Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe Anton
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»Jedenfalls keine größeren, als wir sie schon haben«, antwortete die Tefroderin.
Zwei Stunden später stand fest, dass keiner der Hochenergie-Anker oder Traktorstrahlen die Explosion ausgelöst hatte. Mehrere Decks der ILKIN waren aufgerissen worden. Das Schiff hatte Ladung verloren, aber wie durch ein Wunder waren die Flüchtlinge einer neuen Katastrophe entronnen. Die inneren Sicherheitsschotten hatten mehr als 300 verletzte Flüchtlinge vor dem Tod bewahrt.
Vorübergehend zog Perry Rhodan in Erwägung, die Überlebenden von Cyrdan auf die JOURNEE zu übernehmen, doch der Zeitaufwand dafür war schwer zu kalkulieren, von den Platzproblemen ganz zu schweigen. Zudem sträubten sich die Mediziner gegen den Transport Dutzender Schwerstverletzter.
Ununterbrochen tasteten die Ortungen des Spürkreuzers durch den Raum. Sie verzeichneten nichts Ungewöhnliches.
Die Ruhe vor dem Sturm, konstatierte Rhodan. Er spürte eine wachsende Ungeduld. Viel zu lange hing die JOURNEE schon zwischen den Sternen fest. Kiriaades letzter Hilferuf war dringender als zuvor gewesen.
Es gab keinen Weg zurück in die Milchstraße, nicht einmal eine Funkverbindung. Was immer geschah, die JOURNEE war von der Heimat abgeschnitten. Aber was konnte ein einziges Schiff gegen eine Übermacht von Angreifern ausrichten? Rhodan ballte die Fäuste. Er war fest entschlossen, dem Rätsel der Invasionstruppen auf den Grund zugehen. Doch dazu brauchte er Hilfe. Die Tefroder hatten schon nach den ersten Überfällen genug mit sich selbst zu tun. Sie hatten in Andromeda rund 25.000 Welten besiedelt, und ihre Raumflotten unterstanden dem gemeinsamen Oberkommando auf Tefrod. Viel mehr hatte Rhodan nicht in Erfahrung bringen können, auch aktuelle Zahlen waren ihm nicht bekannt. Er schätzte die militärische Streitmacht der Lemurer-Nachkommen jedoch auf rund 210.000 Schiffe unterschiedlichster Größenordnung, und im zivilen Bereich verfügten sie wohl über annähernd die doppelte Zahl.
Neben den Tefrodern waren die Wasserstoff atmenden Maahks die zweite führende Großmacht. Andromeda war ihre Heimat geworden, aus der sie vor rund 50.000 Jahren vertrieben worden waren. Heute hatten die Maahks sich wieder auf 15.000 Welten mit Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Atmosphäre niedergelassen. Die Positionen vieler dieser Planeten waren den anderen Völkern unbekannt. Hinzu kamen einige Tausend Stützpunkte und reine Industriestandorte, die zum Teil auf Monden und ausgehöhlten Asteroiden angelegt waren.
Es mochte ein Trauma ihrer Vergangenheit sein, dass die Maahks die Völkergemeinschaft in Andromeda eher mieden. Große Kriege gehörten der Geschichte an, doch es gab nur wenige kulturelle und soziale Berührungspunkte, nicht zuletzt bedingt durch den unterschiedlichen Metabolismus.
Die Maahks verfügten ebenfalls über eine beachtliche Zahl schlagkräftiger Raumschiffe. Im militärischen Bereich konnten rund 250.000 Kampfraumer jederzeit einem einzigen Oberkommando unterstellt werden.
Im Gegensatz zu den anderen Völkern galten Maahks nicht als Individualisten; ihr Leben wurde vielmehr von nüchtern-logischem Pragmatismus bestimmt. Die emotionslose Logik drückte sich schon im hierarchischen Namenssystem aus, basierend auf einer mit Nummern bezeichneten Rangordnung.
Träge tropfte die Zeit dahin.
Rhodan hätte viel dafür gegeben, die erzwungene Aufenthaltsdauer zu verkürzen. Aber ein Weiterflug der JOURNEE hätte bedeutet, den Tod vieler Verletzter billigend in Kauf zu nehmen, selbst wenn er ein Spezialistenteam auf dem Frachter zurückließ. Die Tefroder an Bord der ILKIN brauchten Hilfe, und er konnte sie nicht im Stich lassen. Auch nicht, wenn er damit die eigene Position schwächte.
