Tarzan – Band 5 – Der Schatz von Opar. Edgar Rice Burroughs
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Er rief sich die Szene im Tempel zurück, wie er ausgestreckt auf dem Opferaltar lag, während La mit erhobenem Dolche über ihm stand, indes die Reihen der Priester und Priesterinnen in verzücktem Fanatismus auf den ersten Strom warmen Blutes warteten, um es in ihren goldenen Bechern aufzufangen und zur Ehre ihres Feuergottes zu trinken.
Dann zog die tierische und blutige Störung durch Tha, den tollgewordenen Priester, lebhaft vor Tarzans Erinnerung vorbei; er sah wieder die Flucht der Andächtigen vor dem irren Blutdurst der scheußlichen Kreatur, den brutalen Angriff auf La und seinen eigenen Anteil an der grausen Tragödie, als er mit dem wütenden Oparier kämpfte und ihn tot zu Füßen der Priesterin niederwarf, die er hatte entehren wollen.
Das und mehr zog durch Tarzans Erinnerung, als er auf die langen Reihen des mattgelben Metalls starrte. Ob wohl La noch in den Tempeln der zerstörten Stadt herrschte, deren verfallende Mauern sich auf den Felsen um ihn herum erhoben? War sie schließlich doch zu einer Ehe mit einem der grotesken Priester gezwungen worden? Für ein so schönes Wesen musste das ein furchtbares Geschick sein! Kopfschüttelnd trat Tarzan zu der flackernden Kerze, löschte ihre schwachen Strahlen und wendete sich zum Ausgang.
Der Späher hinter ihm wartete auf seinen Aufbruch. Er hatte das Geheimnis, um dessentwillen er gekommen war, kennengelernt. Nun konnte er ohne Übereilung zu seinen harrenden Leuten zurückkehren. Nachher wollte er sie dann zur Schatzkammer herbringen, und sie sollten ihm so viel Gold wegschleppen, dass sie wankten.
Die Waziri hatten längst das äußere Ende des Tunnels erreicht und stiegen hinauf an die frische Luft und das willkommene Sternenlicht auf dem Berggipfel, ehe Tarzan die ihn zurückhaltende Hand der Träumerei abschüttelte und ihnen langsam nachging.
Noch einmal, wie er dachte, zum letzten Male schloss er das massive Tor der Schatzkammer. Hinter ihm in der Dunkelheit erhob sich Werper und reckte seine krampfmüden Muskeln, dann streckte er die Hand aus und liebkoste den Goldbarren auf dem nächsten Haufen. Er lüftete ihn von seiner uralten Unterlage und wog ihn auf den Händen, ja, er drückte ihn mit dem Entzücken des Geizhalses an die Brust.
Tarzan träumte von seiner bevorstehenden glücklichen Heimkehr, von liebenden Armen, die ihn umfingen, von einer weichen Wange, welche sich an die seine presste. Aber um diesen Traum zu verscheuchen, erstand vor seinem Auge die Erinnerung an den alten Zauberer und seine Warnung.
Und im Zeitraum weniger Sekunden waren die Hoffnungen der beiden Männer zerschmettert. Der eine vergaß in Schreck und Angst seine Habgier – dem anderen schlug ein scharfes Felsstück eine tiefe Wunde in sein Haupt und stürzte ihn in völliges Vergessen aller Vergangenheit.
Der Altar des Feuergottes
Gerade als sich Tarzan von der wieder geschlossenen Türe auf seinen Weg nach der Außenwelt machen wollte, geschah es. Der ganze Vorfall ereignete sich, ohne dass irgendeine Warnung vorherging. Eben war alles noch ruhig und standfest – im nächsten Augenblick schien die Welt zu wanken, die gepressten Wände des engen Stollens barsten und splitterten, aus der Decke gebrochene Felsklötze stürzten sperrend auf den schmalen Weg und die Wände legten sich unter dem Druck nach innen.
Der Schlag eines aus der Decke fallenden Felsbrockens warf Tarzan an die Türe der Schatzkammer zurück, die sein Gewicht aufstieß, während der Körper hinein auf den Boden rollte.
Im großen Schatzraum hatte das Erdbeben weniger Unheil angerichtet. Einige Barren fielen von höheren Stapeln herab, ein großer einzelner Block löste sich aus der Decke und donnerte zu Boden und die Wände krachten, aber sie hielten.
Es blieb bei dem einen Stoß, denn es folgte kein weiterer, um das Unheil zu vollenden. Werper war durch die Plötzlichkeit und Gewalt der Erschütterung der Länge nach zu Boden geschleudert worden. Als er sich unverletzt fand, raffte er sich wankend auf die Füße und tastete sich durch die Kammer nach der Kerze zu, welche Tarzan mit ein paar Tropfen ihres eigenen Wachses auf das herausstehende Ende eines Goldbarrens geklebt hatte. Nachdem er mehrere Streichhölzer angebrannt hatte, fand er sie, und als gleich danach ihre spärlichen Strahlen das stygische Dunkel erhellten, seufzte er erleichtert auf, denn das undurchdringliche Dunkel hatte die Schrecken der Lage noch erhöht.
Als sich seine Augen wieder an das Licht gewöhnt hatten, dachte er nur noch an Flucht aus diesem entsetzlichen Grab. Da sah er den Körper des nackten Riesen lang ausgestreckt auf der Schwelle liegen. Werper fuhr in plötzlicher Furcht vor Entdeckung zurück.
Aber ein zweiter Blick sagte ihm, dass der Engländer tot sein musste. Aus einer klaffenden Wunde in des Mannes Kopf hatte sich eine Blutlache auf dem Steinboden gesammelt.
Der Belgier sprang eilig über die ausgestreckte Gestalt seines kürzlichen Gastgebers, um sich in Sicherheit zu bringen, ohne auch nur einen Gedanken an Hilfe für den möglicherweise noch nicht ganz Leblosen zu hegen. Aber seine eben erwachten Hoffnungen waren bald erstickt. Schon bald jenseits des Tores fand er den Gang durch zersplitterte Felsteile völlig versperrt und abgeschlossen. Er ging wieder in die Schatzkammer zurück und begann mit der Kerze eine planmäßige Untersuchung des Raumes, bis er auf dem entgegengesetzten Ende eine andere Türe entdeckte, deren krächzende Angeln seinem Körpergewicht nachgaben. Hinter der Türe kam ein anderer enger Stollen. Werper fand eine Steintreppe, welche ihn zu einem neuen, zwanzig Fuß höher liegenden Gang brachte. Die flackernde Kerze leuchtete ihm auf dem Wege und er konnte von Glück sagen, dass er sie hatte, denn sie zeigte ihm gerade zur rechten Zeit einen gähnenden Abgrund, welcher anscheinend den Tunnel abschloss.
Vor ihm war ein kreisrunder Kamin. Er hielt die Kerze darüber und sah hinunter. Weit unten warf eine Wasserfläche das Licht zurück; er war auf einen Brunnen gestoßen. Nun hob er die Kerze über seinen Kopf und spähte in die Dunkelheit, bis er gegenüber die Fortsetzung des Tunnels bemerkte. Aber wie sollte er hinüberkommen?
Er schätzte eben noch die Entfernung bis dahin und war unschlüssig, ob er den Riesensprung wagen könne, als auf einmal ein durchdringender Schrei zu seinen Ohren drang, welcher schwächer und schwächer wurde, bis er endlich in einem klanglosen