Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola Larsen
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Graf Sandor betrat die große Eingangshalle, in die gedämpftes Licht fiel. Ein Geruch nach Staub und Moder schlug ihm entgegen.
Graf Sandor blieb minutenlang stehen, um seine Fassung wiederzugewinnen. Herr Lindemann zog die Vorhänge zurück, um das Tageslicht hereinzulassen, und er öffnete die Fenster, um frische Luft einströmen zu lassen.
»Morgen muss eine der Mägde hier Ordnung schaffen, Herr Graf, und vor allem Ihre Zimmer herrichten.«
»Ja, ja«, erwiderte Graf Sandor halblaut. Verloren hing sein Blick an den wenigen Möbeln, die seine Stiefmutter in der Halle zurückgelassen hatte. Sogar die wertvollen Brücken, die vor den Sitzgarnituren gelegen hatten, waren verschwunden.
Herr Lindemann beobachtete ihn unauffällig.
»Es tut mir leid, Herr Graf«, murmelte er mehrfach.
»Aber, Lindemann, wofür entschuldigen Sie sich. Sie können nichts dafür, dass mein Vater einer solchen Frau hörig gewesen ist. Lassen Sie mir eine Stunde Zeit, um durch alle Räume zu gehen.«
»Natürlich, Herr Graf. Ich sehe inzwischen hier unten nach, was in den nächsten Tagen und Wochen alles zu tun ist. Sie bleiben doch hier, Herr Graf?«
»Ich weiß nicht, ob ich hier noch einmal glücklich werden kann. Mir ist es, als sei das Schloss gestorben und meine Kindheit und Jugend mit ihm. Es liegt mir wie eine Zentnerlast auf der Seele.«
»Überschlafen Sie erst einmal alles, Herr Graf«, murmelte Gustav Lindemann erschüttert.
Graf Sandor stieg langsam nach oben. Er durchwanderte die riesigen Zimmerfluchten, die Säle, in denen die großen Feste stattgefunden hatten. Überall sah es aus, als ob eine Diebesbande alles Wertvolle habe mitgehen lassen.
Nur in seinen eigenen früheren Räumen war nichts verändert. Vor diesen Räumen hatte die Habgier seiner Stiefmutter offenbar haltgemacht. Das Bild seiner geliebten Mutter hing noch über seinem Schreibtisch, und sie lächelte auf ihn herab. Die Erinnerung an die Vergangenheit überkam ihn hier am stärksten und presste ihm das Herz schmerzhaft zusammen.
Er öffnete Schubladen und Schränke. Überall lag eine dicke Staubschicht auf Möbeln und Gegenständen.
Wilde Verzweiflung und Hass gegen die Frau, die ihm nicht nur die Liebe des Vaters, sondern auch einen Teil seiner Heimat und seines Erbes genommen hatte, packten ihn derart, dass er sich aufstöhnend gegen eine Wand lehnte und das Gesicht mit den Händen bedeckte.
Minuten vergingen, bis er sich wieder etwas gefasst hatte und hinuntergehen konnte. Lindemann wartete bereits in der Halle auf ihn und sah ihm voller Bangen entgegen.
»Ich werde Ihnen morgen einen genauen Bericht geben, Herr Graf, und Ihnen alle Rechnungsbücher vorlegen, damit Sie sehen, wie es mit Ihrem Besitz steht. Sie werden für das Schloss wieder Personal einstellen müssen, mindestens drei bis vier Leute. Und auch Landarbeiter brauchen wir noch, um die Erträge zu steigern. Ich habe ganze Landstriche nicht bestellen können.«
»Ja, ja.« Graf Sandor fuhr sich über die Stirn. »Ich verstehe noch nicht viel von all diesen Dingen, aber ich werde mir große Mühe geben. Es kam so plötzlich.«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Herr Graf. Das schaffen wir bestimmt gemeinsam. Sie dürfen natürlich keine großen Ansprüche stellen und müssen vorerst bescheiden leben.«
»Wenn es weiter nichts ist, Lindemann. Das fällt mir nicht schwer. Ich bin es seit Jahren gewöhnt, meine eigenen Bedürfnisse zurückzustellen.«
Nach einem kurzen Gang durch den verwilderten Park fuhren sie zum Gutshaus zurück.
