Traum-Heiler. Robert Moss A.
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Wie alle praktischen Träumer erkennen die Hawaiianer, dass es große und kleine Träume gibt. Einem »Traum über einen wilden Meerbarben« (moe weke pahulu), der verursacht wird, wenn man etwas Falsches gegessen oder sein Essen zu schnell heruntergeschlungen hat, sollte man keine große Bedeutung beimessen. Der Ausdruck leitet sich von der weit verbreiteten Überzeugung ab, dass man krank wird und schlechte, wenn auch bedeutungslose Träume hat, wenn man Meerbarbenköpfe in der falschen Jahreszeit verspeist. Andererseits sollte man erkennen, dass ein Traum die Erinnerung an eine Reise in die Zukunft und damit äußerst wichtige praktische Informationen enthalten kann. Vor allem der »eindeutige« Traum (moe pi’i pololei), der klar ist und keiner Deutungen bedarf, ist besonders hilfreich.
Es gibt auch »Wunschträume« (moemoea), die einem etwas aufzeigen, wonach man sich sehnt. Dies kann in der normalen Realität erreichbar oder auch unerreichbar sein. Es gibt »Enthüllungen der Nacht« (ho’ike na ka po), die die Macht der Prophezeiung in sich bergen. Eine hochinteressante Kategorie hawaiischer Träume besteht aus Prophezeiungen, die als Geschenke der Schutzgeister unter den Ahnen angesehen werden und die Heilung der Beziehungen innerhalb einer Familie oder Gemeinschaft bewirken sollen. Träume werden außerdem von den aumakua zur Förderung der persönlichen Heilung geschickt.
Die Geister der Vorfahren vermitteln auch »Nachtnamen« (inoa po) für ungeborene Säuglinge, und es kursieren Warngeschichten über drohendes Unglück, das eintrifft, wenn die Eltern den Namen des Babys ignorieren, der ihnen in einem Traum mitgeteilt wurde. Die Hawaiianer achten ganz besonders auf Visionen, die in der Phase zwischen Schlaf und Erwachen auftauchen (hihi´o). Sie halten es für äußerst wahrscheinlich, dass solche Visionen klare Kommunikationen der Geister und »eindeutige« Einblicke in kommende Ereignisse enthalten.
In unseren Traumreisen können wir mit einem »Traummann« (kane o ka po) oder einer »Traumfrau« (wahine o ka po) zusammentreffen. Das mag zwar angenehm und sogar verlockend sein, doch die hawaiische Folklore lehrt, Vorsicht walten zu lassen. Wenn man zu viel Zeit außerhalb seines irdischen Körpers in seinem »Körper aus Wind« verbringt, könnte der physikalische Organismus geschwächt und schlapp werden. Außerdem sollte man sich vor Täuschern hüten, die die Gestalt verführerischer Sexpartner annehmen können, doch in Wahrheit etwas ganz anderes sind - nämlich trickreiche mo’o, eine Art Wasserkobold.
Wir sollten aus unseren saftigsten Träumen Energie für unser verkörpertes Leben schöpfen, statt sie dort zu lassen. Eine beliebte hawaiische Legende berichtet, wie eine Göttin das geschafft hat. Pele wurde auf ihrer Vulkaninsel durch rhythmisches Trommeln in der Ferne aufgeschreckt. Sie befahl ihren Dienern, sie drei Tage lang auf keinen Fall zu wecken, und ließ ihren Körper auf ihrem Bett aus Lava zurück. Dann reiste sie in ihrem »Körper aus Wind« so weit, bis sie schließlich die Quelle des magischen Trommelns fand: es war ein Luau-Fest, das ein stattlicher Prinz abhielt. Die Göttin und der Prinz verliebten sich und machten drei Tage lang stürmische Liebe. Anschließend kehrte Pele in den Körper zurück, den sie auf ihrem Lavabett zurückgelassen hatte. Da sie eine Göttin war, konnte sie arrangieren, dass ihr Prinz nach Big Island gebracht wurde, wo er fortan als ihr Begleiter mit ihr lebte. Für uns Menschen mag sich diese Art des Transfers zwar schwieriger gestalten, aber einen Versuch ist es immer wert!6
AUF DEN KORRIDOREN VON LEBEN UND TOD
Ich teile seit mehr als zwanzig Jahren Träume und Abenteuer mit Carol. Sie ist eine der Schwestern, die ich nie hatte, nach denen ich mich als Junge aber immer gesehnt habe. Als ich sie dann fand - und als Seelenschwester erkannte -, wurde eine Lücke in mir gefüllt. Wir sind die schmalen Grate der Erde miteinander gegangen. Wie so viele begabte schamanische Heiler hat Carol ein Kindheitstrauma überlebt. Wie so viele begabte Berater und Therapeuten gibt sie ihren Klienten den Willen und die Fähigkeit, Heilkräfte aus einer tieferen Quelle zu schöpfen, aus jener Tiefe, die sie »Das Mehr« des Lebens nennt.
