Klausurenkurs im Bürgerlichen Recht II. Ulrich Falk

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Klausurenkurs im Bürgerlichen Recht II - Ulrich Falk Schwerpunkte Klausurenkurs

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      (1) Arglist

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      Genau so liegt aber der vorliegende Fall: L hielt GF zwar absichtlich von der Wahrung der Form ab, handelte dabei aber nicht arglistig, da er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfüllen und sich nicht auf den Formmangel berufen wollte.

      (2) Schwere Treuepflichtverletzung

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      Im vorliegenden Fall könnte eine Treuepflichtverletzung darin bestehen, dass L den Formmangel unter Hinweis auf seine adelige Abstammung verursacht hat. Statt sich an sein eigenes Versprechen zu halten, beruft er sich später auf die Formnichtigkeit. Damit nimmt er aber nur das Recht wahr, das ihm § 125 BGB einräumt. Sein Motiv hierfür bildet das unerwartete Vermächtnis, das die wirtschaftliche Notwendigkeit für den Verkauf des sich seit mehreren Jahrhunderten im Familienbesitz befindlichen Anwesens entfallen lässt. Damit hatte L ein schwerwiegendes ideelles Interesse, das für ihn den Ausschlag gab, sich schließlich doch auf den Formmangel zu berufen. Auf der anderen Seite könnte es fraglich sein, ob sich L gerade auf dieses ideelle Interesse stützen darf, gab er doch durch sein vorhergehendes Verhalten zu verstehen, dass ihm viel an dem ebenfalls ideellen Wert seiner Ehre gelegen ist. Mit guter Argumentation kann an dieser Stelle beides vertreten werden.

      (3) Existenzgefährdung

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      Allerdings ist die Berechtigung dieser Fallgruppe zu hinterfragen. Die finanziellen Auswirkungen einer Rechtshandlung für die andere Seite muss eine Partei ohne besondere Umstände nicht berücksichtigen, anderenfalls könnte man mit diesem Argument jegliches Subsumtionsergebnis revidieren. Eine, wenn auch erhebliche, Einbuße kann deshalb nicht für eine Anwendung von § 242 BGB genügen. Eine Existenzgefährdung müsste voraussetzen, dass das erzielte Ergebnis schlechthin untragbar ist. Wann diese Grenze erreicht ist, ist allerdings schwer zu sagen, was ein weiteres Argument gegen eine solche unspezifische Fallgruppe ist.

      Der vorliegende Sachverhalt enthält jedenfalls für eine Existenzgefährdung in diesem Sinne nur wenige Anhaltspunkte.

      Es spricht deshalb vieles dafür, dass ein Rückgriff auf § 242 BGB nicht angezeigt und folglich von der Unwirksamkeit des Vertrags auszugehen ist.

      cc) Formzwecke als allgemeine Begründung für Ausnahmen von der Nichtigkeit

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      Sieht man den vorrangigen Normzweck des § 311b I BGB im Übereilungsschutz und dem Interesse der Parteien an sachkundiger Beratung und Belehrung, könnte man bei vorsätzlicher Verursachung des Formmangels durch eine Partei an eine Ausnahme vom grundsätzlichen Formerfordernis denken.

      L entschloss sich laut Sachverhalt nur schweren Herzens zum Verkauf seines Anwesens, was darauf hindeutet, dass er jedenfalls keinen übereilten Entschluss gefällt hat. In seinem Verhalten im Kaminzimmer könnte deshalb durchaus ein Verzicht auf den Schutz der notariellen Beurkundung gesehen werden, weswegen eine Berufung seinerseits auf den Formmangel ausscheiden könnte. Dieses Ergebnis würde noch dadurch unterstrichen, dass auch für die GmbH sowohl Warn- als auch Beratungsfunktion keine wesentliche Rolle spielten. Da das Projekt auch für die GmbH sehr wichtig ist, hätte GF beim Notar ebenfalls keinen Abstand vom Vertrag genommen. Die Normzwecke würden einer Ausnahme von der Nichtigkeit somit nicht entgegenstehen.

      Diese Argumentation birgt allerdings die große Gefahr, durch die Konstruktion eines abstrakten Ausnahmetatbestands die Formvorschrift letztlich doch zur Disposition der Parteien zu stellen. Mit einer Begründung über die Formzwecke sollte deswegen besonders vorsichtig umgegangen werden und auf die zuerst dargestellten Kriterien der Bestimmtheit, des schutzwürdigen Vertrauens und der Erforderlichkeit nicht verzichtet werden.

      Im Ergebnis liegt es deshalb näher, einen wirksamen Vertrag und damit einen Erfüllungsanspruch aus § 433 I BGB zu verneinen.

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      Ergänzender Hinweis:

      Verwehrt man dagegen – ebenfalls vertretbar – L mit einer der aufgezeigten Argumentationslinien, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen, gilt der Kaufvertrag als wirksam geschlossen. Zu überlegen ist dann, ob sich L von diesem Vertrag wieder lösen kann:

      In Betracht zu ziehen ist ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Dazu müsste die gleichbleibend (schlechte) finanzielle Situation des L Teil der Geschäftsgrundlage geworden sein. Unter dem Begriff Geschäftsgrundlage werden objektive und subjektive Geschäftsgrundlage zusammengefasst. Zur subjektiven Geschäftsgrundlage gehören die bei Abschluss des Vertrags zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem

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