GLOBALE PROVINZ. Georg Rainer Hofmann

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GLOBALE PROVINZ - Georg Rainer Hofmann

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Erwartungen bereits mehr als voll erfüllt, nämlich das Erschließen und Ermöglichen von neuen Anwendungen für die Graphische Datenverarbeitung, als Informatik-Werkzeug und als »Enabling Technology« im Bereich Kunst und Kultur. Das Projekt hat gezeigt, wie wertvoll die Methoden, Techniken und Systeme dieser Informatik-Disziplin sind, um Visualisierungen, Analysen, Simulationen und Animationen rechnergestützt für Kunst- und Kulturschaffende zu ermöglichen und zu realisieren.

      Das »Raffael-Projekt« hat in den 1980er-Jahren sicher eine Pionierrolle gespielt und wurde zu einem der »Enablers« dieser Entwicklung. Es war dahingehend sehr erfolgreich und hat damit seinen Zweck voll erfüllt. So gesehen zählt mein ehemaliger Student Georg Rainer Hofmann aus meiner Sicht zu den Pionieren der »Computer Graphics Art«. Gerne habe ich auch sein, dieses hier vorliegende, Buchprojekt unterstützt, in dem er über vier Jahrzehnte der Entwicklung der Informationsgesellschaft aus seiner Sicht und auf der Basis seiner persönlichen beruflichen Erfahrungen berichtet.¶

      Aus einer philosophischen Sicht haben wir damals gelernt, dass der geisteswissenschaftlichen Methode des »Perspektivenwechsels« durchaus eine mathematisch-technische Komponente entspricht. Guerino Mazzolas Interpretation des kategorientheoretischen Yoneda-Lemmas »Verstehen heißt Perspektiven ändern und sammeln« war ein wichtiges – und technisch realisierbares – Element geworden. Dieser Umstand sollte uns auch künftig noch intensiv beschäftigen.

      Ich hatte damals ein großes Interesse an einem eiligen Studium, denn ich wollte möglichst bald meine semi-professionelle Hiwi-Tätigkeit durch eine »richtige« Berufstätigkeit ersetzen. Im Herbst 1986 war dann nach acht Semestern das Studium der »Informatik mit Nebenfach Volkswirtschaftslehre und Wahlfach Philosophie« an der THD beendet.

       Computer machen Musik in Wien und in Zürich (1987 – 1988)

      Die große Mathematische Musiktheorie wird durch einen kleinen Computer namens »MDZ71« aus Darmstadt unterstützt. Dieser MDZ71 wird in Wien von Herbert von Karajan gelobt, und er gibt auch ein Konzert in Zürich.

      Das Darmstädter Institut GRIS von José Luis Encarnação hatte in Mitte der 1980er-Jahre enorm an internationaler Bedeutung gewonnen. Das war vor allem den Beiträgen zur Entwicklung – und internationalen Etablierung – eines der ersten internationalen ISO-Standards für Informationstechnik, dem »Graphical Kernel System« (GKS) zu verdanken. Dieser Standard mit der Nummer ISO/IEC 7942 war ein »Application Programming Interface« (API) für die Darstellung und Interaktion mit vor allem zwei-dimensionalen Vektorgraphiken. Pixel-basierte Rasterbilder spielten nur eine Nebenrolle. Das GKS war unabhängig von Hardware-Plattform und Programmiersprache definiert. Die Arbeiten am GKS brachten GRIS eine hervorragende internationale Vernetzung und eine erhöhte Aufmerksamkeit für Auftragsforschungsprojekte sowohl der öffentlichen Hand als auch der gewerblichen Wirtschaft.

      José Luis Encarnação hatte die Bedeutung der Arbeiten von GRIS für die akademische Forschung und für Anwendungen in der Wirtschaft absolut treffsicher erkannt. Er betrieb bereits im Jahr 1984 die Gründung des Vereins »Zentrum für Graphische Datenverarbeitung e.V.« (ZGDV). Geschäftsführer des ZGDV wurde Herbert Kuhlmann. Damit griff Encarnação an der THD eine bereits aus den USA bekannte Idee auf. Das ZGDV war als ein »Industrial Programme« dafür da, den Dialog und Wissenstransfer mit prospektiven Projektpartnern aus der Wirtschaft zu intensivieren und zu institutionalisieren. Dieser Grundgedanke sollte Jahre später im Sinne des systematischen »Wissenstransfers« der Hochschulen eine konsequente Weiterentwicklung erfahren.

      Es verwundert nicht, dass auch die »Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.« auf GRIS und das ZGDV aufmerksam wurde. Die Fraunhofer-Gesellschaft hatte ihre Zentralverwaltung in München, die eigentliche Facharbeit wurde in Dutzenden von dezentral lokalisierten und organisierten Instituten ausgeführt. Nach entsprechenden Verhandlungen und Vorbereitungen nahm zu Beginn des Jahres 1987 die »Fraunhofer-Arbeitsgruppe (für) Graphische Datenverarbeitung« (FhG-AGD bzw. AGD) in Darmstadt ihre Arbeit auf. Die Existenz der AGD war seitens der Fraunhofer-Zentralverwaltung zunächst auf fünf Jahre befristet, sozusagen zur Bewährung. Die Frage war, ob diese »Graphische Datenverarbeitung« einen nachhaltigen Auftragsforschungsmarkt finden würde.

