Tatort Ostsee. Harald Jacobsen
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Читать онлайн книгу Tatort Ostsee - Harald Jacobsen страница 6
Sophie stellte den Koffer ab und lachte sie an. In Jeans und Turnschuhen sah sie noch immer aus wie die Studentin von damals. Auch ihr tiefes Lachen klang wie früher.
»Wow! Du siehst klasse aus! Ich hatte eigentlich die Info, dass du vor vier Monaten ein Baby gekriegt hast. Hast du es geklaut?«
Tina schüttelte lachend den Kopf. Sie hatte zwar alles getan, um möglichst schnell wieder in Form zu sein, doch das Kompliment ging runter wie Öl. Plötzlich war sie richtig gut gelaunt. Wahrscheinlich hatte sie sich wieder grundlos zu viele Gedanken gemacht. Sie würden sicher eine tolle Zeit haben. Aber da war noch die Sache mit Felix. Hatte Sophie ihre Macht missbraucht? War sie schuld daran, dass seine beispielslose Karriere den Bach runter gehen würde? Felix war Tina dabei eigentlich total egal, aber war mit Sophie wirklich alles in Ordnung?
Sophie war überrascht, wie sehr sie sich freute, ihre alte Freundin wiederzusehen. Tina sah blendend aus. »Mann! Was für geile Möpse! Damit machst du ja Pamela Anderson Konkurrenz.«
»Ach, hör bloß auf!« Tina stöhnte. »Im Moment sehe ich aus wie ein Pornostar. Finn ist aber auch ein echter Gierhals. Ich bin nur am Produzieren.«
»Na, Stefan ist doch bestimmt begeistert!«
»Woran du gleich wieder denkst!«
Sophie legte Tina den Arm um die Schulter und ging mit ihr kichernd um das Haus herum auf die Terrasse. Auf dem großen Teakgartentisch stand bereits ein Sektkühler mit einer Flasche Prosecco.
»Ein Glas darf ich«, erklärte Tina, während sie einschenkte. »Um den Rest wirst du dich kümmern müssen.«
»Kein Problem! Ich habe Urlaub! Danke, dass ich kommen durfte.«
»Na hör mal, es ist mir eine Ehre die berühmte Sophie Sturm zu Gast zu haben! Auf zwei schöne Wochen!«
Sophie prostete Tina zu und trank einen Schluck. »Ich hatte fast vergessen, wie toll es ist eine Freundin zu haben. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Paul war doch noch ein Baby.«
Tina nickte lächelnd. »Richtig! Die Zeit rennt einfach. Früher war ein Jahr eine halbe Ewigkeit. Und jetzt? Ich habe das Gefühl, dass nur wenige Wochen zwischen zwei Weihnachtsfesten liegen. Und in der Zeit muss ich noch zwei Kindergeburtstagsfeiern organisieren. Das verfluchte Rad dreht sich immer schneller.«
Sophie nickte und ließ ihren Blick durch den Garten schweifen. Im hinteren Teil standen knorrige Obstbäume. Das Grundstück reichte bis an den Deich. Ein paar Möwen kreischten am Himmel und es roch nach Gras und Meer.
»Du hast es traumhaft hier!«
Tina rollte mit den Augen. »Ja, mittlerweile. Ich habe mit den Kleinen monatelang auf einer Baustelle gelebt. Ehrlich gesagt, hatte ich die ganze Geschichte hoffnungslos unterschätzt.«
Sophie nickte anerkennend. »Aber es hat sich doch gelohnt. Das ist Idylle pur! Deine Kinder hier herumtollen zu sehen erinnert mich an eine Astrid-Lindgren-Verfilmung. Ach, wo ist denn der Kleinste?«
»Er schläft! Und glaube mir, ich genieße das. Die letzten vier Monate waren hart. Manchmal weiß ich gar nicht, ob es Tag oder Nacht ist.« Tina schüttelte lächelnd den Kopf und nippte an ihrem Glas. Sie schwiegen ein paar Minuten. Sophie war froh, nichts sagen zu müssen. Schließlich war sie hierher gekommen, um Abstand zu gewinnen. Fehmarn schien der richtige Ort dafür zu sein. Nun fragte sie sich, ob sie nicht einen furchtbaren Fehler gemacht hatte. Statt Ablenkung fand sie hier die perfekte Mutter in einem zauberhaften Haus mit entzückenden Kindern. Natürlich konnte sie sich hier verstecken, doch vor sich selbst davonlaufen konnte sie nicht. Und nicht von der Vorstellung, wie alles hätte sein können, wenn Felix ein anderer Mensch wäre.
»Wo steckt eigentlich Stefan?«
»Er hat noch in Lübeck zu tun. Seit er bei der Mordkommission ist, muss er ganz schön ran.«
»Na, ich vermisse ihn nicht.« Sophie biss sich auf die Zunge. Warum hatte sie das jetzt sagen müssen?
»Bitte versucht, euch zu vertragen.« Tina sah sie ernst an.
»Ich verspreche, brav zu sein. Das Haus ist übrigens ein Traum! Früher hatte ich ja nicht viel übrig für alte Kästen und Reetdächer, aber mittlerweile finde ich es romantisch. Ich kann verstehen, dass ihr euren Wohnsitz hierher verlegt habt.«
»Warte, bis du es von innen gesehen hast! Ich zeig dir gleich alles. Der Garten ist erst im letzten Sommer fertig geworden. Vor lauter Gestrüpp hat man die Obstbäume gar nicht wahrgenommen.«
»Wir lassen Fotos für die ›Sweet Home‹ machen!«, meinte Sophie begeistert. »Die drucken das sofort: ›Landhausidylle an der Ostsee‹.«
Tina lachte. »Lieber nicht! Wahrscheinlich würde Stefan sich scheiden lassen. Und du hast jetzt Urlaub. Hör auf, über mögliche Artikel nachzudenken! Guck! Dein Hund hat sich schon eingelebt. Er ist ja ganz vernarrt in die Kleinen.«
Sophie sah zu Pelle, der mit Antonia und Paul herumtollte. Er holte brav Stöckchen und ließ sich zwischendurch gerne kraulen. »Weißt du, das ist wirklich der richtige Ort Kinder aufwachsen zu lassen.«
»Auf Fehmarn?« Tina starrte sie ungläubig an. »Hör mal, du hast das aufregende Leben. Mit den Stars auf Du und Du, Luxushotels, London, Paris, New York. Während du die Nächte damit verbringst, Champagner zu trinken, beziehe ich vollgekotzte Betten und wechsele Windeln.«
Sophie sah Tina amüsiert an. »Ich wollte nur sagen, dass es großartig ist, so zu leben, wenn man Kinder hat. Wie arm sind da die Stadtkinder dran?«
»Da sind immer zwei Seiten«, gab Tina zu bedenken. »Vergiss nicht, ich bin hier aufgewachsen. Wenn Antonia 16 ist, wird sie die Insel verfluchen und sich nach dem Großstadtdschungel sehnen, glaub mir.«
»Dann schickst du sie übers Wochenende zu mir und ich geh mit ihr shoppen.« Sie reckte sich genüsslich. »Ich finde es jedenfalls herrlich hier. Ich hör nicht ein Auto und die Luft ist so klar. Idylle pur! Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass hier was passiert.«
»Oh, sag das nicht!« Tina sah sie ernst an. »Vor drei Tagen wurde in Gold eine Wasserleiche angespült.«
Sophie