Der Hund der Baskervilles. Sir Arthur Conan Doyle

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Hund der Baskervilles - Sir Arthur Conan Doyle страница 5

Серия:
Издательство:
Der Hund der Baskervilles - Sir Arthur Conan Doyle

Скачать книгу

beendete die Lesung dieses außerordentlichen Berichts, schob seine Brille auf die Stirn und blickte erwartungsvoll zu Mr Sherlock Holmes hinüber. Der gähnte und warf seinen Zigarettenstummel ins Feuer.

      »Nun?« fragte er.

      »Finden Sie das nicht faszinierend?«

      »Vielleicht für Märchensammler.«

      Dr Mortimer zog eine zusammengefaltete Zeitung aus der Tasche.

      »Dann, Mr Holmes, kann ich jetzt mit etwas Aktuellerem dienen. Dies ist der Devon Country Chronicle vom 14. Juni mit einem kurzen Bericht über die Umstände des Todes von Sir Charles Baskerville, welcher wenige Tage vor diesem Datum erfolgt war.«

      Mein Freund beugte sich ein wenig vor, und sein Gesichtsausdruck wurde aufmerksamer. Unser Gast schob seine Brille zurecht und begann:

      »Der kürzlich erfolgte plötzliche Tod von Sir Charles Baskerville, welcher bei der kommenden Wahl als aussichtsreicher Kandidat der Liberalen Partei für Mittel-Devon galt, hat einen Schatten über unsere Grafschaft geworfen. Obwohl Sir Charles erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit in Baskerville Hall gelebt hat, gewann er durch seine Liebenswürdigkeit und seine außerordentliche Freigebigkeit die Zuneigung und Achtung aller, die mit ihm in Berührung kamen. In dieser Welt der nouveau riches ist es erquickend, einem Spross aus altem, unverschuldet in böse Zeitläufte geratenen Landadel zu begegnen, der aus eigener Kraft ein Vermögen erworben hat und es nutzt, um dem verblichenen Glanz seines Geschlechtes wieder zu neuer Größe zu verhelfen. Wie allgemein bekannt, hat Sir Charles mit Spekulationen in Südafrika ein großes Vermögen erworben. Anders als viele andere, die kein Ende finden können, bis das Glücksrad sich gegen sie kehrt, war er weise genug, seine Gewinne zu Geld zu machen und damit nach England zurückzukehren. Vor zwei Jahren nahm er seinen Wohnsitz in Baskerville Hall. Seine weitreichenden Wiederaufbau- und Modernisierungspläne waren das allgemeine Gespräch in der Gegend, bis sein plötzlicher Tod dem einen Schlussstrich setzte. Da er selbst kinderlos war, war es sein ausdrücklicher Wunsch, die ganze Region noch zu seinen Lebzeiten von seinem Wohlstand profitieren zu lassen, und so mancher dürfte auch persönliche Gründe haben, das vorzeitige Ableben des Gutsherrn zu beklagen. Seine großzügigen Spenden an Wohltätigkeitseinrichtungen sowohl im engeren Umkreis wie auch in der ganzen Grafschaft waren nicht selten Thema dieser Spalten.

      Die gerichtliche Untersuchung konnte die Todesumstände von Sir Charles nicht gänzlich aufklären, aber es wurde genug Klarheit geschaffen, um gewissen Gerüchten entgegentreten zu können, die auf einem althergebrachten lokalen Aberglauben beruhen. Es gibt nicht den geringsten Hinweis auf ein Verbrechen oder auf einen anderen als einen natürlichen Tod. Sir Charles war Witwer und galt als Mann von leicht exzentrischer Lebensart. Trotz seines beträchtlichen Reichtums war er bescheiden in seinen persönlichen Ansprüchen. Das gesamte Hauspersonal von Baskerville Hall besteht lediglich aus dem Ehepaar Barrymore; der Mann bekleidet die Stellung eines Butlers und seine Frau die der Haushälterin. Ihre Aussage, die durch das Zeugnis mehrerer Freunde des Verstorbenen bestätigt wurde, ging dahin, dass Sir Charles schon seit einiger Zeit bei schwacher Gesundheit gewesen sei. Erwähnt wurde insbesondere ein Herzleiden, das sich in rasch wechselnder Gesichtsfarbe, Atemnot und akuten Anfällen einer nervösen Gemütsverstimmung geäußert habe. Dr James Mortimer, persönlicher Freund und ärztlicher Berater des Verstorbenen, bestätigte dies durch seine Aussage.

