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Der F ist ein bewährter Mitarbeiter. Er arbeitet schon viele Jahre beanstandungsfrei für die S-AG. Ein Mangel bei der Auswahl des F ist der S-AG gewiss nicht vorzuwerfen. Allenfalls könnte man überlegen, ob sie die Pflicht getroffen hätte, genauere Dienstanweisungen zu geben, in denen auch das Verhalten ihres Betriebspersonals gegenüber erkennbar betrunkenen bzw. hilflosen Personen ausdrücklich geregelt ist.
Der BGH hat im zugrundeliegenden ähnlichen Fall eine Pflicht der verklagten Betreibergesellschaft zur Normierung eindeutiger Anweisungen verneint.[56] Allerdings lag der Sachverhalt dort etwas anders. Die einschlägige Dienstanweisung enthielt zumindest die pauschale Anweisung, hilflosen Personen zu helfen. Davon ist hier mangels einer entsprechenden Angabe im Sachverhalt nicht auszugehen.
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Gleichwohl ist sehr fraglich, ob eine solche allgemein gehaltene Anweisung geeignet gewesen wäre, Unfälle wie den vorliegenden zu verhindern. Es spricht einiges dafür, dass ein entsprechendes pflichtwidriges Unterlassen jedenfalls nicht als kausal anzusehen ist. Will man das Gegenteil annehmen und eine ursächliche Pflichtverletzung bejahen, könnte zur Begründung der Kausalität eine Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten in Betracht gezogen werden, da der Mangel an der Dienstanweisung zumindest das Gefahrenpotential erhöht.
Diese Pflichtverletzung wäre dann auch schuldhaft i. S. d. § 280 I 2 BGB. Bei gebührender Aufmerksamkeit wäre die Unvollständigkeit der Dienstanweisung leicht vermeidbar gewesen. Etwaige Versäumnisse ihres Vorstands und anderer verfassungsmäßiger Vertreter, die letztlich für die Dienstanweisung verantwortlich sein werden, hat sie nach § 31 BGB analog wie eigenes Verschulden zu vertreten. Diese Vorschrift aus dem Recht des eingetragenen Vereins ist nach allgemeiner Meinung auch auf die Aktiengesellschaft anzuwenden.[57]
Zum Schaden, dem Umfang des Schadens und eines schadensmindernden Mitverschuldens ergeben sich gegenüber den vorstehenden Ausführungen keine Unterschiede.
2. Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB
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Zu Rechtsgutsverletzung und Schaden kann auf die Ausführungen oben verwiesen werden. Aus dem Betrieb einer Straßenbahn erwachsen spezifische Gefahren. Die S-AG ist als Betreiber dieses Verkehrs dafür verantwortlich, Vorkehrungen gegen vorhersehbare Gefahren zu treffen. Sofern man bei Prüfung des § 280 I BGB eine zu vertretende Pflichtverletzung angenommen hat, muss hier, um Selbstwidersprüche zu vermeiden, auch von der schuldhaften Verletzung einer Verkehrspflicht ausgegangen werden. Die Voraussetzungen entsprechen sich in diesem konkreten Fall
3. Anspruch auf Schadensersatz aus § 831 BGB
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A könnte gegen die S-AG ferner einen Schadensersatzanspruch aus § 831 BGB haben. Verrichtungsgehilfe ist derjenige, der mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und dabei von dessen Weisungen abhängig ist.[58] F ist als Fahrer bei S angestellt und muss die Dienstanweisungen befolgen. Er ist somit Verrichtungsgehilfe. Der Schaden entstand auch in Ausführung der übertragenen Verrichtungen, nicht nur bei deren Gelegenheit.
§ 831 BGB setzt eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung des Verrichtungsgehilfen voraus. Das ist dann, aber auch nur dann zu bejahen, wenn im ersten Teil der Arbeit ein objektiv pflichtwidriges Unterlassen des F i. S. v. § 823 I BGB bejaht wurde.
