Bekenntnisse. Augustinus von Hippo

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Bekenntnisse - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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das feste innere Gefüge einer Stadt oder eines Reiches, das auf Herkommen oder Gesetz beruht, durch irgendeines Bürgers oder Fremden Willkür zerrissen werde. Denn schändlich ist jeder Teil, der sich in Widerspruch zu seinem Ganzen setzt. Wenn aber Gott etwas gegen Sitte oder Herkommen irgendeines Volkes befiehlt, so muß es geschehen, auch wenn es dort noch nie geschehen wäre, es muß erneuert werden, wenn es bisher unterlassen war, und eingeführt, wenn es bisher noch nicht eingeführt war. Denn wenn es einem Könige erlaubt ist, in dem Staate, über den er herrscht, etwas zu befehlen, was vor ihm niemand und er selbst vorher noch niemals befohlen hatte, und wenn der Gehorsam gegen seine Befehle eine Forderung des Staatsrechtes ist, Ungehorsam aber eine Rechtsverletzung bedeutet - erste Forderung jeglichen menschlichen Gemeinschaftslebens ist der Gehorsam gegen das Oberhaupt der Gemeinschaft -, um wieviel mehr muß man sich Gott, dem Beherrscher der ganzen Schöpfung, ohne Bedenken allen seinen Befehlen gegenüber unterwerfen! Wie nämlich in der menschlichen Gesellschaft die höhere Macht der niederen übergeordnet ist und ihr Befehle erteilt, so Gott uns allen.

      Dasselbe gilt von den Verbrechen, bei denen die Begierde zu schaden waltet, sei es durch Beschimpfung, sei es durch Tätlichkeit, und zwar entweder aus Rachsucht bei persönlicher Feindschaft, oder um einen äußeren Vorteil zu erreichen, wie bei Räuber und Wandersmann, oder um einem Übel zu entgehen, wie wenn man dem einen Schaden zufügt, den man fürchtet oder aus Neid, wenn der Ärmere den Reicheren beneidet oder der irgendwie Erfolgreiche fürchtet, ein anderer könne ihm gleichkommen, oder es zu seinem Schmerze erfahren muß, daß er ihm schon gleichkommt, oder durch bloße Lust an fremdem Leid wie die Zuschauer bei den Gladiatorenkämpfen oder die, die andere verhöhnen und verlachen. Das sind die Hauptsünden, die hervorgehen aus der Hoffart des Lebens, der Augenlust und der Fleischeslust, aus der einen oder aus zweien oder aus allen dreien zugleich; so wird gesündigt gegen die heilige Drei und die heilige Sieben, gegen den zehnsaitigen Psalter deiner zehn Gebote, o höchster und süßester Gott. Doch wie? Kann man dich beleidigen, den kein Leid trifft, Verbrechen gegen dich begehen, der über jede Schädigung erhaben ist? Aber du bestrafst, was die Menschen wider sich verbrechen, weil sie mit der Sünde gegen dich zugleich auch einen Frevel gegen ihre eigenen Seelen begehen, und ihre Bosheit bekriegt sich selbst, indem sie ihre Natur, welche du gebildet und geordnet, verderben und verkehren oder von unerlaubten Dingen einen zügellosen Gebrauch machen oder von Begier nach Unerlaubtem entbrennen, „nach einem Genuß, der wider die Natur ist“64; oder sie sündigen, indem sie in Gedanken und Worten gegen dich wüten und „wider den Stachel ausschlagen“65; oder sie durchbrechen die Schranken menschlicher Gesellschaftsordnung und haben dann in frechem Trotze ihre Freude an Parteitreiben oder Klassenhaß, wie es ihnen gerade gefällt oder mißfällt. Und dies alles geschieht, wenn man dich verläßt, o Quelle alles Lebens, der du der einzige und wahre Schöpfer und Lenker des Weltalls bist, und dafür in selbstsüchtigem Hochmute seine Liebe auf Teile richtet, was doch grundfalsch ist. Daher kehrt man auch nur in demütiger Frömmigkeit zu dir zurück, und dann reinigst du uns von böser Gewohnheit, schenkst deine Gnade denen, die ihre Sünde reuig bekennen, erhörst die Seufzer der Gefesselten und lösest die Ketten, die wir uns selbst geschmiedet haben, wenn wir nicht mehr die Hörner falscher Freiheit gegen dich erheben aus Gier, mehr zu besitzen, wobei wir aber Gefahr laufen, alles zu verlieren, da wir unser eigen Ich mehr lieben als dich, du Gut aller.

