Zwangsvollstreckungsrecht. Bettina Heiderhoff
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Inhaltsverzeichnis
I. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
II. Sonderproblem: Prozessstandschaft in der Zwangsvollstreckung
III. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen
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Vor jeder Art der Zwangsvollstreckung muss das zuständige Vollstreckungsorgan zunächst die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung überprüfen, bevor es die Vollstreckung beginnt. Zu diesen Voraussetzungen gehören die allgemeinen Verfahrens-, die allgemeinen Vollstreckungs- und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen.
§ 3 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung › I. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
I. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
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Auf das Vollstreckungsverfahren sind zunächst die Vorschriften der ZPO über das Erkenntnisverfahren anzuwenden. Die prozessualen Verfahrensvoraussetzungen der Zwangsvollstreckung gleichen daher im Wesentlichen den Voraussetzungen im Erkenntnisverfahren[1]. Auch im Zwangsvollstreckungsrecht gilt grundsätzlich die Dispositionsmaxime, so dass ohne Antrag des Gläubigers keine Vollstreckung aus dem Titel erfolgt. Der Antrag ist an das zuständige Vollstreckungsorgan zu richten. Er ist formfrei und es besteht kein Anwaltszwang nach § 78 ZPO. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise dann, wenn das Landgericht Prozessgericht erster Instanz und als solches Vollstreckungsgericht ist (z.B. §§ 888, 890 ZPO; näher Rn. 676).
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Im Übrigen müssen Gläubiger und Schuldner partei- und prozessfähig sein. Es müssen die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben und der Rechtsweg eröffnet sein. Des Weiteren müssen die Parteien prozessführungsbefugt sein. Die Prozessführungsbefugnis ist in der ZPO nicht geregelt. Man versteht darunter die Befugnis, als Partei über ein Recht im eigenen Namen einen Rechtsstreit führen zu können (parallel zur materiell-rechtlichen Geschäftsfähigkeit). Letztlich ist auch das Vorliegen eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses erforderlich. Es besteht auch, wenn wegen einer Minimalforderung vollstreckt wird (Rn. 44). Sein Fehlen kommt eher bei Rechtsbehelfen des Schuldners in Betracht, etwa dann, wenn dieser sich gegen eine bereits beendete Maßnahme wenden möchte.
§ 3 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung › II. Sonderproblem: Prozessstandschaft in der Zwangsvollstreckung
II. Sonderproblem: Prozessstandschaft in der Zwangsvollstreckung
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Im Erkenntnisverfahren kann eine Person auch dann prozessführungsbefugt sein, wenn sie nicht ein eigenes, sondern ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht (sog. Prozessstandschaft). Dazu muss sie nur von dem eigentlichen Rechtsinhaber zur gerichtlichen Geltendmachung des Rechts ermächtigt werden, ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung haben und die Prozessstandschaft muss nach ganz herrschender Ansicht im Prozess offen gelegt werden[2]. Man spricht von „gewillkürter Prozessstandschaft“.
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Im Vollstreckungsverfahren muss man dagegen differenzieren. Wenn das Erkenntnisverfahren in Prozessstandschaft geführt wurde, dann kann auch die Zwangsvollstreckung von dem Prozessstandschafter betrieben werden. Anders ist es, wenn das Erkenntnisverfahren nicht in Prozessstandschaft, sondern vom Anspruchsinhaber selbst geführt wurde. Dann wird eine gewillkürte Prozessstandschaft nur für die Vollstreckung (man spricht von einer isolierten Vollstreckungsstandschaft) von der herrschenden Ansicht als unzulässig angesehen. Formal wird dies damit begründet, dass diese mit der in §§ 727, 750 ZPO niedergelegten Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts nicht vereinbar sei. Allein die Ermächtigung zur Vollstreckung stellt eben keine Rechtsnachfolge iSd. § 727 ZPO dar[3]. Aber es gibt auch ein starkes inhaltliches Argument. Würde die isolierte Vollstreckungsstandschaft zugelassen, entstünde nämlich die Gefahr, dass die Vollstreckung vermehrt missbräuchlich in die Hände von rabiaten Spezialisten gelegt würde. Wer nicht selbst vollstrecken möchte, muss also entweder schon das Erkenntnisverfahren von Dritten durchführen lassen oder diesen die titulierte Forderung abtreten.
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Bei allem ist zu beachten, dass Vollstreckungsgläubiger nur derjenige sein kann, der im Titel als Gläubiger vermerkt ist. Eine Vollstreckungsermächtigung an einen nicht im Titel genannten Dritten ist unzulässig. Wechselt der Inhaber der Forderung nach dem Ende des Verfahrens, so braucht der neue Inhaber für die Vollstreckung eine titelübertragende Klausel (Rn. 113).
§ 3 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung › III. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen
III. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen
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Neben den „normalen“ allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen müssen die allgemeinen und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen werden mit Titel, Klausel und Zustellung bezeichnet.
§ 3 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung › III. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen › 1. Titel
a) Allgemeines
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Der Titel gibt dem Vollstreckungsgläubiger die Berechtigung, den staatlichen Vollstreckungsanspruch geltend zu machen. Der Titel ist eine öffentliche Urkunde, aus der kraft ausdrücklicher Vorschriften die Zwangsvollstreckung betrieben werden darf. Es gibt verschiedene Arten von Titeln. § 704 ZPO kann man entnehmen, dass das Endurteil den typischen Fall des vollstreckbaren Titels darstellt. Weitere Titel sind in § 794 I ZPO aufgezählt.
Hinweis:
Nicht für alle Titel gelten die Vorschriften über die Vollstreckung eines Endurteils unverändert. Nach § 795 ZPO gelten vielmehr die in den §§ 795a ff ZPO für die jeweilige Art des Titels bestimmten Besonderheiten. Man sollte daher immer in den §§ 795a ff ZPO nachsehen, ob es eine solche Abweichung gibt, wenn man in der Klausur die Vollstreckung aus einem sonstigen Titel prüft.
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