Befreite Schöpfung. Leonardo Boff

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Befreite Schöpfung - Leonardo Boff

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hervorragende Beispiele für einen solchen Zwang, den man auf ganze Völker und Staaten ausübt. In einem allgemeineren Sinn macht sich der Kapitalismus die ungleiche Arbeitsteilung als eine Struktur zunutze, um sich Reichtum anzueignen. Die Entlohnung der Arbeiter ist geringer als der Wert, den sie produzieren, was die Kapitalakkumulation ermöglicht. Die Ausbeutung der Frauen und der Ökosysteme ist sogar noch größer, denn ihr Beitrag zur Wirtschaft wird ganz einfach nicht als solcher anerkannt (er wird etwa durch Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt verschleiert).

      „Dies setzt jedoch das Verständnis voraus, dass die Frauenunterdrückung heute ein wesentlicher Bestandteil der kapitalistischen (oder sozialistischen) patriarchalischen Produktionsverhältnisse ist. Sie ist Bestandteil des Paradigmas ewigen Wachstums, stetig sich vergrößernder Produktivkräfte, einer unbeschränkten Ausbeutung der Natur, einer unbeschränkten Warenproduktion, stetig sich ausbreitender Märkte und unendlicher Akkumulation des fixen Kapitals …“ (1989, 36)

      „[Es wurde mir klar], dass die Frauen in ihrem Kampf um die Wiedergewinnung ihrer Menschlichkeit nichts aus der Fortschreibung dieses Paradigmas gewinnen können. Überall würden Feministinnen gut daran tun, den vom wissenschaftlichen Sozialismus formulierten Glauben aufzugeben, dass der Kapitalismus durch seine Gier nach unaufhörlicher Akkumulation oder ‚ewigem Wachstum‘ die Voraussetzung für die Frauenbefreiung geschaffen hat, die dann unter dem Sozialismus verwirklicht werden kann. Heute ist mehr denn offenbar, dass der Akkumulationsprozess selbst überall das Innerste des menschlichen Wesens zerstört, weil er auf der Zerstörung der Souveränität der Frauen über ihr Leben und ihre Körper aufbaut. Da Frauen für ihr Menschsein nichts aus der Fortsetzung des Wachstumsmodells gewinnen können, sind sie in der Lage, die Perspektive einer Gesellschaft zu entwickeln, die nicht auf Ausbeutung von Natur, Frauen und fremden Völkern beruht.“ (Mies 1989, 8–9)

      Es ist daher einfach nicht möglich, dass Frauen die Ausbeutung und Unterdrückung im Kontext des herrschenden ökonomischen Paradigmas abschaffen. Ebenso ist es unmöglich, die Unversehrtheit der umfassenderen planetarischen Gemeinschaft innerhalb dieses Rahmens zu schützen. Aus ökofeministischer Sicht ist ein umfassender Kampf erforderlich, der die Beziehung zwischen Männern und Frauen, zwischen Mensch und Natur und zwischen Nord und Süd verändert.

      Jenseits des Kapitalismus: Ökofeministische Perspektiven

      Welche Art von Alternative könnte der Ökofeminismus ins Auge fassen, um das gegenwärtige System des weltweiten Kapitalismus der Konzernherrschaft zu ersetzen? Anstelle der räuberischen Produktion auf der Grundlage von Ausbeutung strebt der Ökofeminismus eine neue Wirtschaft an, die grundlegend auf die Produktion und den Erhalt von Leben ausgerichtet ist. Anstelle von Ausbeutung werden die wirtschaftlichen Beziehungen von Gegenseitigkeit geprägt und nicht hierarchisch sein. Dies gilt sowohl für das zwischenmenschliche Verhältnis als auch für die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Deshalb werden kolonisierende dualistische Aufspaltungen wie etwa die zwischen Mann und Frau oder Menschheit und Natur genauso abgelehnt wie solche, die auf Klassenzugehörigkeit oder ethnischer Zugehörigkeit beruhen. Ebenso wird die Vorstellung eines grenzenlosen Wachstums und Fortschritts als gefährliche Illusion durchschaut, die Ungleichheit und Zerstörung bewirkt. Die Erde wird als endlich akzeptiert, und die Menschheit strebt danach, in Harmonie mit ihr zu leben. (Mies 1989, 278)

