Grundwissen Psychisch Kranke. Группа авторов

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übermäßigen Reagibilität emotionsverarbeitender Hirnzentren oder in Form einer veränderten Wahrnehmung des emotionalen Ausdrucks in Gesichtern.

      Über die psychologischen Entwicklungsbedingungen, die zur Ausprägung einer Persönlichkeitsstörung führen, herrscht bisweilen Uneinigkeit. So werden bei der narzisstischen Persönlichkeitsstörung einmal emotional entbehrungsreiche Kindheitsverhältnisse vermutet, ein anderes Mal zu starke Verwöhnung und Idealisierung des Kindes seitens der Eltern, dann wieder eine – abwechselnd forderndstrafende und verwöhnende – Pendelerziehung.31

      Besonders bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung werden gehäuft auch traumatische Entwicklungsbedingungen in der Kindheit gefunden (sexuelle Gewalt, Vernachlässigung, Misshandlung).

      Bei vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeiten wiederum lassen sich gehäuft ängstliche Vorbilder und/oder ein ambivalent-ängstlicher Erziehungsstil in der Familie identifizieren.

       3. Persönlichkeitsstile und Persönlichkeitsstörungen im Einzelnen

      Im Folgenden sollen die einzelnen Persönlichkeitsstörungen in Anlehnung an das DSM-IV vorgestellt werden. Dabei soll auf eine möglichst anschauliche Darstellung Wert gelegt werden.

      Nach der Darstellung der Kernmerkmale einer spezifischen Persönlichkeitsstörung sollen die jeweils wichtigsten sozialen und gesundheitlichen Probleme geschildert werden, ggf. auch unter Berücksichtigung polizeilich interessanter Fakten.

      Anschließend werden die jeweils zugehörigen Persönlichkeitsstile referiert, also die abgemilderten Formen der Persönlichkeitsstörungen, wie sie heute im psychotherapeutischen Sektor als hilfreiche Erklärungs- und Arbeitsmodelle üblich sind.32 Die Eigenarten der betroffenen Menschen werden damit auch in einer wertschätzenden und ressourcenorientierten Form besprochen, denn insbesondere wenn die Auffälligkeiten nicht sehr ausgeprägt sind, finden sich unter den Betroffenen häufig ausgesprochen leistungsfähige und einflussreiche Menschen, die ihre Charaktermerkmale in sozial wohlgelittener, ja wertschöpfender Form zur Geltung bringen.

      Persönlichkeitsvarianten, Persönlichkeitsstile, Persönlichkeitsstörungen begegnen uns tagtäglich in Alltag und Beruf. Ihre Kenntnis bedeutet nicht zuletzt Menschenkenntnis, die vor allem im polizeilichen Kontext stark gefordert ist. Auch aus diesem Grunde soll eher anschaulich-erzählend berichtet werden, statt Symptomkataloge referierend.

       Fazit

       Das DSM-IV unterscheidet drei Hauptgruppen (sogenannte Cluster33) von Persönlichkeitsstörungen, die jeweils gemeinsame Merkmale haben. Sie sind in Tabelle 2 dargestellt.

       Tabelle 2

Cluster nach DSM-IVA sonderbar-exzentrische PersönlichkeitenB dramatisch-emotionallaunische PersönlichkeitenC ängstlich-furchtsame Persönlichkeiten
paranoidschizoidschizotypischantisozialborderlinehistrionischnarzisstischvermeidend-selbstunsicherdependentzwanghaftpassiv-aggressiv

      Dabei finden sich in Cluster B diejenigen Persönlichkeitsstörungen, die am ehesten polizeilich relevant sind, weil sie einen riskanten Lebensstil führen und emotional zumindest in kritischen Situationen oft unterreguliert sind. Dies bringt besonders häufig selbstschädigende Verhaltensweisen und kurzschlüssiges, autoaggressives oder aggressives Handeln mit sich.

      Aus Cluster A sind vor allem die paranoiden und mit Einschränkungen auch die schizotypischen Persönlichkeitsstörungen forensisch relevant.

      In Cluster C finden sich diejenigen Persönlichkeitsstörungen, die das höchste Viktimisierungsrisiko tragen. Sie werden in bestimmten (auch beruflichen) Kontexten am häufigsten ausgenutzt, finden sich z. B. als Opfer häuslicher Gewalt und geraten ebenfalls häufiger in suizidale Krisen.