      Für die personelle Ausstattung der neuen AGD suchte der – nun frisch gebackene – Fraunhofer-Institutsleiter Professor Encarnação natürlich Mitarbeiter. Er konnte vier Abteilungsleiter für die AGD gewinnen, einer davon war Detlef Krömker. In seiner Abteilung »Animation und Simulation« sollte es um die Erforschung computergenerierter realistischer Bilder und Filme auf der Basis räumlicher Szenen gehen. Das Raffael-Projekt war eine erste Grundlage für diese Forschungsrichtung. So wurde ich mit Beginn des Jahres 1987 ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, abgekürzt »WissMA«, bei der AGD, in der Abteilung von Detlef Krömker. Ich blieb also auch nach dem Studium in Darmstadt.

      Der »speed of life« in der entstehenden Informationsgesellschaft nahm deutlich zu, die Zahl der Studierenden am Institut GRIS wuchs erheblich. Wir WissMA vertraten Professor Encarnação manchmal in seinen Vorlesungen und Seminaren, denn er konnte den akademischen Lehrbetrieb an der TH Darmstadt unmöglich noch selbst und allein erledigen. Und so kam es – nach meinem eiligen Studium – zu der einigermaßen absurden Situation, dass Kommilitonen, mit denen ich vor einigen Wochen noch gemeinsam die Bank im Hörsaal gedrückt hatte, mir nun als Hörer in den Vorlesungen und Seminaren gegenüber saßen.

      Guerino Mazzola war nach dem Ende der Symmetrie-Ausstellung am Sonntag, 24. August 1986, um exakt 18:00 Uhr, demonstrativ pünktlich und sofort aus Darmstadt nach Zürich abgereist. Ich habe in der Rückschau schon den Eindruck, dass sein intellektueller Anspruch nicht immer für eine gedeihliche Arbeitsatmosphäre in der Darmstädter Kulturszene gesorgt hat. Ich hielt weiter zu ihm persönlichen Kontakt. Ab und an gab es ein Telefonat. Man sollte die Wichtigkeit und die Rolle des sozialen Kontextes für eine erfolgreiche akademische Projektarbeit keinesfalls unterschätzen. Ich würde nach all den Jahren durchaus die Meinung vertreten, dass ein funktionierendes Projektteam eher eine sinnvolle Projektaufgabe findet, als umgekehrt, dass sich für eine gegebene Forschungsaufgabe ein sozial funktionierendes Projektteam finden lässt.

      So gegen Ende des Jahres 1986 stellte Guerino Mazzola eine neue Projektidee vor. Es sollte ein Musikcomputer mit einem »Graphical User Interface« (GUI) gebaut und »Music Designer MDZ71« genannt werden. Damit hatten wir bei der AGD einen der ersten Projektaufträge, gar einen internationalen, nämlich aus der Schweiz. Mazzola hatte für sein MDZ71-Projekt einen Sponsor finden können. Das war Toni Hauswirth, »a truly international business man«, der auf einer Insel in der Südsee lebte. Er fiel bei den bodenständigen Fraunhofer-Kollegen auf, weil er als Rechnungsadresse ein Postfach in Panama City angab. Einige Jahre später war er der Sponsor der Nationalmannschaft der Fidschi-Inseln bei den Olympischen Winterspielen im Jahr 2002 in Salt Lake City – never mind.

      Man konnte im Laufe des MDZ71-Projekts den Eindruck gewinnen, Guerino Mazzola sei ein Jünger des Pythagoras. Er war gleich diesem davon überzeugt, dass sich im Prinzip große Teile der Welt, und gar schon Teilbereiche der Musik, mit mathematisch-topologischen Strukturen beschreiben lassen müssten. Er hatte bereits 1985 das Buch »Gruppen und Kategorien in der Musik« publiziert. Der MDZ71 sollte das darin entwickelte, sehr radikal-generelle Verständnis von Tonereignissen aufgreifen. Die Dimensionen der Töne waren Höhe, Dauer, Einsatzzeit, Klangfarbe, die entsprechend parametrisiert die Elemente einer Partitur sind. Tonereignisse sollten in dem dadurch aufgespannten multi-dimensionalen »Raum der Töne« mit beliebigen geometrischen Abbildungen und Operationen in allgemeiner Form manipulierbar sein.

      Mazzola hatte schon als Kind klassischen Klavierunterricht und seit den 1970er-Jahren trat er auch im Metier des »Free Jazz« auf. Diese »Mathematische Musiktheorie« von Guerino Mazzola war mir sofort sehr sympathisch, hatte ich doch seit meinem elften Lebensjahr Unterricht in Trompete und war bei einem Posaunenchor in der Nähe meines Wohnorts, im Nachbarort

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