Grundwissen Psychisch Kranke. Группа авторов

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zumindest im Hinterkopf als Option berücksichtigt werden sollten.

      Zum einen neigen Angstpatienten insbesondere aufgrund der starken psychophysiologischen Begleitsymptomatik von Ängsten und einem damit ständig erhöhten Erregungsniveau (umgangssprachlich: „immer unter Strom stehen“) zu Suchtverhalten. Kritischer Alkoholkonsum zur präventiven Beruhigung, zur Regulation von erhöhten Erregungszuständen oder als Einschlafhilfe ist häufig und kann in der klinischen Bandbreite von einem sogenannten inadäquaten Selbstheilungsversuch bis hin zu manifesten Suchterkrankungen führen. Insbesondere sind hier Phänomene des Erleichterungstrinkens, aber auch des Mutantrinkens zu nennen.

      Gleiches gilt für die Einnahme von Benzodiazepinen, also Beruhigungsmitteln, deren Gebrauch in kurzzeitigen vorübergehenden Belastungssituationen sicherlich indiziert ist, die aber häufig nach regelmäßiger längerer Einnahme (im Einzelfall durchaus auch schon nach 2 - 3 Wochen) zur Abhängigkeit führen können. Benzodiazepine gelten als stark angstreduzierend und schnell wirksam, brauchen aber im Laufe der Zeit eine ständige Dosiserhöhung. Im Falle des Absetzens kann es zu sehr heftigen Entzugserscheinungen kommen.

      Sollte sich infolge einer Angsterkrankung eine oben beschriebene Suchtsymptomatik entwickelt haben, ist bei einer späteren Therapie eine Suchttherapie vorzuschalten; hier sei auf das entsprechende Kapitel in diesem Buch hingewiesen.

       „Angstbeißer“

      Während Menschen mit Angsterkrankungen in aller Regel und gemäß den diagnostischen Kriterien zu Rückzug und Vermeidungsverhalten neigen, angstbesetzte Situationen vermeiden und sich mit diesen gar nicht mehr auseinandersetzen, zeigt sich in der klinischen Praxis im Einzelfall allerdings auch manchmal ein komplett entgegengesetztes Verhalten. Angstbesetzte Situationen werden nicht vermieden, sondern in einem weitaus übertriebenen Ausmaß aufgesucht. Dies kann bei normalen angstauslösenden Situationen, wie z. B. im Fall einer Höhenphobie, bis dahin führen, dass besonders gefährliche Bergwanderungen oder Klettertouren unternommen oder besonders hohe Türme aufgesucht werden. In Einzelfällen kann dieses sogenannte kontraphobische Verhalten durchaus ein gewisses gesundheitliches, Leib und Leben gefährdendes Risikoverhalten annehmen, sowohl für sich als auch andere (z. B. riskantes, aggressives Autofahren).

      Ganz besonders gilt dies auch in Situationen mit sozialem Bezug, wenn Menschen, die sozial ängstlich und unsicher sind, eher zu aggressivem Verhalten neigen, um bestimmte, von ihnen als angstauslösend bewertete Situationen von vornherein unter Kontrolle zu behalten.

      Im Polizeialltag kann dies z. B. auch bedeuten, dass in Konflikt- und Einsatzlagen vorschnell körperliche Gewalt eingesetzt wird, um Unsicherheiten oder Ängste zu überwinden.

      Auf einer etwas leichteren Ebene können wir es aber auch mit einem einfach subaggressiven Kommunikationsverhalten zu tun haben, was häufig eine konstruktive kollegiale oder dienstliche Situation unkonstruktiv eskalieren lässt.

       Therapeutische Strategien

      Dem Bereich Psychotherapie wird ein eigenes Kapitel in diesem Buch gewidmet; deshalb sei für umfassendere Informationen hierauf verwiesen.

      Grundsätzlich lassen sich alle Formen der Angsterkrankungen gut behandeln. Bei allen Angsterkrankungen kommen primär Methoden der Konfrontation (oder auch: Exposition) zum Einsatz. Hierbei gilt es, die Patienten dazu anzuleiten, angstbesetzte Situationen (verhaltenstherapeutisch versteht man unter Situationen aber auch interne Auslöser, wie z. B. erhöhter Herzschlag, Schwitzen, körperliche Belast ungen oder auch Grübelgedanken) aufzusuchen, um dann nach einem zwischenzeitlichen leichten Ansteigen der Angstreaktion an einen Punkt zu kommen, an dem die Patienten die Erfahrung machen, dass sie die Angstreaktion gefahrlos aushalten können. Mit wiederholter Erfahrung dieses Angstabfalls auch ohne Flucht- und Vermeidungsverhalten reduzieren sich in aller Regel die Ängste deutlich, sodass insgesamt von einer sehr guten Prognose auszugehen ist.

