abstand genommen hätte, die übrigen Zeugungen zu erwähnen, die bis zur Sündflut noch eingetreten sein konnten. Möglicherweise ist auch die Stammtafel nicht über die Erstgeborenen geführt worden — so daß die Annahme so spät eintretender Geschlechtsreife sich wieder erübrigte —, sondern ist anzunehmen, daß die Stadt, die Kain auf den Namen seines Sohnes Enoch gründete, weithin geherrscht und Könige gehabt, nicht mehrere zumal, sondern nur je einen, solang dieser am Leben war, und daß sich die jeweils regierenden Könige ihre Nachfolger gezeugt hätten. Der erste dieser Könige mochte Kain selbst gewesen sein, der zweite sein Sohn Enoch, auf dessen Namen die Stadt gegründet wurde, in der er herrschen sollte; der dritte Gaidad, den Enoch gezeugt hat; der vierte Mevia, den Gaidad gezeugt hat; der fünfte Mathusael, den Mevia gezeugt hat; der sechste Lamech, den Mathusael gezeugt hat als den siebenten von Adam ab über Kain. Dabei brauchten nicht gerade die Erstgeborenen der Könige ihren Vätern in der Regierung nachzufolgen, sondern es konnte ein anderes Erbrecht gelten, wonach etwa der zur Nachfolge gelangte, den Herrschertüchtigkeit auf Grund einer für einen Erdenstaat nützlichen Fähigkeit oder irgendein Zufall ausfindig machen ließ, oder namentlich der jeweilige Liebling des Vaters. Vielleicht noch bei Lebzeiten Lamechs und während seiner Regierung ist dann die Sündflut eingetreten und hat demnach ihn zu verderben vorgefunden samt allen anderen Menschen, die nicht in der Arche waren. Es ist ja weiter nicht auffallend, wenn infolge verschiedener Größe der auf die einzelnen Geschlechtsfolgen treffenden Jahresmengen die beiden Stammeszweige nicht die gleiche Zahl von Geschlechtsfolgen aufzuweisen haben in der langen Zeit von Adam bis zur Sündflut, sondern der Zweig über Kain sieben, der über Seth zehn Geschlechtsfolgen; Lamech ist, wie gesagt, der siebente von Adam ab, Noe der zehnte; und so mag der Grund, weshalb bei Lamech nicht bloß ein Sohn wie bei den übrigen genannt ist, sondern deren mehrere, darin zu suchen sein, daß es ungewiß war, welcher ihm nach dem Tode in der Regierung gefolgt wäre, wenn noch eine Regierungszeit übrig geblieben wäre zwischen Lamech und der Sündflut.

      Doch wie immer es sich verhalten mag mit dem Ablauf der Stammreihe aus Kain, ob er den Erstgeborenen folgt oder den Königen, keinesfalls glaube ich mit Stillschweigen übergehen zu dürfen, daß Lamech zwar als der siebente von Adam aus erscheint, daß aber von ihm soviel Kinder miterwähnt sind, bis die Elfzahl voll wird, durch die die Sünde bezeichnet wird. Es sind nämlich drei Söhne und eine Tochter hinzugefügt. Seine Frauen mögen etwas anderes zu bedeuten haben, nicht etwas, was an dieser Stelle hervorzuheben wäre. Denn hier ist die Rede von den Zeugungen; von seinen Frauen ist indes die Abstammung nicht angegeben. Also weil das Gesetz in der Zehnzahl verkündet wird — woher jener denkwürdige Dekalog —, so bezeichnet in der Tat die Elfzahl, weil sie die Zehnzahl überschreitet, die Übertretung des Gesetzes und demnach die Sünde. Deshalb wurde für das Zelt des Zeugnisses, das dem Volke Gottes auf der Wanderung als eine Art beweglichen Tempels diente, die Anschaffung von elf härenen Decken vorgeschrieben[263] . Die härene Decke erinnert

Скачать книгу