Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band). Rosa Luxemburg
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Die Fortsetzung der schematisch en Entwicklung der Akkumulation unter den angegebenen leichten paar Regeln findet, wie gesagt, keine Schranken. Hier ist es aber an der Zeit aufzupassen, ob wir nicht deshalb zu so erstaunlich glatten Resultaten gelangen, weil wir immer bloß gewisse mathematische Übungen mit Addition und Subtraktion machen, die keine Überraschungen bieten können, und ob die Akkumulation nicht deshalb so ins unendliche störungslos verläuft, weil das Papier sich geduldig mit mathematischen Gleichungen beschreiben läßt. Mit anderen Worten, es ist an der Zeit, sich nach den konkreten gesellschaftlichen Bedingungen der Akkumulation umzusehen.
Siebentes Kapitel.
Analyse des Marxschen Schemas der erweiterten Reproduktion
Die erste Erweiterung der Produktion sah folgendermaßen aus:
I. 4.400 c + 1.100 v + 1.100 m = 6.600 | } Summa 9.800 |
II. 1.600 c + 800 v + 800 m = 3.200 |
Hier kommt schon die gegenseitige Abhängigkeit der Akkumulation in beiden Abteilungen deutlich zum Ausdruck. Aber diese Abhängigkeit ist eigentümlicher Natur. Die Akkumulation geht hier von der Abteilung I aus, die Abteilung II folgt nur der Bewegung, und zwar wird der Umfang der Akkumulation lediglich von der Abteilung I bestimmt. Marx bringt hier die Akkumulation fertig, indem er in I den halben Mehrwert kapitalisieren läßt, in II aber gerade nur soviel wie nötig ist, um die Produktion und Akkumulation I zu sichern. Dabei läßt er die Kapitalisten der Abteilung II 600 m verzehren, während die Kapitalisten der I. Abteilung, die sich einen doppelt so großen Wert und viel größeren Mehrwert aneignen. nur 500 m verzehren. Im folgenden Jahr läßt er die Kapitalisten I wieder die Hälfte ihres Mehrwerts kapitalisieren und diesmal "zwingt" er die Kapitalisten II, mehr als im Vorjahre und willkürlich soviel zu kapitalisieren, wie I braucht, wobei für die Konsumtion der Kapitalisten II diesmal 560 m bleiben - weniger als im Vorjahre, was jedenfalls ein ziemlich seltsames Ergebnis der Akkumulation ist. Marx schildert den Vorgang folgendermaßen:
"Es werde nun sub I derselben Proportion fortakkumuliert: also 550 m als Revenue verausgabt, 550 m akkumuliert. Zunächst werden dann 1.100 I v ersetzt durch 1.100 II c, ferner sind noch 550 I m zu realisieren in einem gleichen Betrag von Waren II: also zusammen 1.650 I (v + m). Aber das zu ersetzende konstante Kapital von II ist nur = 1.600, die übrigen 50 müssen also (!) ergänzt werden aus 800 II m. Wenn wir hier zunächst vom Geld absehn, so haben wir als Resultat dieser Transaktion:
I. 4.400 c + 550 m (welche zu kapitalisieren sind); daneben in Konsumtionsfonds der Kapitalisten und Arbeiter 1.650 (v + m), realisiert in Waren II c.
II. 1.650 c (nämlich 50 zugefügt nach Obigem aus II m) + 800 v + 750 m (Konsumtionsfonds der Kapitalisten).
Wenn aber das alte Verhältnis v zu c in II bleibt, so müssen für 50 c weitre 25 v ausgelegt werden; diese sind zu nehmen von den 750 in; wir erhalten also:
