Tarzan – Band 5 – Der Schatz von Opar. Edgar Rice Burroughs
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Als der Affenmensch die Boma wieder betrat und sich zwischen seinen schwarzen Kriegern niederlegte, war es ziemlich spät geworden. Keiner hatte bemerkt, dass er gegangen war und keiner sah seine Rückkehr. Im Einschlafen dachte er noch an die Worte des Zauberers und beim Erwachen waren sie sein erster Gedanke. Aber er hatte deswegen keine Absicht, umzukehren, denn er kannte keine Furcht. Hätte er allerdings geahnt, was der Frau bevorstand, welche er über alles in der Welt liebte, er würde wie auf Flügeln durch die Bäume an ihre Seite geeilt sein und das Gold von Opar hätte für immer verborgen und vergessen in seinem Schatzhause liegenbleiben können.
Und in dem Lager hinter ihm sann an jenem Morgen ein anderer weißer Mann auch über etwas nach, das er nachts gehört hatte, und wenig fehlte, so hätte er seinen Plan aufgegeben und wäre umgekehrt. Werper hatte in der stillen Nacht aus weiter Entfernung auf der Fährte einen Laut gehört, der seine feige Seele mit Schrecken erfüllte. Er hatte noch nie in seinem bisherigen Leben eine solche Stimme gehört und hätte nicht im Traume gedacht, dass die Lungen eines Gottesgeschöpfes solch fürchterliche Töne hervorbringen könnten. Er hatte den Siegesschrei des männlichen Affen vernommen, welchen Tarzan ins Angesicht von Goro, dem Mond, geschleudert hatte und Werper hatte zitternd sein Gesicht verhüllt. Noch jetzt im hellen Tageslicht zitterte er, wenn er daran dachte. Angesichts der namenlosen Gefahr, welche das Echo jener fürchterlichen Laute zu künden schien, wäre er am liebsten umgekehrt, aber er hatte vor seinem Befehlshaber Achmed Zek noch mehr Angst.
Während also der Affentarzan stetig seinen Weg nach Opars verfallenen Wällen weiterzog, schlich Werper wie ein Schakal hinterdrein und nur Gott konnte wissen, was die Zukunft für beide barg.
Tarzan hielt am Rande des öden Tales, von dem aus man die goldenen Kuppeln und Türmchen von Opar erblickte. Heute Nacht würde er zur Erkundung allein nach der Schatzkammer gehen, denn er war entschlossen, dass die Vorsicht jeden seiner Schritte auf dieser Unternehmung bestimmen sollte.
Als die Nacht herniedersank, brach er auf. Werper hatte allein die Klüfte kurz nach dem Trupp des Affenmenschen erstiegen und sich tagsüber zwischen den rauen Felsen des Berggipfels aufgehalten. Jetzt schlich er verstohlen hinter jenem her. Auf der felsenübersäten Ebene zwischen dem Talrand und dem mächtigen Granitkopje außerhalb der Stadtmauer, da wo der Eingang zum Stollen nach der Schatzkammer lag, fand Werper reichlich Deckung, während er Tarzan nach Opar folgte.
Er sah, wie sich der riesige Affenmensch behänd über die glatte Fläche des großen Felsens hinaufschwang.
Werper kletterte in Schweiß gebadet mit krampfhaften Griffen über den gefährlichen Aufstieg und war vor Angst halb gelähmt, aber die Habsucht spornte ihn an, zu folgen, bis er endlich auf dem Gipfel des Felshügels stand.
Tarzan war nirgends zu sehen. Eine Zeit lang hielt sich Werper hinter einem der kleinen Felsblöcke, mit welchem die Spitze des Hügels bestreut war, aber als er von dem Engländer nichts sah oder hörte, kroch er aus seinem Versteck hervor, um eine planmäßige Untersuchung der Umgebung zu beginnen. Der Belgier hoffte, die Lage des Schatzes rechtzeitig vor Tarzans Rückkehr festgestellt zu haben, um vorher zu verschwinden, denn er wollte nur den Ort des Goldes wissen, damit er nach Tarzans Abzug mit seinen Leuten ohne Gefahr kommen und so viel wie möglich wegschleppen konnte.
Er fand auch die schmale Kluft, welche zu den stark verwitterten Granitstufen in das Innere des Hügels hineinführte. Bis in die dunkle Mündung des Tunnels, in der er verschwand, rückte der Landstreicher vor, aber weiter wagte er nicht einzudringen aus Furcht, Tarzan könnte zurückkehren.
Der Affenmensch, weit vorausgedrungen, tastete derweil seinen Weg durch den Felsengang entlang, bis er an die alte Holztüre kam. Einen Augenblick später stand er in der Schatzkammer, in welcher die Hände längst Vermoderter vor vielen Jahrtausenden für die Herrscher des großen Kontinents, der nun unter den Gewässern des Atlantischen Ozeans versunken liegt, jene hohen Stapel aus kostbaren Gußblöcken errichtet hatten.
Kein Laut unterbrach die Stille des unterirdischen Gewölbes. Kein Zeichen deutete an, dass ein anderer die vergessenen Schätze entdeckt hatte, seit der Affenmensch ihr Versteck besuchte.
Befriedigt drehte sich Tarzan um und lenkte seine Schritte wieder nach dem Gipfel des Kopje. Werper belauschte ihn von der Deckung einer großen, vorspringenden Granitschulter aus, wie er aus dem Dunkel der Treppe heraufkam und nach dem Kamm des Hügels ging, welcher nach dem Talrande zu lag, wo die Waziri auf das Zeichen ihres Gebieters warteten. Jetzt schlüpfte Werper vorsichtig aus seinem Versteck, tauchte in den düsteren Schatten des Eingangs und verschwand.
Tarzan machte auf dem Kamm des Hügels halt und erhob seine Stimme zum donnernden Gebrüll eines Löwen. Zweimal wiederholte er den Ruf in regelmäßigen Abständen. Als das Echo des dritten Rufes erstorben war, lauschte er einige Minuten aufmerksam. Dann kam schwach von jenseits des Tales ein Brüllen als Antwort: – Einmal, zweimal, dreimal! Basuli, der Wazirihäuptling, hatte gehört und geantwortet.
Tarzan nahm wieder seinen Weg nach der Schatzkammer, weil er wusste, dass in wenigen Stunden seine Schwarzen bei ihm sein würden, bereit, ein neues Vermögen in Gestalt der merkwürdig geformten Goldbarren von Opar fortzubringen. Inzwischen wollte er schon von dem kostbaren Metall so viel wie möglich auf den Gipfel des Kopje schaffen.
In den fünf Stunden, bis Basuli das Kopje erreichte, hatte er den Weg sechsmal gemacht und am Ende dieser Zeit achtundvierzig Barren auf den Kamm des großen Felsens gebracht, wobei er bei jedem Gang ein Gewicht getragen hatte, das zwei normale Menschen zum Wanken gebracht hätte. Aber seine Riesengestalt zeigte keine Spur von Ermüdung, als er mit dem dazu mitgebrachten Seil half, seine Krieger auf die Bergspitze zu holen.
Noch einmal kam der Affenmensch und diesmal brachte er seine fünfzig Krieger mit, die sich nur aus Hingabe für ihn zu Lastträgern hergaben, aber er war der einzige Mensch auf der Welt, der von ihren feurigen und hochmütigen Naturen solche niedrigen Frondienste verlangen durfte. Abermals verließen zweiundfünfzig Barren das Gewölbe, um die Summe von einhundert Stück aufzufüllen, welche Tarzan mitnehmen wollte.