      In Einzelfällen kann es notwendig sein, die verhaltenstherapeutische Behandlung auch mit einer medikamentösen Behandlung zu kombinieren, wobei hier für die Dauermedikation nicht auf die bereits erwähnten Benzodiazepine zurückgegriffen wird, sondern auf bestimmte Medikamente aus der Gruppe der Antidepressiva. Diese haben im Gegensatz zu den Benzodiazepinen kein Abhängigkeitspotenzial und sind auch nach einer kurzen Eingewöhnungsphase von 2 - 3 Wochen, falls sie anschlagen, unbedenklich, was etwa die Fahrtauglichkeit oder überhaupt die Polizeidiensttauglichkeit angeht.

       Welche Rollen können Angsterkrankungen im Polizeialltag spielen?

      Angesichts der vielfältigen Formen, in denen sich Angststörungen manifestieren und zeigen können, ist es natürlich im Einzelfall schwierig vorherzusagen, welche Rolle Angsterkrankungen im Polizeialltag spielen können. Angesichts der Prävalenzzahlen, die eingangs genannt wurden, muss man aber davon ausgehen, dass sowohl im Kollegenkreis, bei Bürgern, die Hilfe suchen, als auch bei den mutmaßlichen Straftätern, mit denen der Polizist im Alltag konfrontiert ist, ein Prozentsatz von etwa 5 - 10 % an irgendeiner Form der Angststörung leidet. Dabei können die Auswirkungen sehr unterschiedlich sein:

      Während jemand mit einer generalisierten Angststörung eher dazu neigt, sich zurückzuziehen, viele Sorgen zu machen, sich möglicherweise mit einem erhöhten dauerhaften Anspannungsniveau im Alltagsgeschäft aufzureiben, kann einer an solcher Art Erkrankter im Kollegenkreis irgendwann zu einer Erschöpfungssymptomatik neigen, mit seiner Arbeit überfordert sein, eine Burn-out-Symptomatik entwickeln oder möglicherweise auch ein Suchtproblem.

      Auch wenn nicht jedes potenziell traumatisierende Ereignis, wie ein Schusswechsel, schwere Unfälle oder die Konfrontation mit Leichen, eine Angststörung hervorruft oder eine Angststörung durch ein solches traumatisches Ereignis hervorgerufen wird, ist natürlich immer die Möglichkeit gegeben, das Kolleginnen und Kollegen, die solche schwerwiegenden Ereignisse erlebt haben, eine agoraphobe Symptomatik oder eine spezifische Phobie entwickeln können. Zusätzlich ist in solchen Fällen immer auch eine sorgfältige Abgrenzung zur posttraumatischen Belastungsstörung vorzunehmen, die eine spezielle Form der Belastungsreaktion darstellt.10, 11

      Natürlich können auch potenzielle Straftäter, die verhaftet werden, an einer Angstsymptomatik leiden. In der Regel wird man dies vorher nicht wissen, aber Agoraphobiker können natürlich in Situationen, wenn sie etwa Handschellen angelegt bekommen, in Autos gesetzt werden oder in eine Gefängniszelle gesperrt werden, heftigste agoraphobe Symptome entwickeln, bis hin zur Agitiertheit, ggf. Aggression.

      Auch Menschen mit einer sozialen Phobie, die plötzlich durch eine soziale Situation unter Druck geraten, können sehr überschießend reagieren, insbesondere wenn noch Störungen auf der Persönlichkeitsebene, hier besonders vom narzisstischen oder emotional-instabilen Typus, dazukommen.

      In allen beschriebenen Fällen ist zumindest mittelfristig auch an eine psychotherapeutische Behandlung zu denken.

      Eine praktische Einführung in die Diagnostik und Behandlung von Angststörungen liefern Meermann & Okon (2006).12

       Literatur

      Bandelow, B. (2001): Panik und Agoraphobie – Diagnose, Ursachen, Behandlung. Wien, New York: Springer-Verlag.

      Bandelow, B., Bleich, S., Kropp, S. (2011): Handbuch Psychopharmaka, 3. Aufl., Göttingen: Hogrefe.

      Batra, A., Wassmann, R. & Buchkremer, G. (2009): Verhaltenstherapie/Grundlagen – Methoden – Anwendungsgebiete. Stuttgart: Georg Thieme Verlag.

      Beck, A. T., Emery, G., Greenberg, R. L. (1985): Anxiety Disorders and Phobias – A cognitive perspective. New York: Basic Books.

      Borgart,

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