Befreite Schöpfung. Leonardo Boff

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Befreite Schöpfung - Leonardo Boff

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global geworden.

      Die Verbindung von Patriarchat und Anthropozentrismus

      Der Ökofeminismus verbindet die Einsichten aus Feminismus und Tiefenökologie zu einer neuen Synthese und behauptet eine dynamische Verschränktheit von Patriarchat und Anthropozentrismus. Aus einer ökofeministischen Perspektive ist es kein purer Zufall, dass das westliche patriarchalische Denken die Frauen mit der Natur identifizierte: Diese gesellschaftliche Konstruktion diente dazu, beide gleichzeitig auszubeuten und zu beherrschen, da sie beide als den Männern unterlegen aufgefasst werden. Vandana Shiva schreibt: Die Metaphern und Begriffe eines Verstandes, der von der feministischen Perspektive unbeeinflusst ist, hatten zur Grundlage, dass Natur und Frauen als wertlos, passiv und letztlich verzichtbar betrachtet wurden.“ (1989 b, 223) Sowohl die Frauen als auch die Natur werden als passiv betrachtet, während die Männer als rational, stark und emotionslos gelten. In einer patriarchalischen Gesellschaft wird die gesellschaftlich konstruierte Rolle des Mannes als überlegen gewertet, während die Frauen und die Natur grundsätzlich als Ausbeutungsobjekte angesehen werden. Deshalb behaupten Ökofeministinnen, dass es weitaus zutreffender ist, von Androzentrismus (Männerzentriertheit) anstelle von Anthropozentrismus zu sprechen. Charlene Spretnak meint:

      „Die moderne technokratische Gesellschaft ist vom patriarchalischen Herrschafts- und Kontrollwahn durchdrungen. Beide (stützen) ein Managerethos, welches Produktionseffektivität und kurzfristige Gewinne über alles andere setzt: über ethische und moralische Standards, über die Gesundheit des Gemeinwesens, und über die Intaktheit aller biologischer Prozesse, besonders derer, welche die grundlegende Kraft des Weiblichen ausmachen. Die Experten, die unsere Gesellschaft lenken, wollen sich ihrer Ängste vor der Natur entledigen, mit der sie keine echte Beziehung oder tiefe Verbindung haben […]. Der Ökofeminismus sagt, dass uns dieses System zum Ökozid und zur Selbstvernichtung der Gattung Mensch hinführt, da es auf Dummheit, Angst, Wahnvorstellung und Gier gründet.“ (1990, 9,8)

      Für den Ökofeminismus ist daher der Schlüssel für die Befreiung der Frau und der umfassenderen planetarischen Gemeinschaft die Beseitigung der Grundlagen von Patriarchat und Androzentrismus selbst und damit die Beendigung aller Arten von Herrschaft, insbesondere derjenigen der Männer über die Frauen und die außermenschliche Welt. Damit will er den inneren Wert aller Natur ins Recht setzen und gleichzeitig „die Kultur und das Handeln der Frauen aufwerten“ (T. Berman 1993, 16)

      Die Analyse erweitern

      Zugleich behauptet der Ökofeminismus, dass dieselbe Logik, die der Unterdrückung der Frauen und der Natur zugrunde liegt, mit leichten Abwandlungen auch dazu dient, Unterdrückung aufgrund von Rasse, Klasse und sexueller Orientierung zu rechtfertigen. Genauso wie die Frauen und die Natur als schwach, passiv und von niedrigerem Wert angesehen werden, werden auch „Nichtweiße“ als dem Tierreich näherstehender und weniger „zivilisiert“ als Weiße dargestellt. In ähnlicher Weise werden Menschen aus der Arbeiterklasse in die Nähe von „primitiven“ tierischen Instinkten gerückt und als solche beschrieben, die sehr schnell „Proletarier“ produzieren (das Wort „Proletarier“ leitet sich vom lateinischen „proles“, Nachkommen, her; Proletarier waren ursprünglich die besitzlosen Klassen, die nichts anderes hatten als ihre proles, ihren Nachwuchs; d. Übers.). Schwule Männer werden dafür verurteilt, dass sie „feminine“ Verhaltensweisen annehmen, während lesbische Frauen ihrerseits dafür verurteilt werden, dass sie in männliche Rollen schlüpfen. In all diesen Fällen ist dieselbe Logik des herrschenden patriarchalischen Geistes bestimmend.

