Einführung in die Publizistikwissenschaft. Группа авторов

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Einführung in die Publizistikwissenschaft - Группа авторов

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Zwei Ansätze

      zwei verschiedene Arten gesucht werden: mittels „intensiver, fallorientierter Analysen“ für wenige Länder oder mittels „extensiver, variablenorientierter Analysen“ für viele Länder (Ragin 1987). Intensive, fallorientierte Analysen wenden eher verstehende, qualitative Verfahren an; extensive, variablenorientierte Analysen eher kausallogische, quantitative Verfahren. Beim intensiven, fallorientierten Ansatz werden die

      Fallorientierter Ansatz

      Vergleichsfälle mittels dichter Beschreibung in ihren historischen Kontext eingeordnet, ganzheitlich rekonstruiert und in ihrer eigentümlichen Bedeutung und einmaligen Gestalt erkannt und verstanden (vgl. Geertz 1973; Ragin 1989). Genau gegen diese Einzelfallorientierung wendet sich der extensive variablenorientierte Ansatz. Extensiv heisst, dass verallgemeinerbare, repräsentative Ergebnisse sowie reichweitenstarke Theorien angestrebt werden. Variablenorientiert heisst, dass mit |23◄ ►24| Forschungsfragen und Hypothesen gearbeitet wird, die der Kausallogik von unabhängigen und abhängigen Variablen folgen. Länder werden nicht aufgrund ihr Eigentümlichkeit in die Analyse aufgenommen, sondern weil sie eine interessante Kombination von Variablen aufweisen (vgl. Jahn 2006; Landman 2008).

      Variablenorientierter Ansatz

      Die variablenorientierte Kausallogik baut auf der Logik der „quasiexperimentellen“ Methode auf: Forscherteams wählen ihre Fälle bzw. Länder so aus, dass sie unterschiedliche Ausprägungen der unabhängigen, erklärenden Variablen in verschiedenen Systemkontexten entsprechen. Dazu wählen sie z. B. zwei Länder mit rein kommerziellem Rundfunksystem, zwei Länder mit rein öffentlich-rechtlichem Rundfunksystem und zwei Länder mit dualem Rundfunksystem aus. Die drei Gruppen in diesem ländervergleichenden Quasi-Experiment werden dann beispielsweise daraufhin verglichen, in welchen Intensitätsgraden sich die Systeme hinsichtlich der abhängigen Variablen (z. B. Boulevardisierung der Politikberichterstattung) unterscheiden. Ein solches quasi experimentelles Forschungsdesign mit nur sechs Fällen verbietet zwar eine streng kausale Ursachenattribution für die gefundene Varianz der abhängigen Variablen. Eine „weiche Kontrolle“ der Varianz kann aber durch systematische Berücksichtigung alternativer Erklärungen für Boulevardisierung erfolgen. Ein solches Untersuchungsdesign kann zeigen, ob es einen systematischen Zusammenhang zwischen dem Kommerzialisierungsgrad eines Rundfunksystems und dem Boulevardisierungsgrad der Politikberichterstattung gibt. Formal gesprochen, kann ein solches Untersuchungsdesign zeigen, ob es Kovarianz zwischen einer angenommenen unabhängigen Variable und der gemessenen abhängigen Variable gibt. Sie ist von entscheidender Bedeutung für die Leitfrage der Komparatistik — nämlich inwiefern Faktoren des Kommunikationskontextes in charakteristischer Wechselwirkung

      „Die“ prinzipielle Logik der komparativen Kommunikationsforschung

      zu den Untersuchungseinheiten stehen. Der Vergleich bedeutet also, die Kontextbedingungen zu variieren und dann in den jeweiligen Settings zu untersuchen, inwiefern die Einstellungen und Handlungen der Akteure mit konkreten Strukturbedingungen systematisch korrespondieren (vgl. Esser 2003; Pfetsch/Esser 2003; Pfetsch 2003b). Soweit die Kausallogik, die in diesem Lehrbuchbeitrag durchgehend als „die“ Logik der komparativen Kommunikationsforschung vertreten wird.