      Ein zentrales Element dieser neuen Sichtweise ist ein neues Verständnis der Arbeit. Ziel menschlicher Anstrengung ist nicht mehr ein Wachstum im Sinne einer quantitativen Zunahme zum Zweck der Kapitalakkumulation, sondern vielmehr die Stärkung von Lebensprozessen und die Förderung menschlichen Glücks. Das bedeutet auch, dass Arbeit nicht mehr als eine bloße Last betrachtet wird, sondern als ein Ganzes, das sich aus Freude und notwendiger Mühe zusammensetzt.

      Innerhalb einer solchen Sichtweise erlangt Arbeit in direktem, sinnlichem Kontakt mit der Natur einen besonderen Wert. Maschinen und Technik können weiterhin ihre Rolle spielen, doch ihr Zweck ist es nicht mehr, uns von der organischen Materie, lebenden Organismen oder der materiellen Welt fernzuhalten. Arbeit muss zuerst und vor allem sinnvoll sein, muss etwas Nützliches und Notwendiges für die Produktion oder Erhaltung des Lebens darstellen. Das bedingt auch eine neue Auffassung von Zeit: Wir teilen sie nicht mehr in Arbeit und Freizeit auf, sondern verteilen eher beide in freier Weise.

      Die Prozesse von Produktion und Konsum müssen wieder zu einer Einheit zusammengeführt werden, und Ortsgemeinden müssen auf regionaler Ebene eine Wirtschaft aufbauen, die sich im Wesentlichen selbst trägt und in der das, was von der Gemeinschaft produziert wird, auch von ihr konsumiert wird. Eine solche neue Form von Arbeit kann jedoch nicht entstehen, solange die bestehende, am Geschlecht orientierte Arbeitsteilung nicht beseitigt ist. Mies hält daran fest, dass die Umgestaltung der geschlechtlichen Arbeitsteilung, wie sie derzeit existiert, tatsächlich im Zentrum des gesamten Prozesses eines Neuentwurfs der Ökonomie stehen muss:

      „Jedes Streben nach ökologischer, wirtschaftlicher und politischer Autarkie (Selbst-Genügsamkeit) muss mit dem Respekt vor der Autonomie des Körpers der Frauen, ihres produktiven Vermögens, neues Leben zu schaffen und Leben durch Arbeit zu erhalten, und ihrer Sexualität beginnen. Eine Veränderung der bestehenden geschlechtlichen Arbeitsteilung würde zuallererst bedeuten, dass die Gewalt, welche das kapitalistisch-patriarchalische Mann-Frau-Verhältnis charakterisiert, weltweit abgeschafft würde, und zwar nicht durch Frauen, sondern durch die Männer.“ (1986, 222)

      Rosemary Radford Ruether (1994) spricht nicht nur von der Notwendigkeit einer Neubewertung der sexuellen Arbeitsteilung, sondern der Geschlechterrollen allgemein. Frauen müssen Autonomie und Individualität in ihrem Leben stärken, doch dies sollte nicht mittels einer Praxis der Herrschaft (Selbstbehauptung auf Kosten anderer) geschehen, sondern vielmehr auf die Weise, dass man verbindende Wege findet, im Kontext einer Leben fördernden Gemeinschaft zugleich eine Person für andere und für sich selbst zu sein. Ruether stimmt mit Mies jedoch darin überein, dass sich die erste Veränderung in der Lebensweise der Männer vollziehen muss. Männer müssen „die Illusion eines autonomen Individualismus überwinden, samt dessen Ausweitung in die egozentrische Macht über andere, angefangen bei der Frau, mit der er verbunden ist“ (1994, 278). Die beste Art, dies zu bewerkstelligen, ist es ihrer Meinung nach, wenn Männer ohne Vorbehalte Leben fördernde Beziehungen mit Frauen eingehen und sich an Aufgaben wie der Sorge um die Kinder, Waschen, Kochen, Nähen und Saubermachen beteiligen:

      „Nur wenn Männer voll in die Kultur des Alltagslebens eingebunden sind, können Männer und Frauen zusammen das größere System des wirtschaftlichen,

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