      Die Faktenlage ist unkompliziert. Sir Charles Baskerville hatte die Gewohnheit, jede Nacht vor dem Schlafengehen einen Spaziergang durch die berühmte Eibenallee von Baskerville Hall zu machen. Dies wurde von den Barrymores bezeugt. Am 4. Juni hatte Sir Charles angekündigt, am Tag darauf nach London reisen zu wollen, und er hatte Barrymore angewiesen, sein Gepäck zu besorgen. Am Abend verließ er das Haus zu seinem gewohnten Spaziergang, bei dem er wie gewöhnlich eine Zigarre rauchte. Er kehrte nicht zurück. Als Barrymore gegen Mitternacht die Haustür noch offen fand, wurde er unruhig, zündete eine Laterne an und ging auf die Suche nach seinem Herrn. Es hatte an diesem Tag geregnet, und Sir Charles’ Fußspuren waren in der Eibenallee gut zu erkennen. Auf halbem Weg befindet sich eine Pforte, die zum Moor hinausführt. Es gibt Hinweise, dass Sir Charles hier eine Zeit lang verweilt hat. Dann hat er seinen Weg durch die Allee fortgesetzt, und an ihrem äußersten Ende wurde sein Leichnam gefunden. Noch nicht geklärt ist Barrymores Aussage, die Fußspuren seines Herren hätten jenseits der Pforte anders ausgesehen als vorher; er sei von dort aus augenscheinlich auf Zehenspitzen weitergegangen. Ein Zigeuner namens Murphy, ein Pferdehändler, befand sich um diese Zeit in nicht allzu weiter Entfernung auf dem Moor, allerdings in angetrunkenem Zustand, wie er selbst zugab. Er sagte aus, er habe Schreie gehört, konnte jedoch nicht sagen, aus welcher Richtung diese gekommen seien. An Sir Charles’ Leichnam waren keine Spuren von Gewaltanwendung zu erkennen, allerdings waren seine Gesichtszüge nach Aussage des Arztes auf unbegreifliche Weise verzerrt – so sehr, dass Dr Mortimer zunächst kaum glauben konnte, dass es wirklich sein Patient und persönlicher Freund war, der dort vor ihm lag. Indessen ist dieses Symptom nicht untypisch bei einem Tod infolge Atemnot und Herzversagen. Diese Erklärung wurde durch den Obduktionsbefund bestätigt, der eine schon lange bestehende Erkrankung des Herzens attestiert hat. Die gerichtliche Untersuchungskommission entschied in Übereinstimmung mit dem ärztlichen Zeugnis in diesem Sinne. Das ist sehr zu begrüßen, denn natürlich ist es für die Region von größter Bedeutung, dass Sir Charles’ Erbe sich in Baskerville Hall niederlässt und dessen segensreiches Wirken fortsetzt, das auf so traurige Weise unterbrochen worden ist. Wäre den abenteuerlichen Gerüchten, die in Zusammenhang mit dieser Affäre aufgekommen sind, nicht durch den prosaischen Befund des Untersuchungsrichters jede Grundlage entzogen worden, hätte es schwierig werden können, einen Pächter für Baskerville Hall zu finden. Der nächste Angehörige von Sir Charles Baskerville ist dem Vernehmen nach Mr Henry Baskerville, ein Sohn von dessen jüngerem Bruder. Den letzten Nachrichten zufolge hält der junge Mann sich in Amerika auf, und es wurden bereits Ermittlungen eingeleitet, um ihn von dem ihm zugefallenen Erbe in Kenntnis zu setzen.«

      Dr Mortimer faltete die Zeitung wieder zusammen und steckte sie in seine Tasche.

      »Dies, Mr Holmes, sind die öffentlich bekannten Fakten im Zusammenhang mit dem Tod von Sir Charles Baskerville.«

      »Ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen«, sagte Sherlock Holmes. »Sie haben mich auf einen Fall aufmerksam gemacht, der tatsächlich einige interessante Aspekte hat. Ich hatte seinerzeit die Zeitungsmeldungen gelesen, aber ich war damals sehr eingespannt in diese kleine Affäre der vatikanischen Kameen, und in meinem Bestreben, dem Papst gefällig zu sein, habe ich einige interessante Fälle in England aus den Augen verloren. Aber Sie sagten, dieser Artikel enthalte lediglich die öffentlich bekannten Fakten?«

      »So ist es.«

      »Dann lassen Sie mich die nicht öffentlichen wissen.« Er lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen aneinander und setzte seine gleichgültig-skeptische Miene auf.

      »Das werde ich gern tun«, sagte Dr Mortimer mit allen Anzeichen einer starken Gemütserregung, »aber ich muss Ihnen vorher sagen, dass ich Ihnen damit etwas erzähle, was ich bisher keinem einzigen Menschen anvertraut habe. Mein Beweggrund dafür, dass ich es bei der Leichenschau vor den Geschworenen verschwiegen habe, war, dass ich als Mann der Wissenschaft davor zurückscheue, mich in der Öffentlichkeit als jemand darzustellen, der dummen Ammenmärchen Glauben schenkt. Ein weiteres Motiv war, dass Baskerville Hall gewiss keinen neuen Bewohner finden wird, wie in der Zeitung ganz richtig bemerkt, wenn der ohnehin schon düstere Ruf des Besitzes noch weiter diskreditiert würde. Aus diesen beiden Gründen glaubte ich mich im Recht, wenn ich nicht alles sagte, was ich wusste. Überdies hätte es auch keine praktischen Auswirkungen auf die Untersuchung gehabt. Aber Ihnen gegenüber habe ich keinen Grund, nicht ganz offen zu sein.

      Das Moor ist sehr dünn besiedelt, daher sind alle, die dort leben, eng auf ihre Nachbarn angewiesen. So ergab es sich, dass ich viel mit Sir Charles Baskerville verkehrte. Mit Ausnahme von Mr Frankland in Lafter Hall und Mr Stapleton,

Скачать книгу