Frau Lindemann hatte im Wohnzimmer den Tisch festlich gedeckt. Alles war mit so viel Liebe hergerichtet, dass sich die Stimmung des jungen Grafen wieder etwas hob. Sie hatte ihm für die Nacht sogar schon das Fremdenzimmer richten lassen und fragte ihn, ob er noch besondere Wünsche habe. Nein, er hatte keine. Er war dankbar und froh, dass ihn Menschen umgaben, die er aus seiner Jugendzeit kannte und schätzte.
»Was macht Ihre Tochter?«, fragte er. »Damals war sie elf Jahre, als ich wegging. Jetzt wird sie eine junge Dame sein.«
Die Augen der beiden Lindemanns leuchteten auf.
»Ja, Margret ist unser ganzer Stolz. Sie will Lehrerin werden und besucht die Pädagogische Hochschule. Sie werden sie kaum wiedererkennen. Sie ist sehr hübsch geworden, Herr Graf.«
Frau Lindemann ging ins Nebenzimmer und holte ein eingerahmtes Bild.
»Das ist sie«, sagte sie und reichte dem jungen Grafen die Fotografie.
Er blickte in ein hübsches, lachendes Mädchengesicht mit hellen Augen.
»Sie ist wirklich reizend«, bemerkte er, als er das Bild zurückreichte. »Da können Sie aber stolz sein, eine so nette Tochter zu haben. Sie wird doch sicher einmal nach Hause kommen in den Ferien, nicht wahr?«
»Natürlich, und sie wird sehr überrascht sein, Sie wiederzusehen, Herr Graf. Wir haben ihr gestern den Tod Ihres Vaters mitgeteilt und angedeutet, dass Sie bestimmt zum Begräbnis kommen würden.«
Graf Sandor ging früh zu Bett. Die Lindemanns hatten Verständnis dafür, dass er allein sein wollte. Er war sehr müde, und er schlief sofort ein.
Auch die nächsten Tage blieb er im Gutshaus, bis im Schloss wenigstens eine Reihe von Räumen bewohnbar gemacht worden waren.
Herr Lindemann fuhr mit ihm über die Felder und Wiesen, besichtigte mit ihm die Viehherden und die Obstplantagen. Nachmittags saßen sie über den Büchern, damit der Graf einen umfassenden Überblick über Ein- und Ausgaben erhielt.
Zwei Tage später siedelte er in das Schloss seiner Väter über, aber die Leere des riesigen Bauwerks legte sich ihm wie ein Alb auf die Brust.
Vorerst sollte er die Mahlzeiten noch im Gutshaus einnehmen, bis sich eine Köchin und ein Hausmädchen für ihn gefunden hatten und auch ein Gärtner engagiert war, der den Park einigermaßen in Ordnung bringen sollte.
Die Beisetzung der Urne des Grafen Stefan von Tihany fand ohne die Anwesenheit seiner Witwe, Gräfin Coletta, statt. Sie ließ durch einen Boten dem Grafen Sandor einen Brief überreichen, in dem sie ihm in betrübten Worten mitteilte, dass sie erkrankt sei und daher leider nicht an dieser Feier teilnehmen könne. In Gedanken sei sie jedoch bei dem Toten, der nun in einem Erbbegräbnis die letzte Ruhe fände.
Der Schmerz um den Verstorbenen habe ihre Gesundheit doch stark angegriffen, sodass sie dringend der Ruhe bedürfe. Die vielen Beileidsbesuche hätten an ihren Nerven gezerrt, und daher werde es wohl leider noch etwas dauern, bis sie sich wiedersehen könnten. Sie hoffe, dass er sich inzwischen in Tihany eingelebt habe!
Welch ein Hohn, dachte Graf Sandor zähneknirschend. Er glaubte ihr kein Wort, sondern war davon überzeugt, dass sie nur aus Angst vor ihm und seinen berechtigten Vorwürfen nicht gekommen war.
So stand er allein als Hinterbliebener vor der Gruft. Der Pfarrer von Neuburg hielt eine lange Rede, und die wenigen Angestellten und Arbeiter des Gutes standen stumm dabei.
Von diesem Tag an versuchte Graf Sandor, das angetretene Erbe zu verwalten, so gut es ging.
Auf eine