Original Linzer Tortur. Erich Wimmer

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Original Linzer Tortur - Erich Wimmer

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ist dieser Neffe überhaupt auf Sie gekommen?«

      »Das steht am Schluss des Briefes«, sagte Frau Rabental, »aber ich kann es Ihnen auch gerne erklären. Jorge, mein Neffe, hat einfach angefangen zu recherchieren. Er hat meinen Namen ins Internet eingegeben und ist auf die Homepage der Hauptschule gestoßen, an der ich vierzig Jahre als Werklehrerin gearbeitet habe. Dort gibt es auch ein Verzeichnis aller ehemaligen Lehrer. Von da aus war es leicht, meine Adresse herauszufinden.«

      »Voraussetzung dafür war aber«, ergänzte Korab, »dass Sie immer noch Ihren Mädchennamen tragen.«

      »Ganz genau«, bestätigte Frau Rabental, »ich habe nie geheiratet. Sie denken wirklich mit.«

      »Ja, ab hundert Euro surfe ich mit beiden Hirnhälften gleichzeitig«, sagte Korab, »aber ich verstehe noch nicht, was Frau Wagner mit dem Ganzen zu tun hat.«

      »Dann passen Sie bitte gut auf!«, forderte Frau Rabental. »Nachdem ich den Brief erhalten hatte, habe ich selbst bezüglich Dr. Johann Gruber im Internet recherchiert. Und dabei bin ich auf den sogenannten Papa-Gruber-Arbeitskreis gestoßen. Das ist eine Initiative von katholischen Laien, Kirchenhistorikern und Priestern, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Seligsprechung ihres Glaubensbruders voranzutreiben, der im KZ ermordet wurde. Und die Präsidentin dieses Vereins ist Frau Lotte Wagner. Ihr habe ich eine Kopie dieser Dokumentenseite geschickt mit der Bitte, sie möge mir sagen, ob dies tatsächlich die Schrift von Dr. Gruber sein könnte. Ich hatte ja nichts, um die Echtheit der Handschrift zu überprüfen. Und kaum hatte ich ihr geschrieben, da stand sie schon persönlich bei mir in der Tür. Sie wollte alles wissen und alles sehen. Sie hat den Brief mehrere Male gelesen und sich schon während der Lektüre kaum mehr beruhigen können. Sie war so aufgeregt, dass ich kaum vernünftig mit ihr reden konnte. Sie hat mich beschworen, meinem Neffen sofort zu schreiben und zu nötigen, er möge das Originaldokument so schnell wie möglich senden. Gleichzeitig wollte sie, dass ich niemandem auch nur ein Wort von dieser Bombe mitteile, die das Dokument ihrer Meinung nach darstellen würde. Das war ihr Sprachgebrauch. Sie hat immer wieder von einer Bombe gesprochen, die, wenn sie explodiert, einige Linzer Bürger um ihr gesamtes Vermögen bringen könnte. Die Schrift ist ohne jeden Zweifel die originale Handschrift von Papa Gruber. Das hat mir Frau Wagner anhand einiger anderer Schriftproben bestätigt. Außerdem hat sie die Kopie dem Rechtsanwalt ihres Arbeitskreises vorgelegt. Der hat gemeint, dass man mit dem Originaldokument sofort einen Antrag auf Einleitung eines Restitutionsverfahrens stellen könnte.«

      »Warum wird dieser Priester überhaupt Papa Gruber genannt?«, wollte Korab wissen.

      »Weil er sich im KZ so engagiert für die anderen Häftlinge eingesetzt hat«, sagte Frau Rabental. »Er hat es sogar geschafft, eine Suppe für die Gefangenen zu organisieren. Er war sehr stark im Leid und äußerst beliebt bei den anderen Insassen.«

      »Und jetzt glauben Sie, dass der Brief und das Dokument etwas mit Frau Wagners Verschwinden zu tun haben?«, fragte Korab.

      »Das glaube ich allerdings«, bestätigte Frau Rabental, »aber ich weiß nicht, was. Frau Wagner hat mir hoch und heilig versprochen, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Mein Neffe Jorge hat am Ende des Briefes angedeutet, dass er Geld haben möchte, falls ich am Originaldokument interessiert bin. Ich habe aber keine monetären Reserven, nur meine kärgliche Pension. Aber mit dem Dokument könnte ich die jetzigen Besitzer, diese Porofskys, auf die Rückgabe meiner Immobilie verklagen, die mir laut Erbrecht zusteht. Und für Frau Wagner wäre das Originaldokument ein ungemein hilfreicher Baustein auf dem Weg zur Seligsprechung von Dr. Gruber. Sie hat mehrmals betont, dass dieses Projekt weit mehr ist als eine Beschäftigungstherapie. Dr. Gruber war nicht einfach nur irgendein Lehrer für sie, er war, weil sie eine Waise war, so eine Art Ersatzvater. Und diesem Vater wollte sie immer ein Denkmal setzen. Das ist seit langem der einzige Sinn und das Ziel in ihrem Leben, hat sie mir erklärt, obwohl sie es zwischendurch schon aufgegeben hatte, noch an dessen Verwirklichung zu ihren Lebzeiten zu glauben. Dieses Dokument in den richtigen Händen würde nicht nur einigen Menschen wie mir ihren Besitz zurückbringen, es würde auch die Zeit bis zur Seligsprechung Johann Grubers wesentlich verkürzen.«

      »Warum würde es das?«, fragte Korab.

