Handbuch Bibeldidaktik. Группа авторов
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Leiderfahrungen können in Gestalt der Erkrankung oder des Todes eines nahen Angehörigen – auch eines Haustieres – oder eines Beziehungsverlustes (Umzug, Scheidung) bereits zum Leben von Grundschulkindern gehören. Solchen Erfahrungen ist auch im Religionsunterricht Raum zu geben. Gegebenenfalls ist Kindern verständlich zu machen, dass Leid zum Leben gehört und nicht einfach die Strafe für Schuld ist.[19] Weiterhin können bereits jüngere Kinder eingeführt werden in Rituale des Abschiednehmens. Gemeinsam können sie in der Bibel die Klage als Ausdrucksmöglichkeit des leidenden Menschen entdecken (Ps 102Ps 102, Lk 22–24Lk 22–24 in Auszügen) oder diesen selbst Worte geben. Dabei sind den Leiderfahrungen immer auch Hoffnungsbilder an die Seite zu stellen (z.B. österliches Brauchtum, Gebete).
In der Mittelstufe, vorrangig wohl in den Klassen 8–10, könnte es sich anbieten, die Frage nach dem Leid, ausgehend von Einzel- oder Gruppenschicksalen in Geschichte und Gegenwart, erstmals auch als theologische Frage zu entdecken. Dabei legt sich die Bezugnahme auf die Gestalt Hiobs[20] und das entsprechende biblische Buch nahe, das nicht die Antwort auf die Theodizeefrage |148|bereithält, aber doch eine Reihe von Antworten zur Diskussion stellt. Im Dialog damit sowie untereinander sollen die Schülerinnen und Schüler ihre Deutungen in den Unterricht einbringen können. Zugleich begegnen ihnen im Buch Ijob wesentliche Perspektiven und Deutungen aus der jüdisch-christlichen Tradition, die nach wie vor gängige Theodizee-Positionen markieren und zugleich auch unterschiedlichen Stufen in der religiösen Entwicklung entsprechen. Für ein Kind im Grundschulalter greift der allmächtige Gott direkt in das Weltgeschehen ein (Ijob 38–42Ijob 38–42). Für ältere Schülerinnen und Schüler belohnt und bestraft Gott die Menschen gemäß ihrem Handeln (Position der Freunde Hiobs). Teilweise klingt in den Elihu-Reden (Ijob 32–37Ijob 32–37) sogar ein Freiheitsbegriff an, der dem Autonomiebewusstsein junger Erwachsener auf der „Stufe des Deismus“ nahe kommt.[21] Auch die Legitimität einer Inanspruchnahme von Leid für „pädagogische Zwecke“ (Erziehung, Prüfung) ließe sich anhand von Ijob 5,17 f.Ijob 5,17f. und Ijob 36Ijob 36 diskutieren.[22]
Religionsunterricht in der Oberstufe hat aus entwicklungspsychologischen wie religionssoziologischen Gründen mit einer Pluralität von individuellen Gotteskonzepten unter selbstständig denkenden Jugendlichen zu rechnen. Eine solche „neue Gottes-Pluralität“[23] erfordert Freiraum für einen offenen theologischen Diskurs und eine kritische Reflexion des Glaubens. Vorrangiges Ziel des Unterrichts muss es deshalb sein, einen kreativen Prozess der Antwortsuche anzustoßen, der Spaß macht, produktiv ist und durch eine gemeinsame Such- und Fragehaltung verbindet, gefundene Antworten jedoch nicht als „richtige Lösungen“ verbucht. In den Prozess der Antwortsuche sind neben den subjektiven Plausibilitäten und Überzeugungen der Lernenden und Lehrenden selbst die vielfältigen Zeugnisse aus Bibel, Theologiegeschichte und Literatur[24] einzubeziehen. Ein Initialimpuls kann dabei die Elementarisierung des Theodizeeproblems durch Offenlegen seiner logischen Voraussetzungen sein.[25]
Leseempfehlungen
Böhnke, Michael et al., Leid erfahren – Sinn suchen. Das Problem der Theodizee. Freiburg i.Br. 2007.
Ebach, Jürgen, Hiob. In: Dressler, Bernhard/Schroeter-Wittke, Harald (Hg.), Religionspädagogischer Kommentar zur Bibel. Leipzig 2012, 158–166.
Fricke, Michael, Art. Ijob/Hiob, bibeldidaktisch, Grundschule. In: WiReLex (2016).
[http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100144/]; Zugriff am 12.12.2017.
|149|Kushner, Harold, Wenn guten Menschen Böses widerfährt. Gütersloh 41994.
Lux, Rüdiger, Hiob. Im Räderwerk des Bösen. BG 25. Leipzig 2012.
Oberthür, Rainer, Kinder fragen nach Leid und Gott. Lernen mit der Bibel im Religionsunterricht. München 1998.
Ritter, Werner H. et al., Leid und Gott. Aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen. Göttingen 2006.
Stögbauer, Eva, Art. Ijob/Hiob, bibeldidaktisch, Sekundarstufe. In: WiReLex (2016).
[http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100145/]; Zugriff am 12.12.2017.
Themenheft „Dem Leid begegnen: Theodizee“. entwurf (4/2012).
Themenheft „Theodizee“. :in Religion (1/2016).
Themenheft „Theodizee“. Rellis (3/2015).
Zimmermann, Mirjam, „Hiob reloaded“ – nach Gerechtigkeit fragen. Schülerinnen und Schüler schreiben moderne Hiob-Erzählungen. Religion 5–10 (4/2011), 28–33.
Fußnoten
So Wagner, David, Hiob lesen – leben lernen. Erwägungen zur gegenwärtigen Rolle der Hebräischen Bibel in Schule und Gesellschaft am Beispiel des Buches Hiob. In: Berlejung, Angelika/Heckl, Raik (Hg.), Ex oriente Lux. Studien zur Theologie des Alten Testaments. Leipzig 2012, 605–621, 610, unter Bezugnahme auf mögliche Wurzeln des Namens.
Vgl. Lux, 2012, 57f.
A.a.O., 58f.
Vgl. dazu die von Lux, 2012, 60–65, vorgestellten Modelle.
Vgl. a.a.O., 58.
Vgl. a.a.O., 29–52.
Vgl. a.a.O., 51f.
Wagner, 2012, 612.
Vgl. Dalferth, Ingolf U., Leiden und Böses. Vom schwierigen Umgang mit Widersinnigem. Leipzig 2006, 172f.
Vgl. Rommel, Herbert, Mensch – Leid – Gott. Eine Einführung in die Theodizee-Frage und ihre Didaktik. Paderborn 2011, 13f.
A.a.O., 14.