Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

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Altersfragen begonnen (Kohli/ Künemund 2000).

      Soziologische Theorien des Alters

      Die Alterssoziologie ist zwar in weiten Teilen empirisch ausgerichtet, dennoch stand sie von Anbeginn immer auch unter einem theoretischen Fokus. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden zunächst in den USA unter den damals herrschenden Paradigmen [19]von Funktionalismus und Rollentheorie verschiedene Studien zur sozialen Anpassung (social adjustment) im Alter durchgeführt (Pollak 1948; Cavan et al. 1949). Die Frage nach der Bewältigung des Übergangs in den Ruhestand erfolgte vor dem Hintergrund rollentheoretischer Ansätze, wobei der Ruhestand als eine »eigentümlich funktionslose Situation« (Parsons [1942] 1968: 82) wahrgenommen wurde. Dabei wurde der Rollenverlust im Alter als eine fortlaufende Schwächung der individuellen Position in der Gesellschaft gesehen (Rosow 1974: 117 ff.).

      Das ebenfalls bereits früh in diesem Kontext formulierte Aktivitätskonzept (z. B. Havighurst/Albrecht 1953) geht davon aus, dass Menschen im Alter zufrieden sind, wenn sie sich als gebraucht und nützlich empfinden und folglich danach streben, die sozial bedingten Ausgliederungsprozesse aus sozial relevanten Funktionszusammenhängen und die damit verbundenen Rollen- und Statusverluste durch erweiterte Handlungsräume in anderen Rollen zu kompensieren.

      Die auf der strukturfunktionalen Theoriebildung fußende Disengagementtheorie (Cumming/ Henry 1961) sieht das Altern dagegen als einen, durch verminderte Interaktionen bedingten, unvermeidbaren sozialen Rückzug (Disengagement) älterer Menschen aus ihrem Sozialsystem, in dem eine gesellschaftlich notwendige, aber gleichsam entlastende und befreiende Entwicklung gesehen wird. Gesellschaftlich notwendig sei dieser Rückzug, damit die nachwachsenden Generationen die beruflichen, politischen und gesellschaftlichen Positionen besetzen könnten. Individuell entlastend sei er, weil die Beschränkung auf die eigene Privatsphäre gesellschaftliche Enttäuschungen, Ablehnungen und Missachtungen vermeiden könne. Damit würde ein Gleichgewicht zwischen den gesellschaftlichen Interessen und den individuellen Rückzugsmotiven gewahrt.

      Die ebenfalls strukturfunktional gerahmte Modernisierungstheorie (u. a. Cowgill/Holmes 1972) geht von einer relativen Verminderung des sozialen Status der Alten in der modernen im Vergleich zur traditionalen Gesellschaft aus. Als kritische Entgegnung auf die strukturfunktionalen Modelle wurde in den 1960er Jahren die Subkulturtheorie auch auf das Alter angewandt (Rose 1962). Demnach könnten ältere Menschen auf der Grundlage gemeinsamer Vorteile, Probleme oder lang andauernder Freundschaften eine positive Affinität zueinander entwickeln, zum anderen könnten sie aber auch aus der Interaktion mit anderen Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen sein. Die zunehmende Interaktion der Älteren untereinander bei gleichzeitiger Kontakteinschränkung zu anderen Generationen führe zu einem Altersgruppenbewusstsein und zu einer Altersgruppenidentität der Älteren. Das zeige sich z. B. an der Bereitschaft zum alterssegregierten Wohnen in den »Retirement Communities« sowie an der zunehmenden Partizipation an Altersorganisationen (z. B. »Golden Age Club«, »Senior Citizens Club«).

      Auch der Etikettierungsansatz (Labeling approach) ist in die Alterssoziologie überführt worden (Hohmeier 1978). Dabei wird argumentiert, dass die auf das Alter und Altsein bezogenen Definitionsprozesse als Stigmatisierungen gefasst werden können, weil sie a) zumeist monokausal in biologischen Veränderungen gesucht werden, b) auf Grund der Unvereinbarkeit mit den zentralen gesellschaftlichen Werten fast immer negativ ausfallen und weil sie c) für die subjektive und objektive Situation älterer Menschen zumeist negative Konsequenzen haben, wenn den Betroffenen über das attestierte Stigma (z. B. altersbezogene körperliche Einschränkungen) hinaus weitere negative Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben werden. Alter wird damit zu einem »master status« (Hohmeier 1978: 13), der die gesamte Identität eines Menschen festlegt.

      Das Hauptaugenmerk des Kontinuitätsansatzes (Atchley 1983) liegt dagegen auf der Entwicklung und Erhaltung der sozialen Anpassungsfähigkeit im späten Erwachsenenalter. Demnach versuchen Menschen mittleren und höheren Alters, innere psychische Muster und Dispositionen (z. B. Temperament, Gefühle, Präferenzen, Einstellungen, Wertvorstellungen, Überzeugungen) und äußere Strukturen (z. B. soziale Beziehungen und Handlungen, soziale Umwelten) zu bewahren.

