GLOBALE PROVINZ. Georg Rainer Hofmann

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GLOBALE PROVINZ - Georg Rainer Hofmann

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der Graphischen Datenverarbeitung zur geometrischen Analyse eines Meisterwerks der Renaissance: Raffaels Schule von Athen«. Die Autoren waren Guerino Mazzola, Detlef Krömker und ich – obwohl ich ja erst ein Student war. Unser Ansprechpartner beim Springer-Verlag war übrigens Gerd Rossbach. Er sollte ab dem Jahr 1992 die ersten »Deutschen Multimedia Kongresse« (DMMK) initiieren.

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      Bilder vom Raffael-Projekt der Darmstädter Symmetrie-Ausstellung aus dem Jahr 1986. Szenenmodell und Holzpuppen, die vermessen wurden, und ihre Modellierung und Visualisierung mit dem PADL-2-System.

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      In der Kulturszene waren wir bei einigen professionellen, aber reaktionären Kunsthistorikern quasi »unten durch«. Möglicherweise waren sie gereizt, weil sie erkennen mussten, dass ihre Unkenntnis der Mathematik und Geometrie, mit der sie manchmal gar kokettierten (»in Mathe hatte ich immer eine Fünf«), hier ein wirklicher Nachteil war. Sie verstanden einfach nicht, um was es bei der »Schule von Athen« ging und spürten, dass sie den geometrischen Fähigkeiten eines Raffael absolut nicht gewachsen waren. Das ärgerte sie. So durften wir von völlig Ahnungslosen verfasste Pressetexte lesen, dass wir »Raffaels großartiges Fresko zu einer unsäglichen Badeanstalt« hätten verkommen lassen. Um uns als Techniker generell zu diskreditieren, überschrieb man einen Zeitungsartikel gar mit: »Von Holzpuppen und Holzköpfen«. Viele Jahre später hätte man das wohl ein »hate posting« genannt.

      Einige Monate nach dem Ende der Symmetrie-Ausstellung sollte Anfang April 1987 die große Tagung »Datenbanksysteme in Büro, Technik und Wissenschaft« (BTW) der »Gesellschaft für Informatik« (GI) in Darmstadt stattfinden. José Luis Encarnação war eingeladen worden, zur feierlichen Abendveranstaltung den akademischen »Dinner Speech« zu halten, im Festsaal der Darmstädter Orangerie vor mehreren Hundert Zuhörern. Aber Encarnação passed it over to me. »Hofmann, gehen Sie da hin! Sie haben doch diese Raffael-Bilder, damit können Sie einen Vortrag halten.« Er meinte, so eine Aufgabe fiele mir doch sicher ganz leicht. Ich hingegen konnte angesichts der anspruchsvollen Aufgabe und den Erwartungen der Zuhörerschaft schon leicht nervös werden. Die BTW-Teilnehmer rechneten ja mit dem renommierten Professor Encarnação als Redner – und sicher nicht mit einem Studenten, der ihnen irgendwelche von einem Monitor abfotografierte bunte Dias zeigen würde.

      Es war wohl so etwas wie mein »Bundesliga-Debut«. Ich war 25 Jahre alt und trug zur BTW-Abendveranstaltung einen Anzug mit Krawatte. Detlef Krömker hatte mir noch mitgegeben: »Lerne die ersten paar Sätze des Vortrags auswendig. Das darf den Zuhörern aber nicht auffallen. Ist erst mal der Anfang gut gegangen, dann läuft der Rest auch. Dann kann kommen, was will«. Der Anfang ging gut, und so lief der ganze Vortrag generell ganz gut. Eine gemeinsame Intentionalität mit dem Publikum war spürbar, und es gab großen Applaus. Bei der Darmstädter BTW-Tagung waren im Publikum die fortschrittlichen Kräfte offenbar in der Überzahl. A small step for mankind, a giant leap for a man.

      Ein Merkmal der entwickelten Informationsgesellschaft ist die Ubiquität und Selbstverständlichkeit von digitalen Bildern. So gesehen stand das Raffael-Projekt am Anfang einer fabelhaften Entwicklung, nämlich der Popularisierung der Computergraphik und des Computergraphischen Realismus. Ein Zeichen dieser beginnenden Popularisierung sollte in den Jahren 1987 bis 1989 eine quasi »Deutschland-Tournee« sein, die dem Auftritt an der BTW-Tagung folgte. Ich erhielt viele Einladungen zu Vorträgen, das Raffael-Projekt zu präsentieren.

       Professor Dr.-Ing. Dr. h.c. Dr. E.h. José Luis Encarnação, Darmstadt und Berlin

       Exkurs – Das Raffael-Projekt und die Anfänge der »Computer Graphics Art«

      Wenn ich das alles so lese, so erinnere ich mich an die Ursprünge und an den Sinn und Zweck des »Raffael-Projektes« sowie an die Rolle, die mein damaliger Student Georg Rainer Hofmann dabei spielte.

      Die internationale Hauptkonferenz und Messe für das Fachgebiet der Graphischen Datenverarbeitung war damals – und ist immer noch – die der »Special Interest Group on Graphics and Interactive Techniques« (SIGGRAPH) der »Association for Computing Machinery» (ACM). Sie findet jährlich in den USA statt und hat eine weltweit richtungsweisende fachliche Bedeutung. So um das Jahr 1985 begann man sich bei der SIGGRAPH-Konferenz auch mit dem Bereich »Kunst und Kultur« als ein weiteres Anwendungsgebiet der Computergraphik zu beschäftigen. Die sogenannte »Computer Graphics Art« wurde zu einem neuen Segment der SIGGRAPH-Veranstaltungen. Man begann unter anderem zu zeigen, wie Künstler Computergraphik als Werkzeug für die Generierung und Umsetzung ihrer Ideen und Kunstwerke verschiedenster Art nutzen könnten. Diese neuen Technologien konnten aber auch eingesetzt werden als Werkzeug zur allgemeinen Analyse, Interpretation, Bewertung, Vergleichbarkeit und Einordnung von Werken im Kunst- und Kultur-Bereich. Ich war sozusagen ein »Follower« dieser Entwicklung und wollte auch in Darmstadt in diese Richtung aktiv werden.

      Für das Großprojekt des Jahres 1986, das interdisziplinäre Symposium zum Thema »Symmetrie«, hatte die Stadt Darmstadt den Schweizer Guerino Mazzola als wissenschaftlichen Leiter gewinnen können.

      Im Sommer 1985 wurde Mazzola bei mir vorstellig. Er präsentierte mir seine Sicht und sein Interesse an Raffaels Fresko »La scuola di Atene –Die Schule von Athen«. Er erläuterte mir auch, dass dieses Schlüsselwerk der italienischen Renaissance durch die geometrische Präzision der perspektivischen Ansicht und der Gestik der darin dargestellten Philosophen bestach. Mazzola hatte als Vision vor, die im Fresko dargestellte Szene als ein dreidimensionales Modell im Computer zu realisieren, um dann quasi neue Perspektiven und Ansichten der von Raffael dargestellten Szene zu berechnen, zu visualisieren. Durch diese Simulation wollte er zu neuen Erkenntnissen bezüglich einer inneren Struktur und Symmetrie des Freskos gelangen. Damit war die Idee geboren, ein »Raffael-Projekt« am Fachgebiet GRIS durchzuführen. Die Frage war jetzt »nur noch« die der technischen Umsetzung eines solchen Projektes.

      Das Raffael-Projekt fiel in die Zeit, als ich mich mit den ersten Planungen für das »Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung« (IGD) in Darmstadt beschäftigte. Es sollte dort mit Beginn des Jahres 1987 eine Abteilung geben, die »Animation und Simulation« hieß. Diese Abteilung sollte von Detlef Krömker geleitet werden und sie sollte sich mit der Erforschung der computergenerierten realistischen Bilder und Filme beschäftigen, die als Basis räumliche Szenen mit dreidimensionalen Objekten hatten. Das »Raffel-Projekt« war daher wie geschaffen und kam wie gerufen, um eine der Grundlagen für die Forschungsrichtung dieser künftigen Abteilung zu sein.

      Damit konnte ich zudem ein taktisches Ziel verfolgen, mich, ähnlich wie bei ACM-SIGGRAPH, in meinem Institut auch mit der neuen »Computer Graphics Art« zu beschäftigen. Es war deswegen nur konsequent und zielführend, dass die Abteilung »Animation und Simulation« mit Beginn des Jahres 1987 am IGD eingerichtet wurde. Unter den ersten wissenschaftlichen Mitarbeitern (WissMA) war Georg Rainer Hofmann, der bei der Durchführung des »Raffael-Projektes« einen hervorragenden Job gemacht hat.

      Das von Mazzola vorgeschlagene »Raffael-Projekt« kann auch gesehen werden als der Anfang einer Entwicklung, nämlich der »Popularisierung« der Computergraphik. Es war ein historischer Einstieg in den Anwendungsbereich »Kultur und Kunst« und den Computergraphischen »Realismus«, als Darstellung und Verarbeitung von computergenerierten realistischen Bildern und Filmen. In den Jahren 1987 bis 1989 wurden die eindrucksvollen Ergebnisse des »Raffael-Projektes« einer breiten, auch nicht-fachlichen Öffentlichkeit präsentiert. Um diese Verbreitung der im Projekt erzielten, sehr interessanten Ergebnisse noch weiter zu verstärken, hatte ich mich erfolgreich beim Springer-Verlag in Heidelberg dafür eingesetzt, dass dort eine Monographie über das »Raffael-Projekt« erscheint. Die Autoren waren Guerino Mazzola, Detlef Krömker und

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