      »Das habe ich Frau Wagner auch gefragt«, sagte Frau Rabental. »Für eine Seligsprechung braucht es ein beglaubigtes Wunder oder den Märtyrertod für den Glauben. Das blutige Ende Dr. Grubers steht ja außer Zweifel, aber leider wurde er von der Anschuldigung, er habe sich jungen Mädchen unsittlich genähert, nie rehabilitiert. Ein konkreter Beweis für seine Unschuld würde dem Seligsprechungsprozess einen ungeheuren Schub geben. Am besten wäre natürlich das Geständnis einer dieser mittlerweile uralten Frauen, dass Dr. Grubers Verfehlung nie stattgefunden hat und eine reine Erfindung war, um ihn, den regimekritischen Priester und Volksverräter, loszuwerden und wegzusperren. So haben ihn die Nazis damals bezeichnet, wegen seiner Standhaftigkeit und Liebe zu allen Menschen, auch zu uns Juden. Frau Wagner hat nur in den allerhöchsten Tönen von ihm geschwärmt. Laut ihr war Dr. Gruber ungeheuer asketisch und todesmutig. Dass er unter Lebensgefahr Beweise für Enteignungen und sonstige an unserem Volk verübte Gräuel gesammelt hat und das bei einem derart gnadenlosen Regime, so etwas ist eine äußerst tapfere, selbstlose Tat.«

      »Aber wenn Frau Wagner das Dokument so sehr will«, begann Korab, »dann wird sie sich ja früher oder später ohnehin bei Ihnen melden, oder?«

      »Nein«, entgegnete Frau Rabental, »sie kann sich gar nicht melden.«

      »Warum?«

      »Weil ich von der Polizei beobachtet werde«, antwortete Frau Rabental, »ich vermute sogar, dass mein Mobiltelefon abgehört wird. Aber ich weiß nicht, wie sie das machen.«

      »Und wie kommen Sie zu dieser Vermutung?«

      »Weil die Polizisten immer wieder wechseln und erstaunlich aufdringlich sind. Außerdem wissen sie Details, die ich ihnen gar nicht erzählt habe.«

      »Zum Beispiel?«, fragte Korab.

      »Zuerst waren es nur zwei Beamte«, antwortete Frau Rabental. »Aber dann ist noch ein dritter gekommen. Er hat mir auf den Kopf zugesagt, dass ich mich weniger um das Seelenheil Pfarrer Grubers kümmern soll, sondern mehr um mein eigenes, dem mit einer Anklage wegen Beihilfe zum Mord nicht gerade geholfen wäre.«

      »Wie kommt der auf Beihilfe zum Mord?«, fragte Korab bestürzt.

      »Wäre Frau Wagner wirklich die Täterin«, sagte Frau Rabental, »und ich gäbe ihr Versteck nicht preis, dann könnte das ein Richter als Beihilfe zum Mord auslegen und entsprechend bestrafen. Frau Wagner und ich haben in der Gruber-Sache öfter und ausführlich miteinander telefoniert. Das haben die Ermittler durch ein Telefonprotokoll festgestellt.«

      »Und?«, fragte Korab, »Was haben Sie den Ermittlern geantwortet?«

      »Die Wahrheit. Ich habe denen die gleiche Geschichte erzählt wie Ihnen. Mit dem großen Unterschied, dass die mir höchstens die Hälfte geglaubt haben. Die sind überhaupt nicht interessiert an dem Gruber-Thema. Restitutionsgeschichten sind denen schnuppe. Das ist entsetzlich, aber wahr. Die wollen nur den Mord aufklären und Frau Wagner finden, weil sie glauben, dass sie die Mörderin ist.«

      »Haben die Ermittler das so formuliert?«

      »So direkt nicht, nein«, relativierte Frau Rabental, »aber zwischen den Zeilen habe ich schon sehr deutlich gespürt, dass die Unschuldsvermutung für Frau Wagner nur bedingt gilt.«

      »Wenn sie tatsächlich unschuldig ist«, überlegte Korab laut, »dann könnte sie sich ja stellen und der Polizei alles erklären.«

      »Dann

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