      Aus der Perspektive der Tauschtheorie (Dowd 1975) werden mit fortschreitendem Alter die Machtressourcen der Akteure vermindert und ältere Menschen dadurch zunehmend unfähig, in ausgeglichene Austauschbeziehungen zu anderen Generationen zu treten. Der soziale Rückzug aus gesellschaftlich anerkannten Positionen ist das Tauschgut der Älteren. Als Gegenleistung erhalten sie materielle und soziale Sicherheit im Alter (u. a. Rentenund Pensionszahlung, Gesundheitsversorgung).

      [20]In dem Modell der Altersschichtung (Altersstratifikation) (Riley et al. 1972) wird das Alter in Analogie zur sozialen Klasse als eine Kategorie sozialer Ordnung gedacht. Doch während die Klassenschichtung im Wesentlichen nach ökonomischen und sozialen Kriterien vorgenommen wird, sei die Altersstratifikation bis zu einem gewissen Grade biologisch bedingt. Demnach sei jede Gesellschaft nach Schichten unterteilt, die sich aus der Aufeinanderfolge von Kohorten zusammensetzen (Kohortenfluss). Diese nach Zeit geordneten und grundsätzlich nicht umkehrbaren Altersschichten bilden eine geordnete Reihe entlang der Dimension von jünger nach älter und unterscheiden sich durch die den Menschen in den verschiedenen Entwicklungsstufen von der Gesellschaft zugeschriebenen sozialen Rollen, Rechte und Privilegien.

      In den 80er Jahren entstand mit der Lebens(ver)laufsperspektive ein neues Paradigma der Alternsforschung (Elder 1995). Der schon von Eisenstadt und Parsons formulierte Gedanke, dass der Mensch in seinen verschiedenen Sozialisationsphasen unterschiedlich strukturierte und zunehmend differenzierte Rollenbeziehungen durchläuft, fand seinen Niederschlag zunächst im strukturfunktionalen Altersnormensystem (Neugarten/Datan 1973), später dann auch in dem Modell der Statusbiographie (Levy 1977). Dort wird der Lebenslauf als eine sozial geregelte Bewegung in der Sozialstruktur und als »eine mehr oder weniger stark institutionalisierte Sequenz von Status-Rollen-Konfigurationen umrissen und damit zum Vergesellschaftungsprogramm erklärt. Mit Fokus auf quantitative Methoden wird diese Perspektive in der Lebenslaufforschung fortgeführt, die ihr Augenmerk stärker auf die soziale Ungleichheit im Lebensverlauf richtet und die Altersstrukturen weniger als normierte Tatbestände, sondern vielmehr als »empirisch nachgeordnete Folgen« (Mayer 1996: 48) ansieht. Die lange Tradition der (qualitativen) Biographieforschung wurde in die Alterssoziologie integriert. In dem Modell der Institutionalisierung des Lebenslaufs (Kohli 1985) werden beide Aspekte verbunden und die historisch beobachtbaren Veränderungen in den Lebensläufen in einen Zusammenhang mit dem Übergang zur Arbeitsgesellschaft gestellt. Als Pendant zur Individualisierung sei die Orientierung an Biographie und Lebenslauf an die Stelle stabiler Zugehörigkeiten getreten, wobei der Lebenslauf zu einem wichtigen sozialen Ordnungsprinzip wurde – eine soziale Institution, die gleichermaßen für die Organisation der Gesellschaft wie auch für die biographischen Perspektiven der Individuen zentral wurde.

      Parallel zu diesen Entwicklungen bildete der politisch-ökonomische Ansatz des Alters (u. a. Minkler/Estes 1991) einen theoretischen Rahmen, um Altern in einen unmittelbaren gesellschaftlichen Bezug zu ökonomischen Strukturen und gesellschaftlichen Zwängen zu setzen. Er zielt vor allem auf eine Analyse der strukturellen Bestimmungsfaktoren von sozialer Ungleichheit im Alter. Das Altern wird im Wesentlichen in Beziehung zu Arbeit und Produktion gesetzt und unter den Aspekten der Dequalifizierung und des erzwungenen Ausschlusses aus dem Arbeitsprozess debattiert. Ein wichtiges Thema ist in diesem Kontext der Wohlfahrtsstaat (z. B. Myles 1984), der zwar auf die Linderung sozialer Ungleichheiten zielt, aber mit den Verteilungsprinzipien der sozialen Unterstützung, Versicherung und Steuerpolitik bestehende Klassen-, Alters- und Geschlechterstratifikationen verstärken und die Älteren in eine »strukturierte Abhängigkeit« drängen kann (Townsend 1981).

      Unter dem Label der Kritischen Gerontologie (z. B. Cole et al. 1993) hat sich ein Forschungsansatz entwickelt, der – z. T. in starker Affinität

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