      In vieler Hinsicht erweitert also der Ökofeminismus den Blickwinkel der Tiefenökologie, indem er die Verbindungslinien zwischen allen Systemen von Herrschaft und Kontrolle zieht. Gleichzeitig versucht der Ökofeminismus einen Abstraktionsgrad zu überwinden, den man bei so mancher tiefenökologischer Vorstellung einer allgemeinen Identifikation mit der Natur vorfindet. Ökofeministinnen zeichnet insbesondere aus, dass sie betonen, es sei eine emotionale Bindung an reale Orte und reale Menschen nötig, um das Handeln für Gerechtigkeit und ökologische Harmonie zu inspirieren. Wir müssen in wirklichen Erfahrungen verwurzelt sein und dürfen uns nicht einfach mit einer Abstraktion identifizieren, wenn wir uns selbst der Ehrfurcht, dem Wunder und dem Einfühlungsvermögen öffnen, die uns tragen können. „Die Gefahr einer abstrakten Identifizierung mit dem ‚Ganzen‘ besteht darin, dass sie die Existenz unabhängiger Lebewesen nicht wahrnehmen oder respektieren kann […]. Unser tiefes, ganzheitliches Bewusstsein von der gegenseitigen Verbundenheit allen Lebens muss ein gelebtes Bewusstsein sein, das wir sowohl im Verhältnis zu einzelnen Seinsformen als auch zum größeren Ganzen erfahren.“ (Kheel 1990, 136–137)

      Eine ökofeministische Perspektive kann Einsichten vermitteln, die uns helfen können zu erklären, wie Gier, Ausbeutung und Herrschaft einen so gewaltigen Einfluss auf das wirtschaftliche, politische und kulturelle System gewinnen konnten, dem die meisten Gesellschaften unterworfen sind. Insbesondere verhelfen uns diese Einsichten zum Verständnis dessen, wie die Grundüberzeugungen, Grundannahmen und „Werte“ der herrschenden globalen (Un-)Ordnung aus der Dynamik von Patriarchat und Anthropozentrismus (bzw. Androzentrismus) hervorgehen.

      Für ein solches Verständnis ist es hilfreich, die historischen Ursprünge und die Entwicklung von Patriarchat und Anthropozentrismus zu betrachten. Dies wiederum macht den Prozess sichtbar, in dessen Verlauf diese gesellschaftlichen Konstrukte entstanden, und es liefert Anhaltspunkte dafür, wie von Gerechtigkeit, Gleichheit und Nachhaltigkeit geprägte Alternativen geschaffen werden können, um sie abzulösen.

      Die Anfänge des Patriarchats

      Um das Jahr 5000 v. Chr. jedoch drang das Patriarchat allem Anschein nach in Europa und den Mittleren Osten ein. In Zentralasien könnte es möglicherweise schon früher entstanden sein, in vielen anderen Gesellschafen der Welt erst wesentlich später, oftmals vermittels Invasion und Kolonisierung. (Es gibt jedoch auch Gesellschaften, wie zum Beispiel die balinesische oder die der Kung-San in der Kalahari-Wüste im südlichen Afrika, die sich bis heute weitgehend ein von Gleichheit geprägtes Beziehungsgefüge zwischen den Geschlechtern bewahrt haben.)

      Maria Mies geht davon aus, dass das Patriarchat zuerst unter Hirtengesellschaften Fuß fasste. Als die Männer die Reproduktionsprozesse bei Tieren zu beobachten und zu verstehen begannen, wurden sie sich ihrer eigenen Rolle im Zeugungsprozess bewusst. Dies führte zu einer Veränderung in ihrem Verhältnis zur Natur und zu einer neuen sexuell bestimmten Arbeitsteilung. Innerhalb einer Nomadengesellschaft in häufig trockenen Regionen wurde die traditionelle Rolle der Frau als Sammlerin von Nahrungsmitteln zweitrangig. Deshalb wurde den Frauen eine untergeordnete Stellung als Hüterinnen der Kinder zugewiesen. Eine neue Produktionsweise, die auf Zwang, Kontrolle und Manipulation beruhte, entstand.

      In Ackerbaugesellschaften könnte das Patriarchat im Zuge der Erfindung des Pflugs entstanden sein. Rosemary Radford Ruether schreibt:

      „Der Pflug war das Instrument der männlichen Vorherrschaft über die Tiere und über das Land. Zusammen mit dem Schwert dienten diese Geräte den Männern als Mittel zur Eroberung

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