Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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Mehr gibt der alte Kasten net her.«

      Als sie endlich den Hof erreichten, goss es bereits in Strömen. Klaus steuerte den Traktor in die Scheune, deren großes Tor von einem Knecht aufgehalten wurde. »Kannst jetzt ins Haus gehen, den Rest kann ich machen«, rief der Bauer ihm noch zu. Dann stellte er den Motor ab und sprang he­runter, um das Tor zu schließen.

      Jetzt war das Unwetter direkt über ihnen. Gerade noch hatten sie es geschafft, ein Dach über dem Kopf zu erreichen. Es stürmte, blitzte und donnerte. Einige Male war der Donnerschlag so heftig, dass der Boden vibrierte.

      Martina spürte, wie Panik in ihr aufstieg. Seit sie einmal gesehen hatte, wie ein Blitz ins Nachbarhaus einschlug, da hatte sie noch mit der Mutter in München gelebt, fürchtete sie kaum etwas so sehr wie Unwetter.

      Zitternd stand sie, an einen Tragebalken gelehnt, und hielt sich die Hände vors Gesicht. Bei jedem Blitz zuckte sie zusammen, obwohl sie versuchte, ihre Angst nicht so deutlich zu zeigen.

      Beim nächsten Blitz jedoch erschrak sie so sehr, dass sie einen leisen Schrei ausstieß. Das war nicht wegen des Gewitters, sondern wegen des Mannes, der mit einem Mal vor ihr stand. Sie hatte ihn nicht kommen gehört, denn der Regen prasselte jetzt so laut auf das Scheunendach, dass außer diesem Geräusch gar nichts sonst zu hören war.

      Fest presste sie ihre beiden Hände vors Gesicht. Ihr Herz klopfte so heftig, dass sie gar nicht so schnell atmen konnte. Was wollte er? Warum stand er vor ihr und schaute sie schweigend an?

      Plötzlich spürte sie seine Hände auf den ihren. »Tina«, sagte er in einer Lautstärke, die sie gerade so hören konnte. »Musst keine Angst haben, Tina. Ich bin ja bei dir.« Noch ehe sie reagieren konnte, spürte sie, wie seine Arme sie fest umschlossen.

      Ohne nachzudenken ließ sie es geschehen. Sie lehnte sich an ihn, legte ihren Kopf an seine Schulter und hielt noch immer die Augen geschlossen. Sie konnte sein Rasierwasser riechen, das Heu und den frischen Schweiß des harten Arbeitstages. Aber selbst das war ihr angenehm, denn dieser Geruch vermittelte Vertrautes, eine Nähe zu einem Menschen, dem ihr Herz mehr und mehr zuflog.

      Nach einiger Zeit lockerte sich sein Griff, so wie auch das Unwetter sich abschwächte. Doch noch immer lag sein Arm um sie, jedoch so, dass er in ihr Gesicht sehen konnte, soweit dies die dämmerige Beleuchtung in der Scheune erlaubte. »Besser?«, fragte er und lächelte kaum merklich.

      Sie nickte. »Ja, das Gewitter scheint vorbei zu sein.«

      »Und es ist nix passiert.« Er lachte leise in sich hinein. »Wa­rum hast du solche Angst davor?«

      Sie erzählte ihm von dem fatalen Blitzeinschlag im Nachbarhaus, den sie als Jugendliche erlebt hatte. »Das war so furchtbar, als das ganze Haus danach in Flammen aufging«, beendete sie ihre Erzählung, »dass ich seitdem eine richtige Panik bekomme, wenn ein Gewitter kommt.«

      »Jetzt kann ich dich besser verstehen«, sagte er leise und hielt sie noch immer fest. »Weißt, dass es für mich ein sehr schönes Gefühl war, dich beschützen zu dürfen«, fragte er aus seinen Gedanken heraus.

      »Warum?«

      »Heut hab’ ich dich anders erlebt als sonst. Du warst einfach nur du, weder meine ungeliebte Stiefschwester noch die Stief­tochter meines Vaters noch meine Widersacherin oder Feindin. Du warst einfach Martina, die sich gefürchtet hat. Und das war eine ganz neue Erfahrung für mich.« Sein Blick versank in dem ihren.

      Martina hielt den Atem an. Würde er sie jetzt wieder küssen, wie schon einmal, als er sich stärker, ihr überlegen gefühlt hatte? Und wie sollte sie reagieren, wenn? Sollte sie ihn zurückweisen oder einfach nur genießen?

