Einführung in die Publizistikwissenschaft. Группа авторов
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8.3 Mittlere Länderzahl: Kontrollierter Vergleich
Mittlere Fallzahlen sind ideal, aber an bestimmte Analysestrategien gebunden
Logik des Most Similar Systems Design (MSSD)
Bei Vergleichsstudien von 4–15 Mediensystemen ist erst recht eine bewusste Fallauswahl erforderlich. Diese Studien fussen auf sogenannten quasi experimentellen Designs. Dafür stehen verschiedene Strategien zur Verfügung: Der erste Weg besteht darin, möglichst ähnliche Mediensysteme auszuwählen; der zweite Weg darin, möglichst verschiedenartige Mediensysteme zu untersuchen (vgl. Przeworski/ Teune 1970; Jahn 2006; Landman 2008). Die erste Forschungsstrategie wird mit Most Similar Systems, Different Outcome beschrieben. Hierbei werden Mediensysteme ausgewählt, in denen der Untersuchungsgegenstand |37◄ ►38| (die abhängige Variable) in sehr ähnlichen Kontexten variiert. Es werden ähnliche Mediensysteme zum Ausgangspunkt genommen, um die groben Rahmenbedingungen für den Untersuchungsgegenstand konstant gering zu halten. Ziel ist nun die Identifikation jener Ursache, die in beiden Mediensystemen eben nicht gleich ist und dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass es zu unterschiedlichen Outcomes hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes kommt. In Abbildung 1 ist die Logik von Most Similar Systems, Different Outcome systematisch dargestellt. Verglichen werden zwei Mediensysteme, die sich in vielen Kontextfaktoren gleichen, aber in einem unterscheiden. Der Grund, warum sich im zweiten Mediensystem der Untersuchungsgegenstand X nicht herausgebildet hat liegt im Fehlen des Kontextfaktors „b“. Das grosse Problem dieser Forschungsstrategie liegt darin, wie man most similar systems erkennt bzw. bestimmt. Hierbei können Mediensystemtypologien wie die von Hallin/Mancini (2004) helfen. Beispiele für kommunikationswissenschaftliche Anwendungen des Most Similar Systems Design sind Adam (2007), Esser (2008) und natürlich Hallin/ Mancini (2004).
Abbildung 1: Erklärlogik von „Most Similar Systems, Different Outcome“
Logik des Most Different Systems Design (MDSD)
Die zweite Forschungsstrategie wird als Most Different Systems, Similar Outcome bezeichnet. Bei solchen Untersuchungen von extrem heterogenen Mediensystemen besteht das Ziel darin, in der Fülle von Unterschieden jenen gemeinsamen Faktor zu finden, der dann als ursächlich (im Sinne einer hinreichenden Bedingung) für einen überall vorgefundenen, ähnlichen Outcome gelten kann. In Abbildung 2 ist „a“ der verursachende Faktor, der in den ansonsten unterschiedlichen Mediensystemen 3 und 4 dafür sorgt, dass sich Outcome X in beiden zeigt; Mediensystem 5 dient als Prüffall zur Bestätigung dieser Schlussfolgerung. Kommunikationswissenschaftliche Beispiele für Most Different Systems Designs legten Swanson/Mancini (1996), Norris/Inglehart (2009) sowie Hanitzsch/Seethaler (2009) vor.
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Abbildung 2: Erklärlogik von „Most Different Systems, Similar Outcome“
MSSD und MDSD sind Idealvorstellungen, die adaptiert und kombiniert werden können
Beide Forschungsstrategien, Most Similar und Most Different Systems Design, werden in der Praxis dadurch verkompliziert, dass es nie nur eine Ursache für ein erklärungsbedürftiges Phänomen gibt, sondern immer eine Konstellation mehrerer Ursachen. Beide Designs sind demnach als Idealvorstellungen anzusehen, die sich nur selten in Reinform realisieren lassen. Um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Forschungsstrategien auszugleichen, kombinieren viele Studien die Logik von Most Similar und Most Different Systems Design.
Logik der Qualitative Comparative Analysis (QCA)
Es gibt eine weitere Lösung für das Problem, dass ein erklärungsbedürftiges Phänomen meist auf eine Konstellation mehrerer Ursachen zurückgeführt werden kann. Sie nennt sich Qualitative Comparative Analysis (vgl. Schneider/Wagemann 2007; Ragin 2008) und basiert auf einem anderen Kausalitätsverständnis und einer anderen Datenanalysestrategie als die beiden zuvor behandelten Strategien. Das Kausalitätsverständnis der QCA ist weniger deterministisch, indem nicht isolierte verursachende Einzelfaktoren gesucht werden (etwa „b“ in Abbildung 1), sondern grössere Konstellationen, die in bestimmten Gruppen und Kombinationen vorkommen müssen (etwa „a-b-c-d“ in Abbildung 1). Kausalität wird also nicht auf Einzelvariablen, sondern auf komplexe Konfigurationen von „notwendigen“ und „hinreichenden“ Bedingungen zurückgeführt. Für die komplexere Datenanalyse stehen speziell entwickelte Computerprogramme zur Verfügung; deren Auswertungslogik basiert auf Mengentheorie, logischer Kombinatorik und sogenannten Wahrheitstafeln. Ein kommunikationswissenschaftliches Anwendungsbeispiel der QCA ist Nguyen Vu (2010).
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9 Anwendungsfelder des Vergleichs
Zur Beantwortung der Kernfrage, inwiefern Faktoren des Kommunikationskontextes in charakteristischer Weise mit dem Untersuchungsgegenstand interagieren, sind für verschiedene Bereiche unseres Faches
Drei Anwendungsfelder, für die Mehrebenenheuristiken entwickelt wurden
hilfreiche Mehrebenenheuristiken entworfen worden. Hierzu zählt das an Stephen Reese angelehnte Modell der mehrschichtigen Einflussfaktoren im internationalen Journalismus, die Mediensystemtypologie von Daniel Hallin und Paolo Mancini sowie das Konzept des Politischen Kommunikationssystems von Jay Blumler und Michael Gurevitch. Entsprechend wenden wir uns diesen Feldern zu.
9.1 Journalismus im Vergleich
Forschungsinteresse: Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Professionskultur und Nachrichtenstilen erklären
In der komparativen Journalismusforschung geht es u. a. um die Frage, ob es eine einheitliche oder ob es unterschiedliche professionelle Einstellungen und Kulturen gibt und welche Bedeutung dies für die Produktion der Medieninhalte hat. Es spricht viel für die Annahme verschiedener professioneller Kulturen, wobei ihre Grenzen unterschiedlich bestimmt werden. So unterscheidet beispielsweise Donsbach (vgl. Donsbach/Klett 1993; Donsbach/Patterson 2003) auf Basis einer 5-Länder-Befragung von Nachrichtenjournalisten zwischen einer anglo-amerikanischen (USA, GB) und einer kontinental-europäischen (SW, D, IT) Professionskultur, wohingegen Heinderyckx (1993) auf Basis einer 8-Länder-Inhaltsanalyse von Fernsehnachrichtensendungen eine nordisch-germanische (GB, D, NL) von einer romanischmediterranen (F, IT, ES) abgrenzt. Gute Überblicke