Öffentliches Wirtschaftsrecht. Stefan Storr
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Einerseits hat das BVerfG zu Recht die Lehre vom Totalvorbehalt abgelehnt, so dass grundsätzlich die Aufnahme der Subventionsmittel in einen Haushaltsplan genügt[274]. Strengere Anforderungen gelten dann, wenn die Subventionierung gleichzeitig in Grundrechte der Konkurrenten eingreift, insbesondere bei der Pressesubvention[275] bzw im Schutzbereich des Art. 4 GG[276]. Nicht abschließend geklärt ist die Frage des Grundrechtsschutzes gegen sonstige Subventionen, die einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Das BVerfG tendiert zu einer Ausweitung des Gesetzesvorbehaltes. Dann nämlich, wenn der Gesetzgeber Vorteile im beruflichen Wettbewerb schafft, bedeutet die Verweigerung des Vorteils einen Eingriff in die Berufsfreiheit. Dies wiederum wird keinesfalls nur bei Subventionen, sondern auch in anderen Zusammenhängen relevant[277]. Allerdings relativiert sich die Bedeutung der Grundrechte überall dort, wo die Rechtsprechung eine besondere Schwere des Grundrechtseingriffs verlangt.
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Nur selten führt der Grundrechtseingriff freilich zur Verfassungswidrigkeit wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Normen. Grundrechte wirken in aller Regel normintern; unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessensspielräume lassen ausreichend Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Die Bedeutung der norminternen Grundrechtswirkung kann jedoch kaum überschätzt werden. So ergibt sich beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einer berufsbezogenen Genehmigung grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung dieser Genehmigung.
Vor allem aber ergeben sich Konsequenzen für den Rechtsschutz. Haben grundrechtlich geschützte Rechtsgüter eine verfassungsmäßige Konkretisierung in einfachgesetzlichen Rechtsvorschriften erfahren, sind diese im Zweifel verfassungskonform im Sinne subjektiver Rechte der Betroffenen auszulegen[278]. Gleichzeitig schließen solche einfachgesetzlichen Vorschriften wegen ihrer Spezialität einen unmittelbaren Rückgriff auf Grundrechte aus. Normextern wirken Grundrechte daher eher selten. Doch auch dann ist ihre Wirkung keinesfalls auf die mögliche Verfassungswidrigkeit einer Regelung beschränkt. Sie können auch für den Rechtsschutz relevant werden. Es liegt in der Logik des subjektiven Grundrechtsschutzes auch gegenüber dem Gesetzgeber, den Grundrechten dann eine normexterne Wirkung zuzubilligen, wenn der Gesetzgeber es versäumt hat, den grundrechtlich gebotenen Mindestschutz[279] durch unterverfassungsrechtliche Vorschriften zu gewährleisten[280].
bb) Schutzpflichten
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Lediglich unter engen Voraussetzungen gewähren die Grundrechte auch einen Anspruch auf staatlichen Schutz bestimmter Freiheitsräume[281]. Diese jedenfalls bei einzelnen Grundrechten ausdrücklich anerkannte Pflicht trifft in erster Linie den Gesetzgeber, dem bei der Erfüllung der Schutzpflicht eine weite Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsfreiheit zusteht[282]. Für die Exekutive werden die Schutzpflichten im Zusammenhang mit der Ermessensausübung relevant, sie können jedoch keine Eingriffskompetenzen schaffen. Mit Bezug auf die Wirtschaftsgrundrechte spielen die Schutzpflichten herkömmlich nur eine untergeordnete Rolle. So ist noch nicht abschließend geklärt, inwiefern die hier primär einschlägigen Grundrechte der Art. 12 und 14 GG überhaupt Schutzpflichten begründen. Jedenfalls aber gewähren die Grundrechte (und insbes Art. 12 GG) keinen Schutz vor der Konkurrenz Dritter, auch nicht vor der Konkurrenz des Staates. Auch der Schutz Dritter vor den Gefahren wirtschaftlicher Tätigkeit dürfte angesichts des erreichten Niveaus kaum Ansprüche gegen den Gesetzgeber begründen[283]; am ehesten wäre ein Anspruch auf präventive Kontrolle bei besonders gefährlichen Tätigkeiten denkbar[284]. Allerdings kann sich ein Anspruch auf Einschreiten gegenüber der Aufsichtsbehörde ergeben (indem sich deren Ermessen auf Einschreiten reduziert). Grundrechtliche Schutzpflichten, wie sie sich aus anderen Grundrechten und insbes Art. 2 Abs. 2 GG ergeben, spielen allerdings als Schranke unternehmerischer Tätigkeit eine Rolle, etwa beim Nichtraucherschutz in Gaststätten (dazu Rn 126; ▸ Klausurenkurs Fall Nr 2). Auch das Verbraucherinformationsrecht lässt sich teilweise mit der grundrechtlichen Schutzpflicht begründen[285]; allerdings argumentiert das Informationsverwaltungsrecht allgemein aus dem Blickwinkel eines für die behördliche Tätigkeit geltenden Transparenzgebotes (vgl Rn 133). Dogmatisch von der Schutzpflichtdimension zu unterscheiden ist die Frage einer grundsätzlich abzulehnenden unmittelbaren Grundrechtsgeltung im Verhältnis zu Privaten.
cc) Grundrechte als Teilhaberechte
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Besonderheiten ergeben sich, wenn staatliche Genehmigungen sich ausnahmsweise als Verteilungsentscheidungen in Knappheitssituationen darstellen. Der aus Art. 12 GG abgeleitete Anspruch auf Lizenzierung und damit Marktzutritt wird in solchen Konkurrenzsituationen zum Anspruch auf Beteiligung an einem transparenten und nichtdiskriminierenden Vergabeverfahren. Diese Grundsätze werden vor allem dann relevant, wenn sich staatliche Genehmigungen als Allokationsentscheidungen darstellen, wie es beispielsweise bei der Standplatzvergabe auf festgesetzten Märkten (s. Rn 378 ff), aber auch bei der Frequenzversteigerung im Telekommunikationsrecht (s. Rn 554 ff) der Fall ist[286]. Keine Grundrechtsrelevanz wird demgegenüber dem Recht der staatlichen Auftragsvergabe zuerkannt[287]. Über derivative Teilhaberechte hinaus führen Grundrechte aber grundsätzlich nicht zu Leistungsansprüchen[288].
Die verfassungsrechtlichen Grundlagen hat das BVerfG in der auch im wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Zusammenhang herangezogenen „Numerus clausus-Rechtsprechung“[289] geklärt. Danach müssen nichtdiskriminierende Vergabeverfahren vorgesehen und leistungsbezogene Verteilungskriterien angelegt werden. Den Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren genügt auf jeden Fall die Durchführung einer Ausschreibung nach klaren Vergabebedingungen, aber unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Versteigerung (s. am Beispiel der Frequenzversteigerung Rn 562 f). Die wichtigste Konkretisierung findet der Anspruch auf Verfahrensbeteiligung im Auskunfts-[290] und im Anhörungsrecht[291]. Dieses richtet sich unmittelbar gegen die Verwaltung, verlangt aber vom Gesetzgeber, das Verfahrensrecht so auszugestalten, dass eine echte Partizipation am Entscheidungsprozess überhaupt möglich ist. Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes