Zwangsvollstreckungsrecht. Bettina Heiderhoff
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Zwangsvollstreckungsrecht - Bettina Heiderhoff страница 37
176
In Beispiel 13a liegt kein wirksamer Titel nach § 794 I Nr. 5 ZPO vor, da die notarielle Unterwerfungserklärung in dem Vertrag mangels Unterschrift nicht wirksam abgegeben worden ist. Das Fehlen des Titels ist hier offensichtlich und wird daher vom Klauselerteilungsorgan – hier also nach § 797 II ZPO vom Notar – überprüft. Wenn das Organ dies nicht überprüft oder wenn es trotz Prüfung eine Klausel erteilt, macht es einen Fehler. Gegen die Erteilung der Klausel ist daher die Erinnerung nach § 732 ZPO statthaft. Ein ähnlicher Fall ist gegeben, wenn die Unterwerfungserklärung zwar eine Unterschrift trägt, diese aber von einer offensichtlich nicht bevollmächtigten Person geleistet wurde (näher auch noch Rn. 271, 272, 274).
177
In Beispiel 13b hingegen liegt zwar mangels eigener Unterschrift ebenfalls kein Titel vor. Jedoch ist das nunmehr nicht offensichtlich. Der Notar kann die Fälschung nicht oder nur nach eingehender Prüfung erkennen. Nach herrschender Ansicht darf eine detaillierte Prüfung bei der Erteilung einer einfachen Klausel nicht vorgenommen werden (Formalisierungsgedanke). Die Klausel muss erteilt werden, wenn der Titel wirksam scheint – eine nähere rechtliche Prüfung durch den Notar ist nicht zulässig[26]. Hier hat also der Notar bei der Klauselerteilung keinen Fehler gemacht. S wird mit einer Erinnerung nach § 732 ZPO daher jedenfalls keinen Erfolg haben.
Auch § 768 ZPO kann nicht eingreifen. Es handelt sich hier um eine einfache Klausel, für die § 768 ZPO ohnehin nie passt. Es wurde außerdem keiner der dort genannten Fehler gemacht. Keiner der kodifizierten Rechtsbehelfe passt also, wenn S die (versteckte) Unwirksamkeit des Titels geltend machen will (zur passenden Klage analog § 767 ZPO unten § 6).
178
In Beispiel 13c ist dagegen alles ganz einfach. Laut Sachverhalt liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der qualifizierten Klausel nicht vor. Daher ist die Klauselgegenklage aus § 768 ZPO statthaft. Aber es muss hier offenbar auch ein „einfacher“ Fehler bei der Erteilung der Klausel gemacht worden sein, denn der Rechtspfleger hätte einen Nachweis für die Fälligkeit von G verlangen müssen. Also greift auch § 732 ZPO ein. S kann wählen, welchen Rechtsbehelf er einlegt.
179
Klausurhinweis:
Es handelt sich bei diesen Abgrenzungsfragen um hoch aktuelle Probleme, deren Kenntnis in der Klausurbearbeitung unentbehrlich ist. Zuletzt hat der BGH auch mehrmals zur Abgrenzung zwischen Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) und Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) entschieden[27]. Dabei handelt es sich um eine für Klausuren besonders gut geeignete Konstellation. Während die Klauselerinnerung bei einem Fehler des „Klauselorgans“ passt, greift die Vollstreckungserinnerung bei einem Fehler des Vollstreckungsorgans (Rn. 484). Bei der Prüfung der Statthaftigkeit muss also genau geprüft werden, in wessen Aufgabenbereich der gerügte Fehler gehört. Der BGH meinte dazu insbesondere, das Vorliegen einer Vollmacht zur Erklärung der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung sei nur im Klauselerteilungsverfahren, nicht aber im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen (näher dazu Beispiel 30 Rn. 272). Offengelassen hat der BGH nur, wie zu entscheiden wäre, wenn der Fehler bei der Erteilung der Klausel so erheblich ist, dass dies auch dem Vollstreckungsorgan gleich hätte auffallen müssen.
c) Rechtsschutzbedürfnis
180
Das Rechtsschutzbedürfnis liegt vor, sobald die Klausel erteilt worden ist und entfällt wieder, wenn die Vollstreckung vollständig beendet ist. Die Klage ist unzulässig, wenn die Rechtmäßigkeit der Klauselerteilung bereits durch ein Urteil nach § 731 ZPO rechtskräftig festgestellt worden ist.
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) › 3. Begründetheit
3. Begründetheit
181
Die Erinnerung ist begründet, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Klausel nicht vorliegen. Diesbezüglich werden insbesondere formelle Einwendungen relevant, z.B. die völlige Unbestimmtheit des Titels, die Unwirksamkeit des Titels wegen fehlender Vertretungsmacht oder die fehlende Vollstreckbarkeit nach § 704 ZPO oder § 794 ZPO. Nicht geprüft werden dürfen wiederum Einwendungen, die bereits in einem Verfahren nach § 731 ZPO (Rn. 153) oder aber § 768 ZPO geprüft wurden (Rn. 154).
182
Zur Vertiefung:
Wie sich Veränderungen auswirken, die während des Verfahrens eintreten, ist bei der Klauselerinnerung in noch größerem Umfang umstritten als bei der Klauselgegenklage. Vielfach wird differenziert: Wenn eine Klausel erteilt wurde, obwohl eine Vollstreckungsvoraussetzung noch fehlte (insbesondere ein vollstreckbarer Titel), dann kann keine „Heilung“ eintreten. Der wesentliche Grund dafür liegt darin, dass sonst dem Gläubiger ein ungerechtfertigter Vorteil gegenüber möglichen anderen Gläubigern, die kurz nach ihm in die Vollstreckung gegangen sind, erhalten bliebe. Er könnte diese mit einem verfrüht gestellten Antrag letztlich endgültig „überholen“. Für andere Mängel bei der Erteilung gibt es diese Problematik nicht. Sie sollen nach dieser differenzierenden Ansicht daher „heilbar“ sein[28].
183
Urkundsbeamter und Rechtspfleger dürfen der Erinnerung in analoger Anwendung des § 572 I ZPO abhelfen[29]. Im Fall der Abhilfe gilt die Klausel als verweigert. Dem Vollstreckungsgläubiger stehen dann die Rechtsbehelfe zur Verfügung, mit denen die Klauselerteilung erzwungen werden kann (insbesondere § 573 ZPO, § 54 BeurkG, § 731 ZPO; Rn. 140).
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) › 4. Einstweilige Anordnungen
4. Einstweilige Anordnungen
184
Nach § 732 II ZPO kann das Gericht (nicht das Klauselerteilungsorgan selbst) vor der Entscheidung anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen ist oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf.
185
Fall 2 (Klauselerteilung bei Gesamtschuld und bei Abtretung):
Die Gläubigerin G1