100.000 Tacken. Reiner Hänsch

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100.000 Tacken - Reiner Hänsch

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da irgendwas mit dem Abfluss nicht stimmt. Wir wollen es aber auch nicht sehen, schon gar nicht, nachdem Herr Bolschakow es benutzt hat. Ist sicher auch nicht nötig. Ist halt ein Bad.

      Und dann geht es wieder zurück in den Flur und wir erkennen im Vorbeigehen aus den Augenwinkeln in der Küche in einer Ecke ein offenes Feuer, über dem ein großer Topf hängt, in dem es kräftig brodelt. Lagerfeuer. Ich denke, hier wird sicherlich gerade ein schmackhaftes, typisch türkisches oder auch indianisches Gericht zubereitet.

      Nun ja, etwas ungewöhnlich vielleicht, da die Küche doch sicher auch über einen funktionierenden Herd verfügt, auf dem man Wasser zum Brodeln bringen könnte, aber vielleicht kennen wir uns ja nur nicht gut genug mit der fremdländischen Kochkunst aus und man will sich da ja nicht gleich einmischen. Es ist sicher eine ganz besondere Köstlichkeit, die die Familie an ihre ferne Heimat erinnert, die sich auch nur so zubereiten lässt und die heute Abend bei einer politischen Diskussionssendung oder einem Tierfilm vor dem Riesenfernseher verspeist wird. Aber vielleicht habe ich das auch nicht richtig gesehen mit dem Feuer. Wahrscheinlich.

      Ach, ist das schön. Familie, Kinder, gemeinsam kochen …

      Herr Dunkeloh schließt mit weit aufgerissenen Augen in Lichtgeschwindigkeit die Küchentür und raunt Frau Göktürk sehr aufgebracht etwas zu. Ich höre nur so was wie „… verrückt geword’n?“ und „… abfackeln?“, und Frau Göktürk sagt nur: „Mach immer so!“ – und damit ist die Sache erledigt.

      So. Vielen Dank, liebe Frau Göktürk. Wir haben ja alles gesehen. Sehr schön geschnitten, Ihre Wohnung übrigens. Vergessen Sie Ihren Tomahawk nicht, bevor Sie das Haus verlassen!

      Als wir die Toilette der Göktürk-Wohnung passieren, dringt durch die fest verschlossene Tür eine geheimnisvolle, fremde Melodie. Es ist etwas Russisches, und wenn ich mich nicht täusche, heißt dieses Lied, das der Herr Bolschakow da voller Sehnsucht nach seinem schönen weiten Land vor sich hinsummt, „Die Wolgaschiffer“.

      Ich glaube ja. Na, macht ja auch irgendwie Sinn.

      Dann stehen wir wieder im Treppenhaus, und ein etwas desolat, aber ansonsten recht sympathisch aussehender, leicht dicklicher Mann wankt an uns vorbei. Sicher Herr Göktürk. Die Familie ist also bald wieder vereint. Wir grüßen freundlich, aber er stiert uns nur hohl an und kratzt sich im Schritt.

      Herr Dunkeloh schwitzt schon wieder und wirkt etwas hilflos.

      „Tach, Härr Göktürk!“

      Ich weiß gar nicht, warum er so nervös ist. Läuft doch alles. Das Haus gefällt uns, oder? Steffi?

      „Die Leute sind sähr nett, müss’n Se wissen, verährtes Ehepaar Knippschild. Die Göktürks. Sähr kulltiviert, woll. Vier Kinder. Sähr ruhich und freundlich. Zahl’n immer pünktlich, woll … Se müsst’n halt ma wieder aufräum‘ und … naja … manche ham es eb’n nich so mitte Ordnung. Se wiss’n schon.“

      Ja, ja, natürlich. Bei uns ist auch nicht immer alles aufgeräumt.

      „Abba de Substanz is’ gut.“

      Na bitte, da haben wir es doch wieder. Und es beruhigt auch tatsächlich, das zu hören und zu wissen. Die Substanz ist gut!

      Gegenüber können wir die Wohnung leider gerade nicht betreten, weil ja der Nachbar, Herr Bolschakow, momentan auf dem Klo von Frau Göktürk sitzt und sonst - laut Herrn Dunkeloh - keiner zuhause ist. Okay, macht ja nichts. Wenn die Substanz gut ist.

