Grundwissen Psychisch Kranke. Группа авторов

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sogar (etwa als Sektengründer) zu Ruhm gelangen können. Sie sind in der Regel warm, gutherzig und treu mit einem „sechsten Sinn“ für Gefahr und für kritische Verhältnisse, ausgestattet mit einer kreativen Ader.

      Sie fungieren daher gerne als esoterische Berater oder religiöse Lehrer, widmen sich der Malerei oder Schriftstellerei.

       3.2 Das Cluster B: Die dramatisch-emotional-launischen Persönlichkeiten

      Im Cluster B der dramatisch-emotionallaunischen Persönlichkeiten finden sich Menschen, die labil in ihren Gefühlen und unstet in der Beziehungsgestaltung sind. Obwohl sie oft aufgeblasen und rücksichtslos gegen sich selbst oder andere wirken, obwohl sie gerne „Heldengeschichten“ über sich selbst erzählen (Mythomanie), haben sie dennoch ein schwaches Selbstwertgefühl, das sich besonders häufig aus den invalidierenden oder traumatisierenden Sozialisationsbedingungen heraus verstehen lässt.

       3.2.1 Die antisoziale Persönlichkeitsstörung

      Die antisoziale Persönlichkeitsstörung42 ist in hohem Maße forensisch und polizeilich relevant. Sie findet sich unter Männern dreimal häufiger als unter Frauen. Zu ihren Kernsymptomen und -verhaltensweisen gehören nicht konformes bis gesetzwidriges Verhalten, manipulative und betrügerische Manöver, Impulsivität, Reizbarkeit und Aggressivität, riskantes und die Sicherheit anderer gefährdendes Verhalten.

      Als ein entscheidendes Merkmal für eine Persönlichkeitsstörung werden dabei immer wieder das Fehlen jeglicher Reue und ein unterentwickeltes Schuldbewusstsein gesehen. Angesichts des (oft von ihnen selbst verursachten) Leidens anderer Menschen bleiben sie kalt und gleichgültig oder rationalisieren ihre Tat auf eine gefühlsferne Art und Weise. Es findet sich somit ein Mangel an Angst und Mitgefühl.

      In ihrem Handeln wirken sie oft ruhelos und planlos, ohne Frustrationstoleranz, immer dem eigenen Vergnügen verpflichtet, ansonsten unzuverlässig und selten loyal.

      Die delinquenten Verhaltensweisen treten meistens schon in der Jugend in einer weit über das normale Maß hinausgehenden Häufigkeit und Intensität auf: Schuleschwänzen, Gewalt auf dem Schulhof, früher Drogenkontakt und Alkoholexzesse, Tierquälerei etc.

       Beispiel

       Ein Mann mit antisozialer Persönlichkeitsstörung bricht in ein Haus ein, fesselt die beiden Eltern und zwei Kinder, die dort leben. Er findet im Haus DM 50, die er entwendet. Bevor er geht, tötet er alle vier Personen mit einem Messer.

       Im forensischen Gutachtenverfahren fragt ihn der Gutachter, warum er denn die vier Menschen getötet habe – ohne Not und für einen lächerlich geringen Geldbetrag. Der Proband reagiert darauf sehr verwundert und antwortet ohne Regung: „Die hätten mich doch wiedererkannt, oder? Was hätte ich sonst tun sollen?“

       Soziale und gesundheitliche Folgeprobleme

      Bei der antisozialen Persönlichkeitsstörung handelt es sich um eine sehr schwere Form der Persönlichkeitsstörung, was die Folgekomplikationen und Prognose angeht. Sie geraten sehr häufig mit dem Gesetz in Konflikt. In Häftlingspopulationen in den USA und Kanada erfüllen 70 - 80 % der Insassen die Kriterien einer antisozialen Persönlichkeitsstörung43. Die Prognose wird meistens pessimistisch gesehen: Etwa die Hälfte der von dieser Persönlichkeitsstörung betroffenen Männer in Gefängnissen oder in der forensischen Psychiatrie wird nach der Entlassung innerhalb von drei Jahren rückfällig44. Greift man jedoch auf spezifische Behandlungsprogramme zurück, die weit über einfache Sanktionierung und klassische Psychotherapie hinausgehen, erhält man eine bis zu 40 % geringere Rückfallhäufigkeit45.

