Grundwissen Psychisch Kranke. Группа авторов

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Persönlichkeitsstil36

      Menschen mit einem wachsam-scharfsinnigen Persönlichkeitsstil (also der abgeschwächten, nicht pathologischen Form der paranoiden Persönlichkeitsstörung) stehen fest zu ihren eigenen Absichten und Vorstellungen. Davon abweichende Meinungen oder Gewohnheiten werden gerne hinterfragt und ergründet, um den Wurm darin zu entdecken oder eine hintergründige Motivation zu entlarven. Kurz: Sie sind gute Beobachter und lassen sich kein X für ein U vormachen; sie sind unabhängig in ihrer Meinungsbildung, lassen sich nicht einschüchtern und verteidigen ihre Positionen.

      Man findet wachsame Persönlichkeiten dementsprechend dort, wo es um die Überwachung von Normen und Konventionen geht, etwa in Tätigkeitsfeldern wie Jurisprudenz, Kriminalistik37 und Parteiarbeit. Dort leisten sie wertvolle Arbeit.

       3.1.2 Die schizoide Persönlichkeitsstörung38

      Das herausragende Merkmal der schizoiden Persönlichkeitsstörung ist die Distanziertheit in sozialen Beziehungen. Schizoide Menschen sind Einzelgänger ohne enge Freunde oder Bekannte, scheu, verschlossen, ohne Bedürfnis nach Nähe. Für ihre Mitmenschen wirken sie unzugänglich und kühl; sie drücken kaum je warmherzige Gefühle oder Freude aus. Sie beschäftigen sich gerne mit Tätigkeiten, die alleine ausgeübt werden können, und sind relativ gleichgültig gegen geltende Konventionen und Umgangsformen. Diese werden aber nicht absichtlich (etwa im Sinne der Provokation) verletzt, sondern eher aus Desinteresse oder Unkenntnis heraus ignoriert. Gehen sie ein sexuelles Verhältnis ein, so nur aus der Not heraus – zur Triebbefriedigung. Die Betroffenen kultivieren in ihrer Introvertiertheit nach innen eine mehr oder weniger reiche Phantasiewelt.

      Nach außen pflegen sie manchmal ein cooles, hyperautonomes Image („Clint-Eastwood-Syndrom“39), das über die darunterliegende Scheu und Näheangst hinwegtäuscht.

      Die Abgrenzung vom sogenannten Asperger-Syndrom, einer Sonderform des frühkindlichen Autismus, oder von schizophrenen Residualzuständen ist mitunter nur durch eine ausführliche klinische Diagnostik zu leisten.

       Soziale und gesundheitliche Folgeprobleme

      Die Betroffenen kommen gerade nicht wegen ihres Eigenbrötlertums oder der Zurückgezogenheit in die Behandlung. Sie arrangieren sich gerne in festen Gewohnheiten und Abläufen – und bleiben darin lange stabil. Problematisch wird es allerdings, wenn sie durch äußere Umstände, etwa berufliche Notwendigkeiten oder private Veränderungen, gezwungen werden, mit ihren Mitmenschen in näheren Kontakt zu treten. Sie reagieren dann mit Ängsten und starker Verunsicherung.

      Menschen mit einem Bedürfnis nach Einsamkeit sind in unserer hoch kommunikativen Gesellschaft zudem oft nicht gut angesehen: Den Betroffenen wird daher ihr Sonderlingsstatus durch negative Reaktionen der Umwelt manchmal schmerzlich bewusst gemacht, sodass sie depressiv reagieren können.

       Der ungesellig-zurückhaltende Persönlichkeitsstil

      Es handelt sich um Menschen, die die Einsamkeit der Geselligkeit vorziehen, und die sich gut alleine beschäftigen können. Von Moden oder kurzfristigen Trends lassen sie sich wenig beeindrucken. Da sie weder auf Lob aus sind noch unter der Kritik anderer sehr leiden, können sie ihr Leben in der Regel sehr autonom gestalten.

      So anstrengend für sie normale Gespräche sind, so gut können sie sich in bestimmte technische oder philosophische Fragen vertiefen, sich in Literatur oder in die eigene Innenwelt hineinversenken.

      Man findet ungesellig-zurückhaltende Menschen daher vor allem in Berufen, die alleine ausgeübt werden. Sie gründen erfolgreiche Ein-Mann-Handwerksbetriebe, sind Informatiker oder Entwicklungsingenieure.