20 Minuten inzwischen ... Düster hing die ILKIN neben dem weit kleineren terranischen Spürkreuzer, ein Koloss, in dessen Flanken der Gegner tiefe Wunden geschlagen hatte. Klein wie Ameisen erschienen die Techniker der JOURNEE, die mit einfachen Mitteln versuchten, die nach der Explosion beschädigten Innenstrukturen zu stabilisieren.
Mit versteinerter Miene nahm Perry Rhodan die Meldung zur Kenntnis, dass zwei weitere schwerstverletzte Tefroder gestorben waren. Den Bemühungen der Ärzte, verstärkt durch Medoroboter von Bord der JOURNEE, waren deutliche Grenzen gesetzt.
Die Hologramme zeigten die üppige Sternenpracht Andromedas. Rhodan fragte sich, welches Ziel die Angreifer verfolgten, die es geschafft hatten, eine ganze Galaxis mit einem undurchdringlichen Zeitfeld abzuriegeln.
Wer waren die Unbekannten?
Was beabsichtigten sie?
Tief atmete er ein und schloss sekundenlang die Augen. Verbitterung nagte in ihm, ein grimmiger Zorn. Eine einzige Frage wühlte ihn auf: Warum?
Warum war Leben so aggressiv und kannte nur das Recht des Stärkeren? Von wenigen Ausnahmen abgesehen ... Dahinter verbarg sich nicht nur der Kampf um Lebensraum, denn das Universum war groß und bot Platz für alle. Selbst Maahks und Menschen hätten sich nie bekriegen müssen, weil die Umwelt des einen für den anderen tödlich war. Dennoch war es geschehen. Niemand hatte die Toten und Verwundeten gezählt, das unsagbare Leid und die Qualen beider Völker. Heute respektierte man sich und hatte aus den Fehlern gelernt.
Die Arbeiten am Frachter wurden endlich abgeschlossen, die Männer und Frauen der JOURNEE kehrten an Bord zurück. Sie hatten neue Befestigungspunkte für die Hochenergie-Klammern markiert.
Mit seinen 600 Metern Durchmesser und dem mächtigen äquatorialen Ringwulst war der Raumfrachter ein Riese, verglichen mit der nur 100 Meter messenden JOURNEE. Traktorstrahlen manövrierten den Spürkreuzer in seine neue Position und verankerten ihn im oberen Rumpfsegment der ILKIN, die unverändert in jeder Sekunde 20.134 Kilometer zurücklegte, exakt der Wert, bei dem zuvor die Trennung erfolgt war.
Die neue Beschleunigungsphase begann.
Auf der ILKIN waren nahezu alle Energieverbraucher lahmgelegt worden, um Interferenzen vorzubeugen. Lediglich eine Interkomverbindung wurde aufrecht erhalten. Die Frachterkommandantin blickte nicht mehr aus einem lebensgroßen Hologramme in die Runde, sondern von einem kleinen Monitor.
»Ich hoffe, dass es diesmal klappt«, sagte Laretha Mongath schwer. »Raye Corona war eben bei mir; der Zustand einiger Patienten hat sich rapide verschlechtert. Wenn sie nicht in den nächsten Stunden in eine bestens ausgerüstete Klinik eingeliefert werden, kann Raye für ihr Überleben nicht garantieren.«
»Wir tun, was wir können«, antwortete Coa Sebastian gereizt. »Achte du lieber darauf, dass auf der ILKIN alles so bleibt, wie es ist.«
»Wir erreichen Ka-Tygo rechtzeitig«, versprach Perry Rhodan.
Die Tefroderin nickte zufrieden. »Danke«, sagte sie.
Mühelos beschleunigten die Triebwerke der JOURNEE die um ein Mehrfaches angewachsene Masse. In wenigen Minuten würden beide Schiffe gemeinsam in den Hyperraum gehen und kurze Zeit später nahe Ka-Tygo den Überlichtflug beenden. Die Welt war der nächste geeignete Stützpunkt der Tefroder, ohnehin das Ziel der Flüchtlinge von Cyrdan.
Die Funkortung meldete ein jähes Anschwellen des Hyperfunkverkehrs. Hunderte von Sendern waren gleichzeitig aktiv geworden, und was immer sie verbreiteten, es schwoll wie eine Lawine an. Hintergrundrauschen und die Störungen einer nahen Supernova, die erst vor wenigen Tagen in ihr kritisches Stadium eingetreten war, verstümmelten die meisten Sendungen. Was allerdings mit entsprechend hoher Sendeleistung empfangen wurde, berichtete