      Lästigerweise gibt es zwei Probleme in der Praxis. Wie im genannten Beispiel ist auch sonst in der komparativen Kommunikationsforschung |24◄ ►25| ein „harter“ Kausalnachweis manchmal nicht möglich, weil zu wenige Länder in der Analyse sind. Wenn man nur wenige Länder vergleicht, können nicht alle alternativen Kausalkombinationen, die theoretisch ebenfalls zu Boulevardisierung führen können, überprüft werden. Dazu bräuchte es grosse Stichproben mit Ländern, in denen vielfältigste Konfigurationen vorherrschen. Weil die komparative Kommunikationswissenschaft aber oft nur Daten für kleine Ländersamples zur

      Kombination von variablenorientiertem und fallorientiertem Ansatz vor allem bei kleineren Ländersamples

      Verfügung hat, muss sie manchmal auch auf „weiche“ (nicht statistische) Kausalnachweise zurückgreifen. Kleine Vergleichsstudien vertrauen deshalb stärker auf den verstehend-qualitativen Ansatz. Erklärung im Rahmen des verstehend-qualitativen Ansatzes wird u. a. durch Methoden wie „pattern matching“ oder „process tracing“ erreicht. Mit process tracing ist beispielsweise eine systematische „Kausalitätsrekonstruktion“ auf der Basis von sorgfältiger Kontextbeschreibung, dem Nachzeichnen von Entwicklungspfaden, der Identifizierung von chronologischen Etappenschritten und Kausalketten sowie dem theoriegeleiteten Aufzeigen von Verursachungsmechanismen und Auswirkungen gemeint (vgl. George/Bennett 2005; Jahn 2006; Muno 2009; Rohlfing 2009).

      Der vergleichenden Forschung geht es also um Erklärung. Das bezieht sich einerseits auf den Nachweis von Kausalbeziehungen zwischen Variablen zur Überprüfung von Theorien bzw. Hypothesen (variablenorientierter Ansatz), andererseits auf das verstehende Rekonstruieren ganzheitlicher Bedeutungsprozesse (fallorientierter Ansatz). Zusätzlich geht es natürlich auch um den Erwerb spezifischer Kenntnisse über die jeweiligen Mediensysteme und Medienkulturen. Gurevitch/Blumler (2003) betonen daher zu Recht, dass vergleichende Forschung immer einen „doppelten Nutzen“ erbringen sollte. Sie soll

      Doppelter Nutzen der Komparatistik: Kontextbedingte Unterschiede in den Untersuchungsgegenständen erklären und Mediensysteme verstehen

      nicht nur darauf abzielen, einen bestimmten Untersuchungsgegenstand zu erklären, sondern auch die unterschiedlichen Systeme, in denen er untersucht wird.

      |25◄ ►26|

      4 Fachinteresse am Vergleich

      Für das gewachsene Interesse lassen sich drei Gründe benennen, die

      1. Triebfeder: Wissenschaftssysteme und Mediensysteme sind global vernetzter geworden

      eng zusammenwirken. Erstens hat das Ende des Kalten Krieges die Ost-West-Spaltung beendet, Reisemöglichkeiten der Forscher erleichtert und das Interesse an internationalen Zusammenhängen neu stimuliert. Wissenschaftskongresse sind pluralistischer und Forschungsfördermöglichkeiten grenzüberschreitender geworden; neue Kommunikationstechnologien haben den weltweiten Austausch erleichtert; das World Wide Web hat den Zugang zu Daten und Wissensbeständen anderer Länder begünstigt. Nicht nur das Wissenschaftssystem, auch das Mediensystem ist globaler geworden. Dies hat das Bewusstsein für die Relevanz kultureller Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten erhöht. Die ökonomische und technologische Seite der Massenkommunikation ist weltweit vernetzt, wie die Transnationalisierung von Medienkonzernen

      2. Triebfeder: Führen transnationale Diffusionsprozesse zur Angleichung der Systeme?

      und Medienregulierungsfragen zeigt. Zweitens hat die Dynamisierung der internationalen Entwicklungen und die damit verbundenen Entgrenzungs- und Transformationserfahrungen den Operationsmodus des Vergleichens zu einer Dauernotwendigkeit gemacht. Gerade Prozesse gesellschaftlichen Wandels haben das Interesse am Vergleich befördert. Der Besorgnis über die Möglichkeit der Untergrabung nationaler Medienkulturen durch US-Einflüsse („Amerikanisierung“), Furcht vor der Aufweichung nationaler Kommunikationstraditionen durch den Einfluss der Europäischen Union („Europäisierung“) oder dem vermeintlichen Zwang zur Anpassung an die Erfordernisse der weltweiten Medienökonomie und Kommunikationstechnologie („Globalisierung“) begegnet die Publizistikwissenschaft mit international vergleichenden Studien. Die entscheidende Frage lautet hier, ob es im Zuge dieser Strömungen zu einer internationalen Konvergenz der Kommunikationsarrangements kommt oder ob nationale Distinktionen und ursprüngliche Identitäten aufgrund von Filter- und Resistenzreflexen erhalten bleiben. Neben Globalisierung und Transformation

      3. Triebfeder: Wie fördern oder hemmen Medien die demokratische Entwicklung in den Gesellschaften?

      spielt

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