Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola Larsen
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»Ja, das ist richtig, aber ich weiß gar nicht, ob es mich noch glücklich macht. Gehen wir! Ich werde erst ruhiger sein, wenn ich in Tihany bin. Läuft der Gutsbetrieb wie sonst, Herr Lindemann?«
»Na, so einigermaßen. Ich gebe mir wahrlich alle Mühe, möglichst viel herauszuschlagen. Ihr Herr Vater war zwar nie zufrieden mit den Erträgen, aber wenn nichts hineingesteckt wird, kann man auch nichts herausholen. Sie können sich in den nächsten Tagen von allem überzeugen, Herr Graf. Ich habe mit den wenigen Landarbeitern, die hiergeblieben sind, so viel Ackerland bestellt wie nur möglich war.«
»Wenige Leute? Wo sind die anderen geblieben?«
»Alle abgewandert, Herr Graf. Aber nur weil Ihr Herr Vater die Leute zu schlecht bezahlt hat. Es tut mir leid, über einen Toten so zu sprechen, aber Tatsachen kann man nicht verschweigen.«
Graf Sandor war blass geworden. Er erhob sich.
»Alles, was ich von Ihnen höre, versetzt mich in immer größeres Erstaunen, Herr Lindemann«, murmelte er.
In einem alten klapprigen Auto fuhr der Gutsverwalter den jungen Grafen zum Schloss.
»Herr Graf«, begann Gustav Lindemann, »ich will Sie nicht gegen Ihre Frau Stiefmutter aufhetzen, das liegt mir fern, aber ich mache Sie schon jetzt darauf aufmerksam, dass eine Menge wertvoller Gegenstände vom Schloss in das neue Stadtpalais gewandert ist. Seit einem Jahr war die Gräfin nicht mehr hier, und Ihr Herr Vater kam nur, um die Gelder für die Ernteerträge abzuholen.«
Graf Sandor lehnte sich etwas zurück. Um seine Mundwinkel zuckte es.
»Sagen Sie mir alles, Lindemann, ich bin auf das Schlimmste gefasst.«
»Die Gräfin wird sich an uns rächen, wenn ich sie so vor Ihnen bloßstelle, Herr Graf. Ich und meine Frau haben nie Kontakt zu ihr gefunden. Das heißt, sie hat auch keinen mit uns gesucht. Sie war hier immer eine Fremde, und das hat sie auch gefühlt. Schon in den ersten Jahren der Ehe mit Ihrem Herrn Vater war sie ständig auf Reisen. Nie hat sie sich hier wohlgefühlt. Und ich glaube, sie hat auch von Anfang an darauf bestanden, die Wintermonate in der Stadt zu verbringen. Und als sie im Lauf der Jahre merkte, dass sie keine Kinder bekommen würde und das Schloss daher an Sie fallen würde, hat sie nicht eher geruht, bis Ihr Vater ihr ein neues hübsches Schloss kaufte, in dem sie allein die Herrin war. Bevor sie Tihany für immer verließ, musste noch allerlei mitgehen. Sie werden dagegen nichts unternehmen können, Herr Graf. Diese Frau hat genau gewusst, was sie wollte. Und wenn sie ein Kind bekommen hätte, wäre auch Tihany für Sie unerreichbar geworden.«
»Warum haben Sie mir das nicht einmal geschrieben, Lindemann? Vielleicht wäre ich dann doch einmal gekommen und hätte mit meinem Vater gesprochen.«
»Solange Ihr Vater hier war, konnte ich nichts tun, Herr Graf. Auch Sie hätten nichts erreicht, denn Ihr Vater war seiner zweiten Frau völlig hörig. Er hatte sich unter diesem Einfluss so verändert, dass man nicht mehr vernünftig mit ihm reden konnte. Er lebte ständig in der Angst, diese Frau an einen jüngeren Mann zu verlieren, und legte ihr alles zu Füßen, was er hatte. Die Löhne der Arbeiter wurden gekürzt, für Düngemittel wurde nur noch die Hälfte ausgegeben, wertvolle Pferde wurden verkauft. Und das alles nur, um diese Frau zufriedenzustellen, deren Wünsche immer unmäßiger wurden. Ich habe das alles mit banger Sorge beobachtet, aber ich konnte nichts dagegen tun.«
»Und ich hatte gestern sogar noch Mitleid mit ihr«, murmelte Graf Sandor tonlos, »ich glaubte ihr den Schmerz um meinen Vater und ihre Großzügigkeit mir gegenüber.«
»Sicher wird sie um Ihren Vater trauern, Herr Graf, denn es wird schwer für sie sein, sich etwas einzuschränken. Die Erträge von Tihany gehen nun an Sie, laut Erbfolgegesetz, das mir bekannt ist.«
»Ich bin nicht gewillt, mir Gedanken über die Zukunft meiner Stiefmutter zu machen«, warf Graf Sandor hart ein.