       3.1.3 Die schizotypische Persönlichkeitsstörung

      Die schizotypische Persönlichkeitsstörung ist eine problematische Diagnosekategorie, weil international noch keine Einigkeit darüber besteht, ob es sich hier wirklich um eine Persönlichkeitsstörung handelt (davon geht das DSM-IV aus) oder um eine Unterform der Schizophrenie (wie im ICD-10, dort als „schizotype Störung“ bezeichnet)40.

      Die Betroffenen zeichnen sich durch eine hohe Irritierbarkeit in zwischenmenschlichen Kontakten aus. Sie wirken scheu und empfindsam, beziehen gerne Dinge auf sich, sehen in banalen Ereignissen „Zeichen“ mit einer bestimmten Bedeutung für sie (ohne wahnhaft davon überzeugt zu sein).

      Zwischenmenschliche Nähe können auch sie nur schwer zulassen. Während paranoide Persönlichkeiten Nähe mit Schwäche verbinden und für schizoide Persönlichkeiten Nähe schlicht unwichtig ist, verbinden schizotypische Menschen Nähe mit diffusen Ängsten. Auch wenn man sich lange kennt, entsteht kaum Vertrautheit. Es persistieren Argwohn und Angst, z. B. vor Zurückweisung.

      Die Betroffenen beschäftigen sich gerne mit esoterischen oder abseitigen Themen, glauben an Hellseherei, Telepathie oder Magie und können sehr überzeugt von entsprechenden Erlebnissen und Wahrnehmungen berichten. Sie sind Anhänger von New-Age-Bewegungen, lesen parapsychologische Literatur, glauben an Karma und Wiedergeburt41 oder forschen über Ufos. Ihr Denken wirkt dabei wenig präzise, eher ungenau, umständlich, metaphorisch. In ihrem Auftreten wirken sie exzentrisch oder merkwürdig.

       Soziale und gesundheitliche Folgeprobleme

      Die Probleme, die sich aus dieser Störung ergeben, ähneln denjenigen der schizoiden Persönlichkeitsstörung. Zudem leiden diese Patienten besonders unter ihrer Empfindsamkeit und treffen – aus dem Bauch heraus – wenig rationale Entscheidungen, die sie in Schwierigkeiten bringen können.

      Mitunter verlieren sie sich an ein magisches Weltbild und pflegen schrullige Hobbies. Die Bewährung in einem Beruf fällt ihnen manchmal schwer. Auf emotionale Probleme und affektgeladene Situationen reagieren sie mit sehr starkem Unbehagen, weswegen sie aufwühlenden Erfahrungen aus dem Weg gehen.

       Beispiel

       Frau M., eine 40-jährige Patientin mit schizotypischer Persönlichkeitsstörung, alleinerziehende Mutter von drei Kindern, sagt von sich selbst, sie sei eine „HSP“ (hochsensible Person) mit schamanistischer Veranlagung.

       Alltägliche Lebensprobleme führt sie auf „atmosphärische Störungen“ zurück, die sie oft zu einem kurzschlüssigen

       Handeln verleiten: Als ihr mittleres Kind im Trotzalter schwierig wird, führt sie das auf „negative Schwingungen“ in der Wohnung zurück – und zieht um.

       Am nächsten Wohnort machen die Nachbarn eine kritische Bemerkung; sie fühlt sich danach anhaltend beobachtet und nicht mehr sicher – und zieht wieder um. In der nächsten Wohnung vermutet sie eine Wasserader, die zu Schlafstörungen führt. Sie ist so allmählich in finanzielle Nöte und in eine soziale Isolation geraten.

       Schließlich wendet sie sich auch an das Jugendamt, weil sie sich mit der Erziehung des ältesten Kindes überfordert fühlt, das wie sie „hochsensibel und medial begabt“ sei.

       Als sie in Therapie kommt, plant sie bereits den nächsten Umzug. Von bestimmten traumatischen Erfahrungen mag sie in der Therapie nicht berichten: Die Aufregung wäre zu viel für sie, sie „tille“ dann, sie habe große Angst vor den gesundheitlichen Folgen.

       Vor einer Therapiesitzung muss sie stets 2 - 3 Minuten durch das Zimmer gehen und „den Raum fühlen“.

       Der ahnungsvoll-sensible Persönlichkeitsstil

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