Tatort Ostsee. Harald Jacobsen
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Ben schloss die Hintertür ab. Wenn er sich verhalten wollte wie immer, dann musste er zu Olli. Der würde sich sonst sicher wundern. Vorher musste er aber noch zum Strand. Seit dem Tsunami hatte er jeden Morgen das Verlangen, einen Blick auf das Wasser zu werfen. Er musste sich vergewissern, dass alles normal aussah. Natürlich würde es hier nie eine Riesenwelle geben, doch er kam gegen seinen Kontrollzwang nicht an. Er blieb stehen: Wo kamen die beiden Autos auf einmal her? Der Audi war furchtbar dreckig und der VW Passat sah aus wie ein Polizeidienstwagen. Ben sah sich um. Weit und breit waren keine Bullen zu sehen. Er lief zum Deich. 50 Meter weiter standen ein paar Menschen, doch er konnte nichts Genaues erkennen. Sein Herz begann zu klopfen und sein Hals wurde trocken. Ben machte kehrt und rannte zurück zur Wiese. Olli saß auf den Eingangsstufen seines Wohnmobils und starrte in seinen Kaffeebecher.
»Schnell, komm mit! Da stimmt was nicht!«
Olli blickte auf und sah ihn müde an. Er sah furchtbar aus. Seine Augen waren knallrot. Olli musste stundenlang geheult und gesoffen haben. Ben fühlte sich schuldig. Was war er nur für ein Freund? Olli liebte Sarah. Und jetzt? Es hätte niemals so weit kommen dürfen.
»Hab zu viel getankt gestern. Alles wegen ihr«, murmelte Olli. »Mir gings noch nie so beschissen. Aber das war das letzte Mal.« Olli versuchte zu grinsen, doch sein Gesicht verzog sich nur zu einer grotesken Maske. »Was ist denn los?«
»Da sind Bullen am Strand!« Olli nickte, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Ben wurde ungeduldig. »Willst du gar nicht wissen, was da los ist?«
»Sarah hat Schluss gemacht. Das ist los! Ich soll das einfach akzeptieren! So ein Scheiß! Da steckt doch ein anderer Kerl dahinter.«
»Das weißt du doch gar nicht! Und wenn sie dich wirklich beschissen hat, dann gibt es kaum einen Grund, ihr nachzutrauern!«
Olli sprang auf. »Du hast doch keine Ahnung! Ich habe Sarah geliebt! Ich liebe sie auch jetzt noch! Aber das kannst du natürlich nicht kapieren. Dir fliegen die Weiber ja nur so zu. Du kannst jede haben!«
Ben atmete tief durch.
»Aha! Ich weiß nicht, was Liebe ist! Ist klar! Und warum bin ich dann hier? Weil Fehmarn so viel traumhafter ist als Phuket? Verdammt, Olli! Auch wenn ich ab und zu mit einer in die Kiste springe, es bedeutet mir rein gar nichts! Außerdem kennst du Sarah erst seit ein paar Wochen. Was weißt du schon über sie? Und Liebe? Ihr habt euch doch so gut wie nie geküsst. Sie hat dich verleugnet, als wärst du ihr peinlich.«
»Du spinnst ja total! Wo steht, dass man sich immer und überall die Zunge in den Hals stecken muss? Und natürlich habe ich ihr geholfen! Die Deutschen Meisterschaften sind in sieben Wochen und sie hat alle Chancen zu gewinnen.« Mit zitternden Fingern fummelte Olli eine Zigarette aus der Schachtel. »Danach hätte sie Zeit für unsere Beziehung gehabt. Ich wollte mit ihr wegfliegen. Vielleicht Marokko oder so.« Olli schluckte und setzte sich wieder. »Weißt du, Ben, ich bin mir sicher, dass das mit uns geklappt hätte. Aber sie wollte nichts mehr davon wissen. Sie hat mich einfach zu den Akten gelegt. Knall auf Fall. Was hab ich denn bloß falsch gemacht?«
»Olli, es hat doch keinen Sinn, dass du dich so fertig machst. Sich die ganze Nacht volllaufen zu lassen, ist doch keine Lösung. Wahrscheinlich ist sie einfach nur gestresst und nach den Meisterschaften sieht alles wieder ganz anders aus. Vielleicht merkt sie dann, dass sie einen Fehler gemacht hat. Jetzt lass uns erst mal sehen, was da am Strand passiert ist.« Ben kam sich verlogen vor, denn Sarah würde ihre Meinung nicht mehr ändern.
