Wirtschaftsgeographie. Harald Bathelt

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Wirtschaftsgeographie - Harald Bathelt

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Weise ländliche Räume am Rande von Verdichtungsräumen mit hoher Dynamik, ländliche Räume mit noch ungenutzten Entwicklungspotenzialen und strukturschwache ländliche Räume mit Abwanderungstendenzen von Bevölkerung und Wirtschaftsaktivitäten zu unterscheiden (Maier und Weber 1995).

      Die hier dargelegten Argumente zeigen, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht gleichmäßig im Raum verteilt sind, sondern dass Produktionsprozesse unterschiedlich organisiert sind und dass diese Organisationsstruktur räumlich variiert. Aufgrund dessen entstehen räumliche Industrieballungen und Industriespezialisierungen. Aus ökonomischer Sicht würde man von räumlichen Ungleichgewichten sprechen. Dabei stellt sich die Frage, ob räumliche Ungleichgewichte normal sind und langfristig erhalten bleiben, oder ob es Tendenzen gibt, die derartige Ungleichgewichte fördern oder ihnen entgegenwirken. Hierbei ist es wichtig, geeignete Maßzahlen und Methoden zur Messung räumlicher Verteilungen zu verwenden.

      Nachdem die Bedeutung räumlicher Disparitäten diskutiert worden ist, sollen nachfolgend in knapper Form Methoden dargestellt werden, die es ermöglichen, Art und Ausmaß räumlicher Ungleichheiten empirisch zu ermitteln. Hierzu ist es zunächst einmal notwendig, die Struktur räumlicher Verteilungen möglichst exakt zu messen, um Ungleichheiten und damit Disparitäten überhaupt identifizieren zu können. Dies geschieht mit Hilfe von Parametern der Strukturanalyse. Darauf aufbauend lassen sich Methoden der Wachstumsanalyse einsetzen, um Hinweise über Veränderungen von Standortverteilungen zu erlangen. Ausgangspunkt der folgenden methodischen Diskussionen sind regional und sektoral differenzierte Beschäftigtenzahlen aller Regionen eines Gesamtraums (z. B. einer Volkswirtschaft). Anhand dieser Daten sollen räumliche Verteilungen gemessen und Disparitäten aufgedeckt werden. Ausgehend von n Regionen (i = 1, . . ., n) und m Sektoren (j = 1, . . ., m) wird dabei folgende Notation verwendet:

      Beschäftigte in Region i und Sektor j: Fo_003

      Beschäftigte aller Sektoren

      in Region i: Fo_004

      Beschäftigte des Sektors j

      im Gesamtraum: Fo_005

      Beschäftigte aller Sektoren

      im Gesamtraum: Fo_006

      Um eine räumliche Verteilung zu beschreiben, könnte man zunächst die Beschäftigtenzahlen eines Sektors in allen Teilregionen des Gesamtraums miteinander vergleichen, um festzustellen, wo dieser Sektor die größten räumlichen Konzentrationen aufweist. Diese Vorgehensweise ist aber insofern problematisch, als Absolutzahlen zu dem Ergebnis führen würden, dass große Regionen, wie z. B. städtische Agglomerationen, in praktisch allen Sektoren die größte Konzentration aufweisen und Regionen außerhalb der Metropolen fast überall nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das liegt daran, dass Absolutzahlen keinen Rückschluss darauf zulassen, wo relative Ballungen und Spezialisierungen bestehen. Die Größe einer Region bleibt dabei unberücksichtigt.

      Um räumliche Disparitäten zu messen, kann man alternativ Maße der deskriptiven Statistik wie etwa absolute und relative Streuungsmaße oder Konzentrationsmaße verwenden (Bahrenberg et al. 1990, Kap. 4.2). Darauf soll im Folgenden aber nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr sollen einige andere Parameter vorgestellt werden, die speziell auf räumliche Verteilungen anwendbar sind (Isard 1960, Kap. 5 und 7; Müller 1976, Teil B; Schickhoff 1983, Teil II; Schätzl 1994, Kap. 3.1.2).

      Lokalisations- bzw. Standortquotient (LQij). Der Standortquotient vergleicht den Anteil eines Sektors j in einer Region i mit dem Anteil, den dieser Sektor im Gesamtraum hat. Sein Zahlenwert ist größer oder gleich Null.