Nach § 831 BGB haftet der Geschäftsherr nicht für ein Verschulden des Gehilfen, wie es bei der Zurechnungsnorm des § 278 BGB der Fall ist, sondern für ein eigenes, vermutetes Verschulden. Der Verrichtungsgehilfe muss deshalb nur tatbestandsmäßig und rechtswidrig handeln, aber nicht schuldhaft i. S. v. § 276 I BGB. Trotzdem haftet der Geschäftsherr nach dem Schutzzweck der Norm nicht, wenn sich der Verrichtungsgehilfe objektiv fehlerfrei, also sachgerecht und vernünftig verhalten hat.[59] Dies hängt wiederum von der vorherigen Argumentation zum Anspruch gegen F aus § 823 I BGB ab.
Das Verschulden des Geschäftsherrn bei der Auswahl und Überwachung des Gehilfen wird vermutet. Außerdem wird vermutet, dass ein haftungsbegründender Kausalzusammenhang zwischen Verschulden des Geschäftsherrn und Schädigung durch den Gehilfen besteht. Diese Vermutungen muss der Geschäftsherr gegenbeweislich entkräften.[60]
Ob diese so genannte Exkulpation der S-AG gelingt, hängt erneut von früheren Weichenstellungen in der Falllösung ab. F wurde sorgfältig ausgewählt. Er arbeitet seit vielen Jahren bei S, ohne dass es Beanstandungen gab. Auch an regelmäßigen Kontrollen ließ es die Gesellschaft nicht fehlen. Wenn man jedoch zuvor ein Organisationsverschulden bei der Abfassung der Dienstanweisung bejaht, trifft die S-AG allemal ein Vorwurf im Bereich der Anleitung des Verrichtungsgehilfen.
Vgl. zu § 831 BGB auch Fall 11 „Altenteil“.
4. Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 1, 6 HaftPflG
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A könnte schließlich ein Anspruch nach dem Haftpflichtgesetz zustehen. Als Betreibergesellschaft haftet die S-AG für Schäden, die einem Fahrgast beim Betrieb der Bahn zustoßen, nach dem Recht der Gefährdungshaftung für Schienenfahrzeuge (§ 1 HaftPflG).
Die Verletzung muss beim Betrieb der Bahn eingetreten sein. In diesem Tatbestandsmerkmal kommt der allgemeine Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass eine Gefährdungshaftung nur dann eingreifen soll, wenn sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, um derentwillen der Gesetzgeber die strenge Haftung angeordnet hat.[61] Damit ist nach dem Schutzzweck der haftungsbegründenden Norm bei der Gefährdungshaftung ebenso zu fragen, wie bei der Verschuldenshaftung. Es ist durchaus fraglich, ob die Gefahr von Verbrennungen, die sich der A aufgrund der Verkettung mehrerer Umstände zugezogen hat, noch zu den spezifischen Betriebsgefahren einer Straßenbahn gehört.
Zu beachten ist aber, dass zum Betrieb auch die Sicherheit der Anlage und die Betriebsorganisation, insb. die Auswahl, Anleitung und Überwachung des Personals gehört. Zudem genügt es, wenn ein unmittelbarer äußerer, also örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Unfall und einer bestimmten Betriebseinrichtung der Bahn besteht.[62] Der Schutzzweck kann deshalb bejaht werden.
Eine Haftung ist gem. § 1 II HaftPflG ferner dann ausgeschlossen, wenn höhere Gewalt vorliegt. Dies ist ebenso auszulegen wie in § 7 II StVG. Höhere Gewalt („act of god“)[63] soll dann vorliegen, wenn ein schadenstiftendes Ereignis von außen kommend derart unvorhersehbar und auch bei Anwendung äußerster Sorgfalt ohne Gefährdung des Betriebs bzw. wirtschaftlichen Erfolgs nicht abzuwenden war und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Rechnung zu ziehen wäre.[64] Von höherer Gewalt in diesem Sinne kann hier keine Rede sein.
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Rechtspolitisch bedenklich könnte sein, dass vorliegend A, der sich selbst willentlich in einen hilflosen Zustand versetzt hat, indem er sich alkoholisierte, einen Schadensersatzanspruch zugesprochen erhält, obgleich die schädigenden Handlungen letztlich durch ihn selbst verübt wurden. Allein die Berücksichtigung des Mitverschuldens vermag womöglich nicht als Argument für eine Haftung