Bittere Orangen im Glas. Frank Winter
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Читать онлайн книгу Bittere Orangen im Glas - Frank Winter страница 6
»Du sprachst mit beiden?«
»Naturalmente. Wofür gibt es Telefone?«
MacDonald lachte.
»Brauchst gar nicht zu kichern. Stimmt doch!«
»Was schwebt dir vor?«
»Minestrone, anschließend eine schöne Portion Pasta.«
»Ich bezog mich auf den Fall, nicht euren Lunch.«
»Zur Princess Street fahren und mit dem Mädchen reden.«
»Soll ich dich begleiten?«
»Hab’ nichts dagegen. Aber was ist mit deinen Blutorange-Marmeladen?«
»Sagen wir, ich bilde mich in Miss Apolonias Geschäft weiter.«
Ihren dritten Edinburgher Shop hatte Miss Hope-Weir auf der Princess Street eröffnet. Angesichts der Mieten war das gewagt. Doch der Erfolg gab ihr Recht. Alle Filialen in Großbritannien waren im gleichen Stil gehalten, scharlachrot und grün die dominierenden Farben. Was man für kühl geplantes Corporate Design hätte halten können, entstand aus der Not. In ihrem ersten Geschäft waren die Wände feucht und nur mit dunkelroter Farbe konnten viele Flecken übertüncht werden. Wo das nicht gelang, nagelte Apolonia grüne Holzlatten an die Wand. Voilà, der Shop-Stil war geboren. MacDonald sagten allzu aufdringliche Farben nicht zu und er kam sich wie im Indoor-Erdbeerfeld vor. Allerdings entsprach es der positiven Verrücktheit der Marmeladen. »Chili Amboss« wurde etwa mit Hokkaido-Kürbis, Schokolade und scharfen, roten Schoten eingekocht. Warum hatte sich noch niemand als Konkurrent betätigt? Sollten die Störaktionen der Auftakt sein?
»Redest du mit mir?«, fragte Alberto, der im Doppeldeckerbus neben ihm saß.
»Gewiss.« Sein Freund hatte glücklicherweise nicht bemerkt, dass er mit sich selbst sprach. Fatale Angewohnheit, die Junggesellen mitunter entwickelten, und man sollte nicht glauben, wie schwer das Übel wieder abzuschütteln war!
»Buono. Aber der Auftakt wozu?«
»Wir müssen erwägen, dass Bösewichter Miss Apolonia und ihr Geschäft systematisch zerstören wollen.«
»Denkst du, dass es sich um misslungene Mordanschläge handelt?«
»Hoffentlich nur Einschüchterungsversuche. Gibt es in der Firma jemanden, der sie ersetzen könnte?«
»Ich weiß von keinem, der so kreativ ist. Halte dich bereit, Angus.«
»Darf ich fragen wofür?«
»Zum Aussteigen. Der Busfahrer biegt auf die Princess Street ein.«
MacDonald strich über das Revers seines Harris-Tweed-Jacketts. »Das werde ich meistern.« In Wahrheit war er für den Hinweis dankbar. Sie saßen nahe des Ausgangs, doch fuhren manche Fahrer derart hektisch, dass man sich nur bedächtig vorwärts zu bewegen vermochte. Alberto tippelte vor ihm her, sich an den beidseitigen Haltegriffen festhaltend.
Der Crazy-Jam-Shop befand sich unweit der Hanover Street. Als die beiden Detektive eintraten, bemerkten sie zwei junge Verkäuferinnen verstohlene Blicke auf ihre Chefin werfen. Sie saß auf einem alten, scharlachrot lackierten Holzstuhl, ihren Eisbeutel justierend. »Was, ihr wieder?!«
MacDonald schickte sich an, auf dem Absatz kehrtzumachen. Doch Alberto zog ihm am Ärmel.
»Erlaube mal, mein gutes Jackett!«
»Willst du schon gehen?«
»In der Tat habe ich das vor!«
Apolonia beobachtete die beiden belustigt. »Ihr solltet im Fernsehen auftreten. Wie heißen die Komiker noch mal? Einer ist so ’n Dünner und der andere …«
»Apolonia«, rief Alberto lautstark, »wie geht es dir?«
Sie zog den Eisbeutel vom Auge und grinste schief. »Nächstes Mal sollen sie mir gleich auf beiden Seiten eins verpassen.«
»Schön, dass du es humorvoll nimmst.«
»Außerdem melde ich mich zum Selbstverteidigungskurs an. Judo, Karate, Boxen oder alles drei!«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Dein Ernst! Wir duzen uns. Schon wieder vergessen, Mister Angus?«
»Es war nicht böse gemeint.«
»Siehst du! Meine Begrüßung hab’ ich auch spaßig gemeint.«
Schlagfertige junge Dame! »Konntest du erkennen, wer es war?«
»No! Wie denn? Der Mistkerl trug wieder Skimaske.«
MacDonald war entgeistert. »Davon wissen wir noch gar nichts.«
»Seid ja gerade erst ins Geschäft spaziert.«
»Angus meint, dass du uns vom ersten maskierten Bandito nichts erzählt hast.«
»Ihr habt auch nicht gefragt.«
»Das taten wir sehr wohl.«
»Ob ich den Rabasten kenn, wollste wissen, Angus.«
»Raba… bitte, was?«
»Apolonia meint Rabauke«, informierte Alberto seinen Freund.
»Ja, das war dieses ulkige Wort, Rabauke. Nö, noch nie gesehen.«
»Mit einer Skimaske auf dem Haupt ist es kaum möglich«, echauffierte MacDonald sich.
»Eben.«
»Wer war während des Vorfalls anwesend?«
»Niemand.«
»Die Uhrzeit?«
»Als ich’s Geschäft aufschloss.«
»Um neun Uhr?«
»No, bin immer ein bisschen früher da. So zwanzig vor wird’s gewesen sein.«
»Ja …«, sagte Alberto aufmunternd.
»Der Kerl tippt mir beim Türöffnen auf die Schulter, ich dreh mich um und krieg mein zweites Blauauge.« Sie zeigte auf die unschöne Verfärbung.
Vitiello legte ihr tröstend den Arm auf die Schulter. »Hat jemand den Vorfall mitbekommen?«
»Weiß nicht.«
»Eventuell Passanten, die zufällig vorüberschritten?«
Apolonia wandte sich an Alberto. »Was sagt er?«
»Shopper.«
»Nö, hat keiner was gesehen.«
»Du hast demnach mit jemandem gesprochen?«
»Sisi,