Fo_007

      Der Standortquotient liefert einen Wert größer Eins, wenn der Beschäftigtenanteil von Sektor j in Region i größer ist als sein Beschäftigtenanteil im Gesamtraum. Umgekehrtes gilt für einen Wert kleiner Eins. Je größer ein gemessener Standortquotient ist, desto stärker ist die Konzentration des betreffenden Sektors in der untersuchten Region gemessen an der Größe der Region. Absolute Größeneffekte werden hierbei also ausgeblendet.

      Koeffizient der Lokalisierung (KLj). Der Koeffizient der Lokalisierung ist ein Maß für die räumliche Konzentrationstendenz eines Sektors j im Gesamtraum.

Fo_008

      Er misst für jede Region i die Differenz zwischen dem Beschäftigtenanteil der Region in Sektor j und dem Gesamtbeschäftigtenanteil dieser Region und addiert die Differenzen über alle Regionen hinweg auf. Der Zahlenwert des Koeffizienten kann zwischen Null und einem Wert nahe Eins liegen. Beträgt der Koeffizient der Lokalisierung Null, so ist Sektor j gleichmäßig über alle Regionen des Gesamtraums verteilt. Liegt der Zahlenwert nahe an Eins, so ist Sektor j fast oder vollständig in nur einer einzigen Region des Gesamtraums konzentriert. Der Koeffizient der Lokalisierung wertet die Standortquotienten eines Sektors über alle Teilräume hinweg aus und stellt somit ein zusammenfassendes Maß für die räumliche Verteilungsstruktur eines Sektors dar. In abgewandelter Form kann der Koeffizient der Lokalisierung auch als räumlicher Verknüpfungskoeffizient (Koeffizient der geographischen Assoziation) berechnet werden, um die gemeinsame Konzentration zweier Sektoren in den Regionen des Gesamtraums zu messen.

      Koeffizient der Spezialisierung (KSi). Der Koeffizient der Spezialisierung ist ein Parameter, der Aufschluss darüber gibt, wie stark die sektorale Wirtschaftsstruktur einer Region i im Vergleich zum Gesamtraum spezialisiert ist.

Fo_009

      Der Koeffizient der Spezialisierung wertet die Standortquotienten einer Region über alle Sektoren hinweg aus. Er kann zwischen Null und einem Wert nahe Eins liegen. Falls der Koeffizient der Spezialisierung den Wert Null erreicht, ist die sektorale Wirtschaftsstruktur einer Region identisch mit der des Gesamtraums. Liegt er nahe Eins, so ist die Region nahezu oder ganz auf einen einzigen Sektor spezialisiert. Während der Koeffizient der Lokalisierung ein Maß für die räumliche Verteilung eines Sektors im Gesamtraum ist, bezieht sich der Koeffizient der Spezialisierung auf die sektorale Struktur innerhalb einer Region und vergleicht diese mit dem Gesamtraum.

      Kritik. Als Kritik an den dargestellten Parametern der Strukturanalyse lässt sich insbesondere anfügen, dass die Ergebniswerte stark vom gewählten räumlichen und sektoralen Aggregationsniveau abhängen. Dadurch können bei der Interpretation und beim Vergleich von Koeffizientenwerten erhebliche Probleme entstehen. So werden bei einer hohen räumlichen oder sektoralen Aggregation Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen unterbewertet, weil die den Berechnungen zugrunde liegenden Einheiten bereits in sich sehr heterogen sind. Diese Problematik wird deutlich am Beispiel der Messung des Standortquotienten von Beratungsunternehmen in Deutschland (→ Abb. 4.6, links). Während die Darstellung auf Ebene der Bundesländer suggeriert, dass ein Großteil der alten Bundesländer von einer hohen Konzentration von Beratungsunternehmen geprägt ist, gestattet die Darstellung auf der Ebene der Kreise eine andere Interpretation (→ Abb. 4.7). Hier tritt deutlich das Standortmuster der urbanen Ballungsräume hervor, innerhalb derer die Konzentration der Beratungsunternehmen besonders ausgeprägt ist. Eine weitere Detaillierung der

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