Grundwissen Psychisch Kranke. Группа авторов

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zu den Angststörungen gezählt. Von der Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung zeigt sich in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit zu den verschiedenen Angststörungen. So leiden Patienten mit PTBS auch unter einem erhöhten psychophysiologischen Erregungsniveau, sind häufig angespannt und zeigen ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten vor schwierigen Situationen. Zusätzlich finden sich Alpträume und hartnäckige, nicht zu stoppende Erinnerungsattacken an das auslösende Ereignis. Wichtigster Unterschied der PTBS zu den Angststörungen ist jedoch, dass für die posttraumatische Belastungsstörung als diagnostisches Kriterium zwingend gefordert ist, dass ein traumatisierendes Ereignis von außergewöhnlichem Schweregrad (tatsächliche Bedrohung von Leben oder Gesundheit) vorhanden ist. Nur wenn ein solches auslösendes und traumatisierendes Ereignis mit dem entsprechenden Schweregrad vorliegt, kann von einer posttraumatischen Belastungsstörung gesprochen werden; bei Angststörungen kann, muss es aber in der weitaus größten Zahl der Fälle nicht zu einem auslösenden Ereignis gekommen sein. Auch die posttraumatische Belastungsstörung lässt sich verhaltenstherapeutisch gut behandeln.3

       Epidemiologie und Komorbidität

       Häufigkeit von Angsterkrankungen

      Generell gehören Angststörungen zu den häufigsten seelischen Erkrankungen; je nach Studie wird für sämtliche Formen der Angsterkrankungen von einer sogenannten Lebenszeitprävalenz (d. h. wie viele Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens zumindest einmal an einer Angsterkrankung) zwischen knapp 14 und knapp 25 % ausgegangen4 (Bandelow 2001); dies bedeutet, dass jeder Vierte bis Siebte einmal in seinem Leben an einer Angststörung leiden wird.

       „Die Agoraphobie weist eine Lebenszeitprävalenz nach Schneider und Markgraf (1998)5 von knapp 6 %, die Panikstörung von 2,4 % auf.

      Die spezifischen Phobien kommen nach Perkonigg & Wittchen (1995)6 auf Häufigkeiten zwischen 4,5 und 11 %, die soziale Phobie zwischen 11 und 16 %.

       Komorbidität

      Nach Wittchen (1991)7 leiden Angstpatienten häufig meist zusätzlich unter Depressionen und vor allen Dingen unter Medikamenten- und Alkoholabusus. Alkoholmissbrauch ist eine der häufigsten Komorbiditäten und oft Folge eines sogenannten inadäquaten Selbstheilungsversuchs. Zu diesem kommt es, wenn Menschen mit Ängsten die damit verbundene körperliche Anspannung, aus diesen möglicherweise resultierende Schlafstörungen oder für sie schwierige z. B. soziale Situationen mit Alkohol besser aushalten können. Aus einzelnen so bewältigten Situationen kann die Erfahrung entstehen „Mit Alkohol komme ich besser klar!“. Dies kann dann vom chronischen Missbrauch bis hin zur Alkoholabhängigkeit führen. Das Gesagte gilt gleichermaßen für die regelmäßige Einnahme von Beruhigungsmitteln (Tranquilizer).

       Zur Entstehung von Ängsten

      Warum manche Menschen im Laufe ihres Lebens eine Angststörung entwickeln, ist nicht immer erklärbar. Während man zu Beginn der Angstforschung Anfang letzten Jahrhunderts noch häufig annahm, dass Ängste durch negative Erfahrungen hervorgerufen werden, ließ sich das im weiteren Fortschritt der wissenschaftlichen Erforschung nicht halten. Angstpatienten haben nur in den allerseltensten Fällen zu Beginn ihrer Erkrankung ein negatives Erlebnis, das in einem Zusammenhang mit der Angstreaktion steht. Dieses Modell trifft am ehesten noch zu bei der Entstehung von spezifischen Phobien, z. B. wenn jemand mit einer Hundephobie von einem Hund gebissen wurde. Dieses Modell nennt sich klassische Konditionierung und geht zurück auf Experimente von Watson & Rayner (1920).8

      Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Ängsten spielt das sogenannte Modelllernen. Ängstliche Eltern haben eine größere Wahrscheinlichkeit, auch ängstliche Kinder zu bekommen, da sich die Kinder die Sorgen und Befürchtungen der Eltern zu eigen machen.

