Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher
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Art. 13 Abs. 3 S. 1 ist gleichzeitig einseitige Kollisionsnorm („Ehe... im Inland... geschlossen“), und Exklusivnorm („nur in der hier vorgeschriebenen Form“). Als solche ist sie wohl sinnvoll, soweit sie die Statussicherheit schützt; andererseits vom Säkularisierungseifer des endenden 19. Jahrhunderts geprägt, soweit sie die obligatorische Zivilehe über das deutsche Recht als Eheschließungsstatut hinaus durchsetzt. Art. 16 Abs. 1 („hat einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland... so ist § 1412... anzuwenden“) ist als Schutznorn für den Rechtsverkehr sicher nötig. Besonders augenfällig – und rechtspolitisch störend! – war dagegen der Exklusivcharakter von Art. 38 aF (vor 1999): deutsches Deliktsrecht beschränkte Deliktsansprüche nach dem eigentlich anwendbaren Statut, wenn Täter ein Deutscher war. Keine Exklusivnorm ist Art. 7 Abs. 2; es handelt sich um eine – sogar ausnahmsweise der Verallseitigung zugängliche – einseitige Kollisionsnorm.
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2. Manche ebenfalls als Exklusivnormen bezeichnete Normen[7] schaffen hingegen nicht den exklusiven Vorrang deutschen Rechts, sondern ermöglichen eine subsidiäre, hilfsweise Inanspruchnahme deutschen Rechts. Für solche Normen erscheint es zweifelhaft, von Exklusivnormen zu sprechen, da sie gerade nicht Exklusivität des deutschen Rechts, sondern Anpassung an deutsche Rechtsverhältnisse erlauben.
Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr 2 und Abs. 3 Nr 2 erlauben Ausländern die Anpassung an deutsches Ehe- und Kindesnamensrecht, verbieten aber nicht die Namensführung nach dem von Art. 10 Abs. 1 berufenen allgemeinen Namensstatut; ähnlich Art. 13 Abs. 2. Diese Wahl kann, muss aber nicht erfolgen.
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3. Retorsionsnormen gehören zum völkerrechtlichen Instrumentarium des 19. Jahrhunderts; sie versuchen die Durchsetzung von internationaler Rechtsvereinheitlichung durch mittelbaren Zwang, indem sie die Angehörigen eines Staates benachteiligen, sofern dieser Staat nicht bereit ist, deutschen Staatsangehörigen eine Meistbegünstigung einzuräumen. Das deutsche IPR enthält solche Normen nicht mehr. Vgl aber im IZPR § 110 Abs. 2 Nr 1 ZPO und § 328 Abs. 1 Nr 5 ZPO, § 109 Abs. 4 Nr 5 FamFG.
Anmerkungen
Ob die Rom III-VO das IPR für Privatscheidungen regelt, ist fraglich: EuGH Rs. C-281/15 ECLI:EU:C:2016:343 (Sahyouni/Mamisch) nicht entschieden; neues Vorabentscheidungsersuchen: OLG München BeckRS 2016, 12020; EuGH C-372/16 (Sahyouni/Mamisch II).
Palandt/Grüneberg § 244, 245 Rn 7, 19.
BGHZ 82, 34.
Kegel/Schurig § 6 I 5.
Mit dieser Tendenz zur Durchsetzung der Richtlinie 86/653/EWG (Handelsvertreter-Richtlinie): EuGH Rs. C-381/98 ECLI:EU:C:2000:605 (Ingmar GB Ltd/Eaton Leonard Technologies Inc.).
BGHSt 25, 209.
Vgl Kegel/Schurig § 6 I 3.
Teil II Allgemeine Lehren des IPR › § 3 Verweisung
§ 3 Verweisung
Inhaltsverzeichnis
B. Renvoi (Rück- und Weiterverweisung)
C. Unteranknüpfung bei Mehrrechtssystemen
D. Intertemporale Kollisionen
E. Statutenwechsel und Anknüpfungszeitpunkt
Teil II Allgemeine Lehren des IPR › § 3 Verweisung › A. Anknüpfungskriterien
A. Anknüpfungskriterien
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Anknüpfungskriterien oder Anknüpfungsmomente sind rechtliche Merkmale, die dem im Tatbestand einer Verweisungsnorm beschriebenen Sachverhalt anhaften und seinen Bezug zu einer Rechtsordnung beschreiben. Auf der Rechtsfolgenseite der Verweisungsnorm wird das durch das Anknüpfungskriterium bezeichnete Recht für anwendbar erklärt. Anknüpfungskriterien transportieren also ein Element des Sachverhalts in die Rechtsfolge der Verweisungsnorm. Wenn sich das Anknüpfungskriterium auf eine Eigenschaft einer Person bezieht, so ist diese das Anknüpfungssubjekt der Verweisungsnorm.
In Art. 7 Abs. 1 ist Anknüpfungskriterium die Staatsangehörigkeit, Anknüpfungssubjekt ist die dort genannte Person; Rechtsfolge ist die Anwendung des Rechts des Staates, dem die Person angehört.
In Art. 11 Abs. 1 gibt es kein Anknüpfungssubjekt, Anknüpfungsgegenstand ist das Rechtsgeschäft, Anknüpfungskriterium der Ort seiner Vornahme.
Art. 14 Abs. 1 enthält zwei Anknüpfungssubjekte, die, bezogen auf das Anknüpfungskriterium „Staatsangehörigkeit“, verschiedene Eigenschaften haben können, weshalb subsidiäre Anknüpfungskriterien erforderlich sind, da auf den Sachverhalt nicht zwei verschiedene Rechtsordnungen anwendbar sein können.