Zwangsvollstreckungsrecht. Bettina Heiderhoff
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Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Parteifähigkeit im Zivilprozess, die gemäß § 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, nicht abgesprochen werden. (…)
Die Regelung des § 736 ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich ist, steht der Anerkennung der Parteifähigkeit nicht entgegen. Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil „gegen alle Gesellschafter“ im Sinne des § 736 ZPO. Die Vorschrift verlangt weder vom Wortlaut noch vom Zweck her ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter. (…) Aus der Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO folgt, dass Zweck dieser Regelung die Verhinderung der Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Ausschluss der Parteifähigkeit der Gesellschaft ist.“
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Daraus folgt aber auch, dass nicht in das Privatvermögen der jeweiligen Gesellschafter vollstreckt werden kann, wenn nur ein Titel gegen die Gesellschaft erlangt wurde. In der Praxis sollten deshalb immer die GbR und zugleich sämtliche dem Gläubiger bekannten Gesellschafter verklagt werden. Materiell-rechtlich ist die Haftung der Gesellschafter im Regelfall unproblematisch gegeben, weil § 128 HGB analog gilt[14]. Möglich ist außerdem stets auch, aus einem Titel gegen einen ganz bestimmten Gesellschafter zu vollstrecken. Dann aber richtet sich die Vollstreckung (natürlich) auch nur gegen dessen Vermögen, zu dem unter anderem sein Anteil an der Gesellschaft gehört.
c) Sonderfall: Vollstreckung gegen nicht im Titel genannte Personen
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Die Frage, ob eine Vollstreckung gegen nicht im Titel genannte Personen erfolgen darf, stellt sich auch bei der Räumung von Wohnungen. Sie war in jüngerer Zeit Gegenstand zahlreicher Entscheidungen des BGH.
Beispiel 5 (Räumung gegenüber Lebensgefährten und Kindern):
Der Gerichtsvollzieher will die Wohnung des Mieters M räumen, nachdem der Vermieter V gegen M ein vollstreckbares Räumungsurteil erlangt hat. Als der Gerichtsvollzieher die Wohnung räumen will, trifft er dort die Lebensgefährtin des M sowie drei gemeinsame minderjährige Kinder an, die alle in der Wohnung wohnen. Was wird der Gerichtsvollzieher tun?
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Bei der Herausgabevollstreckung setzt der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsschuldner aus dem Besitz der Räumlichkeit (§ 885 ZPO, Rn. 665 ff). Die Vollstreckung ist nur möglich, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. In Beispiel 5 ist die Vollstreckung gegen M als im Titel genannten Vollstreckungsschuldner ohne weiteres möglich. Problematisch ist aber, ob der Gerichtsvollzieher auch die Kinder und die Lebensgefährtin aus der Wohnung verweisen darf, da diese nicht im Titel als Vollstreckungsschuldner genannt sind. Denn eine Vollstreckung ist grundsätzlich nur möglich, wenn der Vollstreckungsschuldner im Titel genannt ist (§ 750 ZPO).
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Es ist unstreitig, dass ein Dritter nicht ohne einen gerade gegen ihn gerichteten Titel aus einer Wohnung verwiesen werden darf, wenn der Dritte selbst einen Vertrag mit dem Gläubiger hat (also selbst Mitmieter ist). Unstreitig ist auch, dass bei Ehegatten ein Titel gegen Mann und Frau vorliegen muss, selbst wenn nur einer von ihnen Mieter der Wohnung ist.
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Ob eine Vollstreckung gegen Dritte (Lebensgefährten, Kinder, Untermieter) aus einem Titel gegen den Schuldner möglich ist, wenn diese Personen dem Gläubiger gegenüber kein eigenständiges vertragliches Recht haben, wird dagegen sehr unterschiedlich beurteilt.
Teilweise wird vertreten, dass ein Vollstreckungstitel gegen den Schuldner immer ausreicht, wenn der Dritte sein Besitzrecht nicht von dem Vermieter ableitet[15]. Für Ehegatten, die nicht selbst Mieter sind, muss ein solches abgeleitetes Besitzrecht dann konstruiert werden. Das verursacht aber wegen Art. 6 I GG keine Schwierigkeiten[16].
Andere verfolgen einen restriktiveren Ansatz. Sie meinen aber dennoch, dass ein Vollstreckungstitel gegen den Schuldner allein wenigstens dann ausreichen müsse, wenn der Dritte den Mitbesitz ohne oder gegen den Willen des Vermieters begründet oder gegenüber dem Vermieter verheimlicht hat[17].
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Dem BGH ist auch dieses Verständnis noch zu weit. Er meint, dass der Gläubiger aus einem Räumungstitel gegen den Mieter einer Wohnung nie gegen im Titel nicht aufgeführte Dritte vollstrecken könne, wenn diese dritten Besitzer (Allein- oder Mitbesitzer) der Wohnung seien. Dabei wird bei Ehegatten der erforderliche Mitbesitz grundsätzlich vermutet, bei nichtehelichen Lebensgefährten muss der Mitbesitz hingegen positiv festgestellt werden.
Grundsatz BGH NJW 2004, 3041 = BGHZ 159, 383:
„Aus einem Räumungstitel gegen den Mieter einer Wohnung kann der Gläubiger nicht gegen einen im Titel nicht aufgeführten Dritten vollstrecken, wenn dieser (wenigstens) Mitbesitzer ist.“
Zur Feststellung des Mitbesitzes bei Lebensgefährten und Kindern BGH NJW 2008, 1959:
„Vielmehr muss anhand der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden, ob der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer oder nicht nur Besitzdiener ist. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse hat der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan zu prüfen. Die Einräumung des Mitbesitzes an den nichtehelichen Lebensgefährten muss durch eine von einem entsprechenden Willen getragene Handlung des zuvor alleinbesitzenden Mieters nach außen erkennbar sein.“
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Minderjährige Kinder haben in der Regel keinen Besitz an der Wohnung, so dass ein Räumungstitel gegen diese nicht erforderlich ist. In Beispiel 5 kann der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung gegen die Lebensgefährtin daher nicht durchführen, bis ein Räumungstitel gegen diese vorliegt. Die Kinder hingegen können aus der Wohnung verwiesen werden, da diese nicht Besitzer nach § 885 ZPO sind, sondern lediglich Besitzdiener nach § 855 BGB. Sie erlangen in der Regel auch dann keinen eigenen Mitbesitz, wenn sie erwachsen werden[18].
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Beispiel 6 (Räumung bei Untervermietung):
Vermieter V hat einen Räumungstitel gegen Mieter M erwirkt. Als der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung durchführen will, wird ersichtlich, dass M die Wohnung nach Erlass des Räumungsurteils an U untervermietet hat. Gegen U liegt kein Vollstreckungstitel vor. Kann der Gerichtsvollzieher vollstrecken?
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Problematisch ist in Beispiel 6 wiederum, dass gegen U kein Vollstreckungstitel