»Das sollen Sie auch nicht. Ihre Stiefmutter weiß genau, womit sie jetzt zu rechnen hat. Die hat ihre Schäfchen ins Trockene gebracht, verlassen Sie sich darauf! All das, was sie mitgenommen hat, Gemälde, Teppiche, Porzellan und Silber, stellt einen hohen Wert dar. Und dann wird ja auch bestimmt noch ein ganz hübsches Sümmchen vom Verkauf des Jagdschlosses Erlau übriggeblieben sein.«
Graf Sandor fuhr herum. Seine Augen weiteten sich in namenlosem Entsetzen.
»Erlau ist verkauft? Das kann nicht sein, Lindemann! So etwas kann mein Vater nicht getan haben! Erlau war der Lieblingsaufenthalt meiner Mutter. Ein paradiesisches Fleckchen Erde, wo ich glückliche Kindheitstage verbracht habe.«
Herr Lindemann senkte den Kopf.
»Ich dachte, Ihr Vater hätte es Ihnen mitgeteilt und Ihnen einen Teil des Erlöses überwiesen, Herr Graf.«
»Nichts weiß ich, und nichts habe ich bekommen!«, stieß der Graf außer sich hervor. »Niemals hätte ich meine Einwilligung zu diesem Verkauf gegeben. Mein Gott, Lindemann, ist das wirklich wahr?«
»Leider, Herr Graf. Auch mir hat das Herz geblutet. Aber Ihre Stiefmutter mochte das Jagdschloss nie. Sie sagte, es sei eine düstere Räuberhöhle, in der nur Ratten und Mäuse hausten. Die grauen Mauern und die Einsamkeit dort erdrückten sie. Ich war öfter Zeuge, wie sie ihrem Gatten stets zusetzte, das Jagdschloss zu verkaufen. Die wertvollsten Möbelstücke und Gegenstände hatte sie auch dort schon herausgeholt mit der Begründung, die Sachen würden in den feuchten Mauern von Erlau Schaden leiden.«
»Sie standen seit Jahrhunderten dort, und es ist ihnen nie etwas geschehen!«, erklärte Graf Sandor empört.
»Eines Tages, etwa vor eineinhalb Jahren, hat sie einen Käufer gefunden, und Ihr Vater hat das Jagdschloss samt dem darin befindlichen Mobiliar verkauft.«
»An wen?«, fragte Graf Sandor, heiser vor Erregung.
»An einen reichen Bankier aus der Stadt, einen Baron, der vor nicht allzu langer Zeit den Adelstitel erworben hat, weil er allerlei gestiftet hat. Er heißt Waldstein und muss über enorme Gelder verfügen, denn das Jagdschloss wurde in sechs Monaten nach seinem Geschmack umgebaut und eingerichtet. Allerdings nur innen, denn das Äußere des Schlosses musste unverändert bleiben. Es dient der Familie von Waldstein als Sommerresidenz. Der Baron soll einen Sohn und eine Tochter haben. Ich persönlich kenne nur ihn und muss sagen, dass er eigentlich einen recht sympathischen Eindruck macht.«
In dumpfes Schweigen versunken, hatte Graf Sandor zugehört.
Sie waren inzwischen angekommen, aber er hatte es nicht einmal bemerkt.
»Herr Graf«, mahnte Gustav Lindemann ihn leise, »wir sind da! Es tut mir bitter weh, Ihnen solche Eröffnungen gemacht zu haben, aber ich weiß nicht, ob Sie in der Lage gewesen wären, das Jagdschloss auf die Dauer zu erhalten. Was hier in Tihany an Geldern eingeht, reicht nicht dafür aus.«
»Mein Vater war ein reicher Mann«, brach es aus Graf Sandor verzweifelt hervor.
»Er war es, Herr Graf. Aber die Ansprüche seiner zweiten Frau haben sein Vermögen fortdauernd verkleinert. Und wenn er noch ein paar Jahre gelebt hätte, wär er noch ärmer geworden.«
»Diese Schlange!«, presste Graf Sandor hervor.
Er erhob sich, als hingen Bleigewichte an seinen Füßen. Vor dem Wagen blieb er stehen und ließ seine Augen über die Front des Schlosses gleiten. Ob ich das alles erhalten kann?, fragte er