Zwangsvollstreckungsrecht. Bettina Heiderhoff
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Von Bedeutung ist in der Begründetheit weiterhin, dass sich der Beklagte im Rahmen des § 731 ZPO auch mit denjenigen materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den dem Titel zugrunde liegenden Anspruch verteidigen kann, zu deren Geltendmachung er ansonsten die Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 I ZPO erheben müsste[8]. Das gebietet die Prozessökonomie[9]. Allerdings gelten auch hier die Grenzen des § 767 II ZPO. Der Schuldner ist also bei der Klauselerteilungsklage mit solchen Einwendungen präkludiert, die er schon im Ausgangsrechtsstreit hätte geltend machen können (näher Rn. 219 ff). Wenn etwa der Erbe eine Klausel nach § 727 ZPO als Rechtsnachfolger des Erblassers im Wege der Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO beantragt, kann der Beklagte in diesem Prozess geltend machen, dass dem zu vollstreckenden Anspruch des Erben materielle Einwendungen (etwa Erfüllung, Aufrechnung, Stundung) entgegenstehen. Diese Einwendungen müssen sich wegen § 767 II ZPO aber neu (d.h. vereinfacht gesagt: nach dem Ende des ersten Verfahrens) ergeben haben.
Hinweis:
Zu beachten ist, dass sich dies wiederum auswirkt, wenn der Schuldner später seinerseits eine Vollstreckungsabwehrklage erheben will. Die Präklusionsvorschrift des § 767 II ZPO greift nämlich dann mit einer veränderten Perspektive ein. Der relevante Zeitpunkt für die Präklusion ist nicht mehr der Ausgangsrechtsstreit, sondern nunmehr das Verfahren über die Klauselerteilungsklage. Wenn der Beklagte also bereits zurzeit des Klauselerteilungsverfahrens materielle Einwendungen gegen den Anspruch hat und es unterlässt, diese Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren geltend zu machen, dann ist er bei einer späteren Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 I ZPO mit diesen Einwendungen ausgeschlossen (§ 767 II ZPO).
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 1. Zielrichtung
1. Zielrichtung
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Die Klauselgegenklage nach § 768 ZPO stellt das prozessuale Gegenstück zur Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO dar[10]. Ist eine qualifizierte Klausel nach den in § 768 ZPO genannten Vorschriften erteilt worden, kann der Vollstreckungsschuldner den Eintritt der materiellen Voraussetzungen für die Klauselerteilung bestreiten und gegen die Klausel mit der Klage nach § 768 ZPO vorgehen.
Aufbau: Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
I. | Zulässigkeit 1. Zuständigkeit: Prozessgericht der ersten Instanz – § 768 iVm. § 767 I ZPO 2. Statthaftigkeit: der Kläger muss behaupten, dass die Bedingung nach § 726 ZPO oder die Rechtsnachfolge nach § 727 ZPO nicht eingetreten ist. 3. Antrag und Form nach den allgemeinen Vorschriften über die Klageerhebung, insbesondere § 253 ZPO 4. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis |
II. | Begründetheit Fehlen der Voraussetzungen der §§ 726, 727 ff ZPO |
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Im Gegensatz zur Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO ist die Klauselgegenklage eine prozessuale Gestaltungsklage[11]. Das Gericht stellt nicht deklaratorisch fest, dass die Klausel nicht erteilt werden durfte, sondern erklärt die Zwangsvollstreckung aus der Klausel rechtsgestaltend für unzulässig. Dementsprechend lautet der Antrag bzw. die Urteilsformel: „Die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger aus der (hinreichende Beschreibung mit Datum) vollstreckbaren Ausfertigung wird für unzulässig erklärt.“
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§ 768 ZPO ist auch auf die Titel nach § 794 ZPO anwendbar (vgl. § 795 ZPO). Außerdem wird § 768 ZPO dann analog angewendet, wenn sich der „richtige“ Gläubiger dagegen wehren will, dass einem anderen Gläubiger eine Klausel erteilt wurde[12].
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 2. Zulässigkeit
a) Statthaftigkeit
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Die Klauselgegenklage ist nur dann statthaft, wenn sich der Vollstreckungsschuldner mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel wehrt. Etwaige formelle Fehler (wenn etwa das unzuständige Organ die Klausel erteilt hat) können mit § 768 ZPO nicht gerügt werden. Hat der Kläger nur solche vorzubringen, ist die Klauselgegenklage unstatthaft und als unzulässig abzuweisen. Der Kläger muss die Klauselerinnerung einlegen. Dem Schuldner steht die Klage nach § 768 ZPO grundsätzlich auch neben einer Klauselerinnerung nach § 732 ZPO zu (arg. ex § 768 ZPO a.E.)[13].
b) Zuständigkeit
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Ausschließlich zuständig ist wiederum das Prozessgericht erster Instanz (§§ 768, 802 ZPO). Bei notariellen und gerichtlichen Urkunden sowie bei Vollstreckungsurkunden sind die Vorschriften der §§ 796 III, 797 V ZPO zu beachten.
c) Keine entgegenstehende Rechtskraft
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Die Klage ist wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig, wenn die anzugreifende Klausel aufgrund eines nach § 731 ZPO ergangenen rechtskräftigen Urteils erteilt worden ist und die Klage nicht auf neue Tatsachen gestützt wird, die zeitlich nach Abschluss des Vorprozesses entstanden sind[14].
d) Rechtsschutzbedürfnis
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Es handelt sich um eine Gestaltungsklage und nicht um eine Feststellungsklage (Rn. 155); ein besonderes Feststellungsinteresse analog § 256 ZPO ist daher entbehrlich. Vielmehr liegt das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis vor, sobald die Klausel erteilt worden ist. Die Zwangsvollstreckung muss nicht bereits begonnen haben, sie muss nicht einmal angedroht worden sein. Das Rechtsschutzbedürfnis endet erst, wenn die Zwangsvollstreckung beendet, der Gläubiger also vollständig befriedigt worden ist.