II. 1.650 c + 825 v + 725 m.
Sub I ist zu kapitalisieren 550 in; wenn das frühere Verhältnis bleibt, so bilden davon 440 konstantes Kapital und 110 variables Kapital. Diese 110 sind eventuell (!) zu schöpfen aus 725 II in, d.h. Konsumtionsmittel zum Wert von 110 werden von den Arbeitern I verzehrt statt von Kapitalisten II, diese letztren also gezwungen (!), diese 110 in, die sie nicht verzehren können, zu kapitalisieren. Dies läßt von den 725 II m übrig 615 II m. Wenn aber so II diese 110 in zusätzliches konstantes Kapital verwandelt, so braucht es ein ferneres zusätzliches variables Kapital von 55, dies muß wieder von seinem Mehrwert gestellt werden; abgezogen von 615 II m läßt es übrig 560 für Konsumtion der Kapitalisten II, und wir erhalten nun, nach Vollziehung aller aktuellen und potentiellen Übertragungen, an Kapitalwert:
I. | (4.400 c + 440 c) + (1.100 v + 110 v) = 4.840 c + 1.210 v = | 6050 |
II. | (1.600 c + 50 c + 110 c) + (800 v + 25 v + 55 v) = 1.760 c + 880 v = | 2.640 |
-------- | ||
8.690."39 |
Wir haben das ausführliche Zitat gebracht, weil es drastisch zeigt, wie Marx hier die Akkumulation in I auf Kosten der Abteilung II durchsetzt. Ebenso unsanft verfährt er mit den Kapitalisten der Lebensmittelabteilung in den folgenden Jahren. Im dritten Jahr läßt er sie nach derselben Regel 264 m akkumulieren und 616 verzehren, diesmal mehr als in den beiden vorhergehenden Jahren. Im vierten Jahr läßt er sie 290 m kapitalisieren und 678 verzehren, im fünften akkumulieren sie 320 m und verzehren 745 m. Dabei sagt Marx gar: "Soll die Sache normal abgehn, so muß die Akkumulation in II sich rascher vollziehn als in I, weil der Teil von I (v + m), der in Waren II c umzusetzen ist, sonst rascher wächst als II c, gegen das allein er sich umsetzen kann."40 Die angeführten Zahlen zeigen aber nicht bloß keine raschere, sondern eher eine schwankende Akkumulation in der II. Abteilung, wobei als Regel folgendes dient: Marx führt die Akkumulation immer weiter, indem er die Abteilung I auf breiterer Basis produzieren läßt; die Akkumulation in der II. Abteilung erscheint nur als Folge und Bedingung der anderen: erstens, um die überschüssigen Produktionsmittel aufzunehmen, zweitens, um das erforderliche Mehr an Konsummitteln für die zuschüssigen Arbeitskräfte zu liefern. Die Initiative der Bewegung liegt die ganze Zeit über auf seiten der I. Abteilung, die II. ist passives Anhängsel. So dürfen jedesmal die Kapitalisten II nur soviel akkumulieren und müssen soviel verzehren, wie es für die Akkumulation in I erforderlich ist. Während die Abteilung I jedesmal den halben Mehrwert kapitalisiert und den halben verzehrt, was sowohl eine regelmäßige Erweiterung der Produktion wie der persönlichen Konsumtion der Kapitalistenklasse ergibt, geht die Doppelbewegung in der Abteilung II in folgender sprunghafter Weise vor sich.
Im 4. Jahr wird kapitalisiert 150, verzehrt 600
Im 2. Jahr wird kapitalisiert 240, verzehrt 560
Im 3. Jahr wird kapitalisiert 254, verzehrt 626
Im 4. Jahr wird kapitalisiert 290, verzehrt 678
Im 5. Jahr wird kapitalisiert 320, verzehrt 745
Es besteht gar keine ersichtliche Regel in dieser Akkumulation und Konsumtion, beide dienen bloß den Bedürfnissen der Akkumulation in I. Daß die absoluten Zahlen des Schemas in jeder Gleichung willkürlich sind, versteht sich von selbst und verringert nicht ihren wissenschaftlichen Wert. Worauf es ankommt, sind die Größenverhältnisse, die exakte Beziehungen ausdrücken sollen. Die von klarer Gesetzmäßigkeit diktierten Akkumulationsverhältnisse in Abteilung I scheinen nun aber durch eine völlig willkürliche Konstruktion der Verhältnisse in Abteilung II erkauft zu sein, und dieser Umstand ist geeignet, zur Nachprüfung der inneren Zusammenhänge der Analyse zu veranlassen.
Man könnte jedoch annehmen, daß hier nur ein nicht besonders glücklich gewähltes Beispiel vorliegt. Marx selbst begnügt