Sophie beobachtete Stefan. Er marschierte die Wasserlinie ab und sah schrecklich schlecht gelaunt aus. Sie fragte sich, ob es an der Leiche oder an ihrem Besuch lag. Sie tippte auf Letzteres. Nach ein paar Minuten war er wieder bei ihnen.
»Wo bleibt denn der Leichenwagen?«, fragte er mürrisch.
»Muss jede Sekunde da sein, Chef!«, sagte Claas Meier und schien sich ungeheuer wichtig zu fühlen.
»Wann war das denn genau mit der ersten Kiterin?«
»Am Dienstag. Meine Frau kocht dienstags immer Gulasch, und das war schon ganz verkocht, als ich endlich zu Hause war«, erklärte Larrson schmunzelnd.
»Wo ist die Leiche jetzt?«
»Die Leiche? Keine Ahnung. Beim Bestatter?«
»Bin ich hier in einer Quizshow? Mann o Mann! Der Wagen soll die Leiche in die Gerichtsmedizin nach Lübeck bringen. Wir müssen herausfinden, wer die Frau ist. Broder, kümmere dich darum! Fragt doch mal rum. Irgendwer muss sie doch kennen. Vielleicht hat sogar jemand was gesehen.« Stefan schüttelte genervt den Kopf. »Sophie, du kannst bei mir mitfahren!« Sein Angebot klang wie ein Befehl.
»Pelle ist nass und sandig«, gab Sophie trotzig zu bedenken.
»Mein Wagen ist dreckiger«, blaffte Stefan.
Sein Tonfall machte klar, dass er keine Widerrede wünschte. Sophie folgte ihm zu seinem Wagen. Sie ließ Pelle auf die Rückbank springen und öffnete die Beifahrertür. Der Sitz war voll mit leeren Zigarettenschachteln und Pappbechern. Sie wischte alles in den Fußraum und setzte sich. »Alle Achtung! Du hast nicht übertrieben. Das ist hier mit Sicherheit das ekelhafteste Auto, in dem ich je mitfahren durfte!«
»Monatelange Arbeit.«
Sophie grinste in seine Richtung, doch er starrte ernst nach vorn. Er fuhr mit einem Ruck an und aus einem alten Kaffeebecher ergoss sich der schimmelige Rest über ihre teuren Joggingschuhe.
»Oh, tut mir leid«, bemerkte Stefan zynisch.
»Mach dir keine Sorgen. Ihr seid doch versichert! Du siehst übrigens beschissen aus!«
»Danke!«
»Alles okay?«
»Sophie, ich hatte eine grauenhafte Nacht. In der Woche schlafe ich kaum, am Wochenende erhole ich mich bei einem Säugling, und jetzt habe ich auch noch eine Leiche und furchtbaren Besuch. Es gibt Menschen, die ihre Zeit nicht nur mit Sekt und Schnittchen verbringen.« Stefan starrte stur geradeaus. Seine Lider flatterten.
»Was war das denn eigentlich vorhin? Dieser Pieper hat doch ne Schraube locker. Nur weil die Leiche in einem Neoprenanzug steckt, geht er davon aus, dass sie ertrunken sein muss. Wow!«
»Er ist Hausarzt.«
»Na, dann hoffe ich schwer, dass ich hier nicht krank werde.«
»Ich habe dich nicht eingeladen!«
»Zurück zu unserer Leiche. Wie sich rausgestellt hat, schon die zweite in einer Woche! Uppsala! Was für ein Zufall!«
»Witterst du eine Story für dein Klatschblatt? Oder warum bist du so hartnäckig?«
»Hallo! Entspann dich mal! Seit du da aufgetaucht bist, machst du mich an. Eine Story wäre das hier nur, wenn es sich bei der