      Das Modelllernen spielt auch im Erwachsenenalter eine wichtige Rolle; so werden junge Polizisten, die mit erfahreneren, aber ängstlichen Kollegen in bestimmte Einsatzlagen gehen, mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit diese Ängste übernehmen und im weiteren Berufsleben hier möglicherweise unsicherer oder – positiv formuliert – vorsichtiger sein, als wenn sie Kollegen gehabt hätten, die nicht ängstlich reagieren.

      Heute weiß man, dass Bewertungs- und Interpretationsprozesse bei Angstpatienten eine sehr wichtige Rolle spielen; hier ist die sogenannte transaktionelle Stresstheorie nach Lazarus (1966)9 von Bedeutung, wobei diese sich auch für andere Beschwerden, wie z. B. übermäßige Stressreaktionen, als Erklärungsmodell bewährt hat.

      Kurz gefasst beschreibt dieses Modell die Rolle von Bewertungen und Einschätzungen einer bedrohlichen Situation, wobei Menschen bei potenziell bedrohlichen Situationen immer zwei aufeinanderfolgende Bewertungsprozesse durchführen:

      In einem ersten Schritt wird eine Situation als möglicherweise bedrohlich eingeschätzt.

      In einem zweiten Schritt werden dann die eigenen möglichen Bewältigungsfertigkeiten für eine solche gefährliche Situation bewertet.

      Führt dann letztendlich die Kombination beider Bewertungsschritte (die Situation ist gefährlich und ich habe ihr nichts entgegenzusetzen) zu einer insgesamt pessimistischen Einschätzung, kann es zu Stress- und Angstreaktionen kommen.

      Da sich bei Angstreaktionen immer eine starke psychophysiologische Reaktion zeigt (also Herz-, Kreislaufsymptome, Schwitzen, Schwindel, Verdauungsprobleme), kommt es in der Regel auch immer zu einem positiven Rückkopplungsprozess, in dem die ausgeprägten körperlichen Symptome angstfördernd wirken und die negativen und nicht bewältigungsorientierten Gedanken im Sinne eines Teufelskreises verstärken. So kommt es zu einem kontinuierlichen Aufschaukelungsprozess, der sich im sogenannten „Teufelskreis der Angst“ wiederfindet.

       Abbildung 1

      Aus Sicht der Autoren ist die fehlende letztendliche Klärung, wie es denn jetzt zum Ausbilden einer Angststörung kommt, wissenschaftlich sicherlich unbefriedigend; für die Behandlung und den Umgang mit Ängsten spielt es aber keine entscheidende Rolle, ob in der einzelnen Biographie auslösende Ereignisse identifiziert werden können oder nicht.

      Maßgeblich für die Aufrechterhaltung einer einmal entstandenen Angststörung ist aber sicherlich das zum Teil ausgeprägte Vermeidungsverhalten, das sich dadurch zeigt, dass Angstbetroffene sich im Laufe ihres Lebens immer mehr angstauslösenden und irgendwann vielleicht auch nur potenziell angstauslösenden Situationen fernhalten und sich so die Angst in immer mehr Lebensbereiche ausdehnt. Das Vermeidungsverhalten führt letztendlich dazu, dass Patienten überhaupt keine positiven Erfahrungen mehr machen oder sich mit ihren Angstgedanken konfrontativ auseinandersetzen, sodass die Angst quasi als nicht mehr zu hinterfragendes Symptom resignativ hingenommen wird. So bildet sich über die Jahre ein umfassendes Schon- und Vermeidungsverhalten heraus, das die Alltagstauglichkeit deutlich einschränkt und irgendwann nicht mehr nur auf die eigentlichen Angstsituationen beschränkt ist, sondern sich auch fortsetzt in der Vermeidung etwa von beruflichen oder privaten Konfliktsituationen, in der mangelnden Bewältigung von schwierigen Lebensumständen, bis hin zum Auftreten einer depressiven Begleiterkrankung, weil Alltagsaktivitäten komplett eingestellt werden.

      Hinter Menschen, die sich immer mehr zurückziehen, die sich nichts mehr zutrauen, die Angst haben etwa berufliche Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten auszudiskutieren, kann sich also auch immer eine Angsterkrankung verbergen.

       Gesundheitliche Komplikationen durch Angsterkrankungen

      Unabhängig von der Ausprägung der einzelnen Angsterkrankung und der tatsächlich

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