       3.1 Das Cluster A: Die sonderbar-exzentrischen Persönlichkeiten

      Im Cluster A der sonderbar-exzentrischen Persönlichkeiten finden sich die introvertierten und ungeselligen Menschen. Es sind Persönlichkeiten, die sich aus den mitmenschlichen Bezügen mehr oder weniger herausgelöst haben, im Affekt kühl oder fremd wirken, in ihrem Denken verschroben oder extrem. In der Realitätswahrnehmung und im Verhalten sind sie mitunter so exzentrisch und eigen, dass sie von anderen als Einzelgänger, Sonderlinge oder „Spinner“ wahrgenommen werden.

       3.1.1 Die paranoide Persönlichkeitsstörung34

      Die paranoide Persönlichkeitsstörung zeichnet sich durch ein situations-übergreifendes Misstrauen aus. Sie neigt dazu, selbst neutrale oder freundliche Handlungen der Mitmenschen als verächtlich, herabsetzend oder feindselig fehlzudeuten.

      Möchte der Partner alleine ausgehen, vermuten sie Untreueabsichten dahinter (Eifersucht); hat die Tochter einen neuen Freund, so ist das höchstwahrscheinlich ein Lump, den man besonders überprüfen muss; gibt es eine Neuerung im Beruf, so wird dahinter grundsätzlich eine „Machenschaft“ der Vorgesetzten zum Nachteil der Mitarbeiter gewittert; bittet ein Kollege um einen Gefallen, fühlen sie sich rasch ausgenutzt.

      Hinter der übermäßigen Wachsamkeit und kontrollierenden Dominanz paranoider Menschen verbirgt sich eine starke Kritikempfindlichkeit; sie hegen oft anhaltenden, nachtragenden Groll gegen Menschen, von denen sie sich beleidigt, ausgenutzt oder missachtet fühlen. Sie können weder verzeihen noch vergessen.

      Paranoide Persönlichkeiten beharren sehr stark auf ihren eigenen Rechten und Meinungen. Sie kennen keine Grauzonen: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!“ Dadurch geraten sie in eskalierende Streitsituationen, die mitunter auch in gerichtliche Prozesse münden. Vereinzelt überhäufen sie Behörden und Gerichte mit Anzeigen oder Petitionen, klagen bis in die letzte Instanz oder kämpfen für ein – aus ihrer Sicht – übergeordnetes Recht, hinter dem sich zumindest für Außenstehende oft gut sichtbar Selbstgerechtigkeit verbirgt. Viele Querulanten gehören dementsprechend zu den paranoiden Persönlichkeitsstörungen.

      Durch die Neigung, ihre Umwelt als feindselig zu betrachten, liebäugeln manche paranoide Persönlichkeitsstörungen mit Verschwörungstheorien. Sie konstruieren „Achsen des Bösen“, gehen von einer Einsickerung feindlicher Elemente in die Gesellschaft aus, erwarten die gesellschaftliche Großkatastrophe, wappnen sich oder bewaffnen sich sogar.

      Viele politische und religiöse Fanatiker, Attentäter oder Amokläufer gehören deshalb in diese Kategorie der Persönlichkeitsstörung.

       Soziale und gesundheitliche Folgeprobleme

      Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung drohen leicht in ein soziales Abseits zu geraten. Sie verbreiten in der Regel eine Aura kühler Sachlichkeit oder Strenge und unterhalten unbefriedigende zwischenmenschliche Beziehungen, u. a. weil sie selbst Freunde und Ehepartner leichtfertig der Illoyalität oder Untreue bezichtigen.

      In Führungspositionen pflegen sie einen eher autokratischen und kontrollierenden Stil, greifen nicht selten zu repressiven Maßnahmen, unterstützen Zuträgermentalität oder installieren Spitzelsysteme.

      In zugespitzten Krisensituationen kommt es mitunter zu kurzen wahnhaften Episoden mit der dann nicht mehr zu korrigierenden Überzeugung, beneidet, beobachtet, abgehört, verfolgt oder sonst wie beeinträchtigt zu werden.35

      Selten kommt es dann auch zu Gewaltdelikten (bis hin

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