      Im privaten Leben führen antisoziale Persönlichkeiten ausbeuterische Beziehungen; sie pflegen einen hochmütig-manipulativen Beziehungsstil, tyrannisieren ihre Hausgenossen mit Überwachung, Drohungen und Gewalt. Sie haben häufig Suchtprobleme.

       Der abenteuerlich-risikofreudige Persönlichkeitsstil

      Die ständige Suche nach neuen Herausforderungen und Sensationen, das „Aufs-Ganze-Gehen“ und die Risikofreude sind nach Saß46 „ein besonderer Stoff, aus dem Helden und die antisozialen Persönlichkeiten sind“.

      Sind die o. a. Defizite daher nicht sehr ausgeprägt und sind gewisse soziale Kompetenzen erhalten, so bewähren sich solche Menschen mit einer Extraportion Risiko- und Entschlussfreude auf der Suche nach Herausforderungen ganz hervorragend in bestimmten Zusammenhängen: Dort wo „leadership“ gefragt ist, dort wo das Spiel mit der Macht honoriert wird, dort wo Grenzen überschritten und furchtsame Menschen überzeugt werden müssen, da schlägt die Stunde des abenteuerlich-risikofreudigen Menschen.47

      Sie finden sich daher sehr wahrscheinlich unter den Entdeckern und Soldaten, unter Politikern und Revolutionären, unter Menschen, die sich umso wohler fühlen, je turbulenter die Zeiten sind.

      Interessanterweise wurde in jüngster Zeit ausgerechnet in der Arbeits- und Organisationspsychologie der alte Begriff der „Psychopathie“ wiederbelebt, der mit der antisozialen Persönlichkeitsstörung weitgehend deckungsgleich gesehen wird, allerdings ergänzt um das Persönlichkeitsmerkmal eines glatten, oberflächlichen Charmes. Es wird über die Fragestellung geforscht, inwiefern solche Persönlichkeiten in Manager-Etagen und Politikergefilden großen Schaden anrichten.48

      Auch unter Polizisten wird dieser Persönlichkeitsstil bzw. die korrespondierende Störung manchmal angetroffen49. In extremer Ausprägung fällt er allerdings früher oder später als „Widerstandsbeamter“ oder „Schleifer“ auf, noch häufiger durch gewalttätig aufgeladene Beziehungsdramen im privaten Bereich.

      Unter den Bedingungen Hollywoods wird ein solcher hyperautonom-männlicher Polizistentyp immer noch gefeiert: Man denke an Mel Gibson in seiner Rolle als charmanter, risikofreudiger, aber eben auch völlig teamuntauglicher und auf die mäßigende Betreuung durch seinen Partner angewiesener Polizist in dem Streifen „Lethal Weapon“50.

       3.2.2 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung

      Der auf den ersten Blick unverständliche Begriff „Borderline“ wurde 1938 von Stern51 geprägt und sollte einen „Grenzfall“ zwischen Neurose und Psychose bezeichnen. Heute wird darunter die präzise beschriebene Kategorie einer Persönlichkeitsstörung verstanden.

      Die polizeiliche Relevanz dieses Störungsbildes ergibt sich alleine aus der Tatsache, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung mit einem Anteil von bis zu 20 % im stationären psychiatrischen Klientel und mit einer erheblichen Suizidproblematik52 zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen überhaupt gehört. Zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen.

      Im Vordergrund der Symptomatik stehen eine Störung der Emotionsregulation, die insbesondere den Umgang mit Wut betrifft sowie eine dramatische Inkonstanz und Anfälligkeit im Bereich enger Beziehungen.

      Die Betroffenen haben ein tiefes Bedürfnis nach nahen Beziehungen und tun alles dafür, ein tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu verhindern. Gleichzeitig kommt es nach Phasen der Idealisierung der Bezugspartner – mitunter anlässlich einer Bagatelle – zu einer heftigen Entwertung und Verteufelung des Partners: Es resultieren leidenschaftliche und intensive Affären mit dramatischen und radikalen Brüchen.

      In ihrer Identität sind die Betroffenen nicht sicher: Sie haben ein instabiles Selbstbild, sind schwankend in ihren Zielen und Präferenzen (einschließlich der sexuellen Präferenz), erleben sich manchmal als wertlos und ohnmächtig, dann auch wieder als irrational mächtig und böse

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