      Als sie seine Lippen auf den ihren spürte, beschloss sie, diesen süßen Augenblick auszukosten als das, was er war – ein wunderbares Geschenk, mit dem sie nicht mehr gerechnet hatte. Sie schloss die Augen.

      *

      Zwar hatte Martina gedacht, nach den gemeinsamen Stunden auf der Wiese beim Heueinbringen und der Zeit in der Scheune während des Gewitters würde sich an dem Verhältnis zwischen ihr und Klaus etwas ändern, doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht.

      Klaus griff sie nicht mehr an, suchte auch keinen Streit und vermied es, darauf anzuspielen, dass sie wieder gehen sollte. Aber offensichtlich ging er ihr aus dem Weg, so gut er konnte.

      Einige Tage konnte Martina das noch als Zufall abtun, denn auf dem Hof gab es im Hochsommer jede Menge Arbeit, an der sie sich inzwischen auch sinnvoll beteiligen konnte. Dennoch war der Gedanke nicht wegzuleugnen, dass Klaus die Zärtlichkeiten, die sie im Schutz der Dunkelheit ausgetauscht hatten, lieber wieder vergessen wollte.

      Einige Male überlegte Martina, ob sie den Mann darauf ansprechen sollte, doch immer dann, wenn sie den Zeitpunkt dazu für geeignet hielt, verließ sie wieder der Mut. Sie zog sich lieber in ihr Zimmer zurück und litt still vor sich hin.

      Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Sie wollte unbedingt wissen, was geschehen war. Doch mit Fragen hätte sie nichts erreicht, so gut kannte sie Klaus bereits. Doch diesen Zustand des Schweigens konnte sie auch nicht mehr länger ertragen.

      Nach einigen durchwachten Nächten, in denen sie sich wiederholt fragte, was sie falsch gemacht hatte, stand ihr Entschluss fest. Der Tag des Abschieds war gekommen. Dieses Mal würde sie sich nicht mehr von ihm umstimmen lassen.

      Es war ein Donnerstag, als sie anfing, wahllos ihre Kleidungsstücke in die Reisetaschen zu werfen. Eigentlich war sie ziemlich ordentlich und ging sehr pfleglich mit ihrer Kleidung um, doch mit einem Mal war ihr alles gleichgültig.

      Bis zum Nachmittag war sie fertig. Eigentlich hatte sie vorgehabt, heimlich zu verschwinden, ihm nur einen Brief zu hinterlassen, in dem sie ihm alles mitteilte, was ihr auf der Seele lag. Diesen ständigen Stimmungswandel seinerseits konnte sie jedenfalls nicht mehr länger ertragen. Ein ständiges Wechselbad der Gefühle.

      Überzeugt davon, dass Klaus noch auf dem Kartoffelacker war, packte sie, ohne besondere Vorsicht, ihre Taschen in ihr kleines Auto, mit dem sie auch vor Wochen hier angekommen waren. Jetzt würde es sie wieder nach Hause zurück bringen.

      Nach Hause…

      Wo war eigentlich ihr Zuhause? Früher hatte sie immer gedacht, ihre kuschelige Wohnung in Starnberg, nicht sehr weit vom See entfernt, wäre dieses Heim, in dem sie sich noch lange Zeit wohlfühlen konnte. Inzwischen aber hatte sich alles verändert, am meisten jedoch ihre Sehnsucht nach einem gemütlichen Nest, in dem sie zu Hause war. Ihre Wohnung in Starnberg jedenfalls war nicht mehr dieses Nest.

      Als sie die letzte Tasche im Auto verstaut hatte, war sie überzeugt davon, dass jetzt die Stunde des Abschieds gekommen war. Sie stand vor der offenen Autotür und schaute sich noch einmal um. Den Abschiedsbrief an Klaus hatte sie auf den Küchentisch gelegt, den an ihre Mutter in deren Nachttischschublade. Sie würde sich bestimmt melden, wenn sie von der Hochzeitsreise zurück war.

      Tränen verschleierten ihren Blick, als sie einstieg. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und startete. Das kleine Auto setzte sich in Bewegung und niemand kam, um sie aufzuhalten. Jetzt liefen die Tränen über ihre Wangen, aber da sie keiner sehen konnte, störte es sie auch nicht.

      Plötzlich fuhr ein Auto auf den Hof, das sie kannte. Es war das Polizei­auto von St. Johann. Und sie erkannte auch die beiden Insassen. Es waren Sebastian Trenker, der Pfarrer, und sein Bruder Max, der Polizist. Was wollten sie hier?

      Pfarrer Trenker

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