      Dann geht es eine Etage höher. Die Raufaser des Treppenhauses ist in grellem Grün gehalten, fast Neongrün, was uns nach einer Weile eigentlich doch sehr gut gefällt, wenn man es sich richtig überlegt und die Augen sich erst mal daran gewöhnt haben. So freundlich irgendwie. Frisch, oder, Steffi? Man hört schon jetzt von oben die Geräusche einer größeren Menschenansammlung mit Marschmusik und von unten Herrn Göktürk, wie er an die Tür seiner Wohnung poltert und Frau Winnetou noch mal den Spruch von eben sagt: „Haust du ab, du Arsch. Stinks du wieder Ouzo un Takis! Komms du ssuruck, wenn nüschtern!“

      An der Tür, vor der wir nun stehen, steht auf einem handschriftlichen, ehemals sorgfältig mit Tesafilm angebrachten Zettel Panagopou … Der Rest ist abgerissen.

      „Panagopoulos“, sagt Herr Dunkeloh hastig, aber schon merklich geschwächt. „Dat sin de Betreiber von dem griechischen Restaurang da unt’n, woll. Die sin getz da unt’n. Die sin gar nich da, verstehen Se?“, sagt er noch und schüttelt heftig den Kopf, um es sich selbst glaubwürdig zu bestätigen. „Wir könn‘ da getz nich rein. Leider, woll.“ Aber er scheint ganz froh darüber zu sein.

      „Na, macht ja nichts“, sage ich, „die Substanz …“

      „… is’ einwandfrei“, ergänzt Herr Dunkeloh dankbar meinen angefangenen Satz. „Auch genauso schön geschnitt’n, wie die Wohnung vonne Göktürks. Is’ ja genau drübber, woll.“

      „Ja, ja.“

      Da öffnet sich die Tür der Wohnung gegenüber, die im unteren Bereich ein paar schwarze Brandstellen zu haben scheint, und ein weiß geripptes Unterhemd, über einen passablen Bauch gespannt, zeigt sich. Der dazugehörige kurzrasierte Kopf mit ebenso kurzem Schnauzbart ist jetzt auch da und bollert: „Wat mach’n Se da? Da is‘ keiner!“

      Aus dem Hintergrund erklingt mit reichlich Volumen schmissige Militärmusik. Der Herr ist also ein Musikfreund, wie schön.

      „Ah, Härr Horstkötter!“, dreht Herr Dunkeloh sich zu der Erscheinung um, und es sieht nicht so aus, als ob er sich über Herrn Horstkötters Anwesenheit wirklich freut. Er wischt sich nur einmal ganz kurz ein paar weitere Schweißtropfen von der Stirn und stöhnt. Er scheint es wirklich schwer zu haben heute, der Arme, obwohl es gar nicht warm ist.

      „Ich bin hier mitte neue Besitzer, Härr Horstkötter. Sie wiss’n ja, dat Haus wird verkauft, woll …“, erklärt er vage in Richtung schwitzendes Feinripphemd.

      Herr Horstkötter sieht uns abschätzend an und es ist offensichtlich, dass er uns nicht zuzutrauen scheint, als neue Besitzer über dieses Haus und besonders über ihn zu herrschen.

      „Guten Tag, Herr Horstkötter!“, grüßen wir freundlich und sagen: „Knippschild!“

      „Tach!“

      Na gut, ich weiß natürlich auch nicht, wie man so ein Mehrfamilienhaus denn nun eigentlich besitzen soll und was es bedeutet, Herr in einem dermaßen großen, von vielen fremden und fremdländischen Leuten bewohnten Haus zu sein. Wie macht Günther Jauch das eigentlich? Wie kann man diese Menschen denn nun wirklich beherrschen und führen? Und muss man das eigentlich, oder kann man sie auch einfach so sich selbst überlassen? Ich habe da keinerlei Erfahrungen. Das muss ich zugeben.

      „Hier muss wat passier’n!“, sagt Herr Horstkötter dann ohne Übergang und meint anscheinend, dass das schon reicht. „Hör’n Se sich dat ma an!“, sagt er und zeigt nach oben. „Die arabisch’n Terrorist’n, ja?“

      Damit meint er wohl den Lärm aus der Etage über uns.

      „Und was muss passieren?“, frage ich ihn, weil ich wirklich nicht genau weiß, was er meint. Dinge, die jetzt von Grund auf geändert werden müssten, haben wir bisher doch noch gar nicht entdeckt. Und, nun ja, aus einer der oberen Wohnungen kommt eine ganze Menge Lärm. Das stört vielleicht ein wenig, ist aber sicher nur sporadisch. Aber sonst?

      „Un

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