      9. Es ist ein Unterschied zwischen Sünde und Sünde, zwischen Gottes Gericht und der Menschen Urteil.

      Aber neben Schandtaten und Freveln und so vieler anderen Ungerechtigkeit gibt es auch noch die Fehltritte solcher, die in der Heiligung fortschreiten; diese werden von weisen Richtern nach dem Maßstabe der Vollkommenheit zwar getadelt, aber auch mit Rücksicht auf die zu erhoffende gute Ernte wie junge Saat gelobt. Auch sieht manches einer Sünde oder einem Verbrechen ähnlich, ist aber trotzdem keine Sünde, weil es weder gegen dich, den Herrn unsern Gott, noch gegen die Gesellschaftsordnung verstößt, so wenn man sich bei guter Zeit verschafft, was zum Gebrauch des Lebens dient, und die Annahme möglich ist, es geschehe aus Habsucht; oder wenn die verordnete Obrigkeit jemanden in der Absicht, ihn zu bessern, bestraft und dabei die Annahme absichtlicher Schädigung nicht ausgeschlossen ist. Viele Taten also, welche den Menschen tadelnswert erscheinen, werden durch deine Zustimmung gut geheißen, dafür andere, die das Lob der Menschen genießen, durch dein Zeugnis verdammt, da es mit dem äußeren Schein der Handlung oft eine andere Bewandtnis hat als mit der Gesinnung des Handelnden und den uns verborgenen besonderen Zeitumständen. Wenn du also etwas Ungewohntes und Unvorhergesehenes befiehlst, so muß es zweifellos befolgt werden, auch wenn du es früher einmal verboten hast, magst du auch den Grund deines Befehles vorläufig verborgen halten und er dem gesellschaftlichen Brauche einiger Menschen entgegenlaufenden; gerecht ist nur die Gesellschaft, welche dir dient, Selig aber die, die wissen, dass du Gebote gegeben! Denn alles, was deine Diener tun, geschieht entweder zum Heile der Gegenwart oder zur Vorbereitung der Zukunft.

      10. Törichte Ansichten der Manichäer über die Früchte.

      In meiner Unkenntnis der Dinge verlachte ich deine heiligen Diener und Propheten. Indem ich sie aber verhöhnte, siehe, da geschah es, daß ich allmählich ein Spott vor dir wurde und mich nach und nach zu solchen Albernheiten verleiten ließ, daß ich glaubte, die Feige weine Milchtränen, da man sie pflücke, und ebenso ihre Mutter, der Feigenbaum. Wenn jedoch ein Heiliger eine solche nicht durch seine, sondern durch fremde Schuld gepflückte Feige verzehre, dann vermische sie sich mit seinem Innersten, und er hauche von ihr im Gebete unter Seufzen und Schluchzen Engel, ja sogar Teilchen der Gottheit aus. Und jene Teilchen des allerhöchsten und wahren Gottes wären in jener Frucht gebunden geblieben - so hieß es -, hätten nicht eines auserwählten Heiligen Zähne und Magen sie erlöst. Und ich Elender glaubte, man müsse den Früchten der Erde mehr Barmherzigkeit angedeihen lassen als den Menschen, für die sie wuchsen. Verlangte aber ein Nichtmanichäer hungernd nach Speise, so hätte es als ein todeswürdiges Verbrechen gegolten, ihm auch nur einen Bissen davon zu reichen.

      11. Trauer seiner Mutter über ihren Sohn und Ihr Traum.

      Und aus der Höhe strecktest du deine Hand herab und „rissest meine Seele“66 aus dieser tiefen Finsternis da für mich meine Mutter, deine Getreue, zu dir weinte, mehr als sonst die Mütter über den leiblichen Tod ihrer Kinder weinen, Denn sie sah meinen Tod infolge des Glaubens und des Geistes, den sie von dir hatte, und du erhörtest sie, o Herr. Du hast sie erhört und ihre Tränen nicht verachtet, deren Ströme die Erde unter ihren Augen überall, wo sie betete, benetzten: du hast sie erhört. Denn von dir kam ihr jener tröstende Traum, so daß sie mir wieder erlaubte, bei ihr zu leben und den Tisch mit ihr zu teilen, worauf sie schon aus Abscheu und Widerwillen gegen meine gotteslästerlichen Irrtümer verzichtet hatte. Sie sah nämlich im Traume, wie sie auf einem hölzernen Richtscheite stand und ein herrlicher Jüngling, der sie freundlich anlächelte, auf sie zukam, während sie traurig und gramgebrochen war. Als dieser sie nach der Ursache ihrer Traurigkeit und ihrer täglichen Tränen fragte - natürlich um ihr einen guten Rat zu geben, nicht etwa um sie auszufragen - und sie dann antwortete, daß sie meinen Verlust beklage, da hieß er sie, ruhig zu sein, und ermahnte sie, aufzumerken und achtzugeben, wo sie sei, denn dort würde auch ich sein. Sobald sie nun aufmerkte, sah sie mich wirklich an ihrer Seite auf demselben Richtscheite stehen. Woher kam dieser Traum, wenn nicht von dir, der gnädig sein Ohr ihrem Herzen neigte, o du gütiger und allmächtiger Gott: für jeden einzelnen von uns sorgst du, als sorgtest du für ihn allein, und für alle, als wären sie nur einer.

      Daher kam es auch, daß, als sie mir dieses Gesicht erzählte und ich es dahin zu deuten suchte, daß sie vielmehr nicht verzweifeln möchte, einst zu werden, was ich schon war, sie sofort ohne das geringste Zögern antwortete: “Nein, denn mir wurde nicht gesagt: Wo jener, da auch du, sondern: Wo du, da auch jener”. Ich bekenne dir, o Herr, soweit meine Erinnerung geht und wie ich es häufig auch ausgesprochen habe, daß ich durch die Antwort, die du mir durch meine Mutter gabst, weil sie sich nämlich durch meine falsche, so naheliegende Auslegung nicht stören ließ und schlagfertig das Richtige erkannte - bevor sie es aussprach, hatte ich wenigstens

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