Carol, die eine überzeugte Christin ist, war immer bereit, die schwierigsten Fragen zu stellen und sich ihnen zu stellen, wie zum Beispiel: Wo ist Gott, wenn guten Menschen schlimme Dinge zustoßen? Oder: Was passiert mit Tätern, wenn sie sterben und diese Welt unverändert verlassen?
Die folgende Geschichte gibt eine Antwort auf die letztere Frage. Sie kommt aus den Kräften der tieferen Welt, die uns durch Träume zugänglich wird. Die Geschichte erinnert uns daran, dass uns Hilfe und Seelenheilung immer zur Verfügung stehen. Sie ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Träume die Tore zu tieferen Welten und einer tiefgreifenderen Lenkung sein können, wenn wir nur bereit sind, wieder durch diese Tore zu gehen.
Am Ende eines Sommers fand Carol eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter vor, die ihr mitteilte, dass ihr Freund Patrick an AIDS gestorben war. Während sie in dieser Nacht trauernd im Bett lag, hörte sie ein Geräusch im Zimmer und fühlte, dass jemand da war. Sie wusste jedoch, dass sie vor Einbrechern sicher war, und ließ sich schließlich in den Schlaf sinken. Als sie in der Morgendämmerung aufwachte, hörte sie wieder ein Geräusch und achtete darauf. Wie ihr klar wurde, war ihr Freund Patrick bei ihr. Er sagte ihr: »Ich habe ein Vermächtnis für dich. Sieh unter meinen alten Briefen nach.« Sie sagte ihm, dass sie alle alten Briefe weggeworfen hatte und nicht glaubte, noch Briefe von ihm zu haben. »Dann sieh in deinen alten Tagebüchern nach«, wies der freundliche Geist sie an.
Als Carol das tat, fand sie einen alten Brief von Patrick, den er (wie er erwähnte) bei Sonnenaufgang über zehn Jahre zuvor geschrieben hatte. Es war eine lyrische Schilderung seiner Gefühle, während er die Sonne über dem Meer aufgehen sah, ein Gefühl der Weite in ihm, das »dem Atem des Horizonts« begegnete.
Carol überkam ein Gefühl der tiefen Erleichterung und war sicher, dass ihr Freund sich glücklich auf eine Reise begeben hatte, um dem Atem des Horizonts zu begegnen. Es war noch früh am Morgen und sie legte sich wieder ins Bett und bat um einen Traum, der ihr die Reisen der Seele näherbringen würde.
Träumen ist reisen. In ihrem Traum kam Carol in jener Nacht an einem Flughafen an. Sie hatte ein Flugticket und einen Koffer in der Hand und war bereit zum Abflug. Doch sie hatte keine Angst, sie könnte das Flugzeug verpassen. Sie wanderte durch die Abflughalle und beobachtete das Geschehen. Sie sah, wie sich ihre Eltern auf ihren Flug vorbereiteten und fand das seltsam, da beide Eltern schon tot waren. An diesem Punkt erlebte sie eine Erleuchtung. Sie sagte sich: Das hier ist ein Traum - also ist alles möglich, auch das Reisen mit den Toten.
Carol sah sich das Flugzeug, in dem sie abfliegen würden, näher an. Es war silbern und sein Rumpf schien aus altem polierten Silber zu sein - nicht nur aus Silberfarbe, sondern aus dem kostbaren Edelmetall. Warum eigentlich nicht? Träume haben eine andere Physik. Sie machte sich wieder auf und wanderte weiter durch den Terminal. Sie kehrte zu der Nische zurück, in der sie ihren Koffer abgestellt hatte. Dann öffnete sie ihn und fand mehrere sauber zusammengefaltete Flanellnachthemden. Lachend dachte sie: Ich habe mir für diesen Winter wohl vorgenommen, viel zu schlafen und zu träumen. Sie beschloss, den Koffer dort stehen zu lassen. Ihr war, als würde sie ihn da, wo sie hinfliegen würde, nicht brauchen.
Dann ging sie auf das silberne Flugzeug zu. Eine Mitarbeiterin der Fluglinie hatte die anderen Passagiere schon an Bord geschleust und war gerade dabei, die Türen zu verriegeln. »Hey!«, rief Carol. »Ich muss in das Flugzeug! Sagen Sie ihnen, sie sollen auf mich warten!«