Sprachenlernen und Kognition. Jörg-Matthias Roche

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Sprachenlernen und Kognition - Jörg-Matthias Roche Kompendium DaF/DaZ

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oder weniger stark sein) (vergleiche Evans & Green 2006).

      In unserem Kopf haben wir allerdings auch andere Arten von Wissensrepräsentation wie beispielsweise die allgemeinen Schemata und die mentalen Bilder. Wie lassen sich aber die Bildschemata von diesen mentalen Repräsentationen genau unterscheiden? Die Bildschemata teilen zwar einige Schnittmengen mit den mentalen Bildern und den allgemeinen Schemata, sie unterscheiden sich aber von ihnen vor allem durch ihre Allgemeingültigkeit und ihren Abstraktheitsgrad. So sind Bildschemata nach Oakley (2007: 216) im Unterschied zu den Schemata, die wir als abstraktes, strukturiertes Wissen über Konzepte und Handlungsmuster besitzen (Schemata, vergleiche auch Rumelhart 1975), viel dynamischer und flexibler. Während das abstrakt gespeicherte Wissen über den Ablauf einer Kontrolle am Flughafen nur auf diese konkrete Situation angewandt werden kann (Boardkarte vorzeigen, Handgepäck auf das Band legen, Laptops und Flüssigkeiten herausnehmen etc.), können Bildschemata wie URSPRUNG-WEG-ZIEL auf allerlei Bewegungen von einem Punkt A über einen Weg bis Punkt B angewandt werden, sei es am Flughafen oder auf einer Hochzeit. Die verschiedenen Slots der Bildschemata können also mit mehr Items gefüllt werden als die der Schemata von Konzepten und Handlungen. Weiterhin sind mentale Bilder weniger allgemein anwendbar, weil sie konkrete Situationen abbilden und daher spezifischer sind (vergleiche Oakley 2007: 216; siehe Abbildung 2.1). Beispielsweise kann das mentale Bild der letzten Hochzeit nicht in Bezug auf weitere Hochzeiten verallgemeinert werden, weil Braut und Bräutigam vermutlich Unikate sind, selbst wenn sie Zwillingsgeschwister haben, die zur gleichen Zeit heiraten. Die Anwendbarkeit mentaler Bilder ist auf diese konkrete Situation beschränkt. Mentale Bilder erlauben uns daher aber auch, uns eine Situation konkret vor Augen zu führen, während die Bildschemata dafür zu abstrakt sind. Gemeinsam ist mentalen Bildern und Bildschemata jedoch ihre analoge Natur: Beide bilden die sensorischen Erfahrungen auf eine analoge Weise ab und aktivieren die entsprechenden modalitätsspezifischen Aspekte mit (vergleiche Evans & Green 2006; Seel 2003).

      

Abbildung 2.1:

      Mentale Bilder

      In der Literatur werden einige andere Merkmale von Bildschemata diskutiert, die immer noch als umstritten gelten, wie zum Beispiel die Tatsache, dass einige Bildschemata nicht ausschließlich perzeptueller Natur sind, sondern sich aus den Vorwissensbeständen speisen und daher konzeptuelle Aspekte haben (Grady 2005). Ein weiterer umstrittener Aspekt bezieht sich auf die Universalität der Bildschemata, die nach einigen Autoren (Kimmel 2005: 41ff) nicht immer als gegeben vorausgesetzt werden darf. Für eine ausführliche Darstellung dieser und weiterer Kritikpunkte siehe Kimmel (2005), Grady (2005) oder Zlatev (2005).

      2.1.4 Piktoriale und multimodale Metaphern

      In der konzeptuellen Metapherntheorie wird davon ausgegangen, dass sich die konzeptuellen Metaphern hauptsächlich an der linguistischen Oberfläche manifestieren, wobei die Rolle statischer und dynamischer Bilder sowie der von Musik und Gestik völlig außer Acht gelassen wird. Aus diesem Grund plädiert Forceville (2008) für die Erweiterung des Metaphernbegriffes durch die sogenannten piktorialen und multimodalen Metaphern. Beide Arten von Metaphern haben gemeinsam, dass ihre Quellendomäne und/oder ihre Zieldomäne nicht verbaler Natur sind. Sie unterscheiden sich jedoch durch ihre jeweils monomodale und multimodale Natur: Während multimodale Metaphern verschiedene Kodierungssysteme und Sinnesmodalitäten miteinander kombinieren, wie zum Beispiel Sprache, Musik und Bild, speisen sich piktoriale Metaphern ausschließlich aus bildhafter Information.

      Innerhalb der Kategorie der piktorialen Metaphern gibt es unterschiedliche Typen. In der Abbildung 2.2 sehen wir zum Beispiel, wie die piktoriale Information aus dem Kontext (hier das begleitende Bild) zur Erschließung der Metapher SPRACHENLERNEN IST EIN KAMPF beiträgt. Dadurch wird die Idee evoziert, dass die Sprachschule den Schülern die Unterstützung leistet, die sie zur Bewältigung kommunikativer Situationen in der Fremdsprache benötigen. Diese Art von piktorialer Metapher nennt Forceville folgerichtig kontextuelle Metapher (Forceville 2008: 464). Eine andere Art von piktorialer Metapher stellen die sogenannten hybriden Metaphern dar, die durch die piktoriale Zusammensetzung von Quellen- und Zieldomänen in derselben Gestalt eine neue, hybride Gestalt schaffen, die es in der Realität nicht gibt (Forceville 2008: 465f.). Zum Beispiel wird ein Atomkraftkanister (siehe Abbildung 2.3) mit Beinen versehen, um den Satz der Atomkraft Beine machen zu verbildlichen. Solche hybriden Metaphern unterscheiden sich wiederum von den integrierten Metaphern dadurch, dass letztere keine unwahrscheinliche Gestalt darstellen, sondern diese nur andeuten. So wird beispielsweise in der Werbung für eine Kaffeemaschine (siehe Abbildung 2.4) durch ihre besondere Form die Metapher KAFFEEMASCHINE IST EIN DIENER bzw. EIN KELLNER suggeriert, das heißt die Kaffeemaschine serviert die fertigen Kaffees wie ein echter Kellner (vergleiche Forceville 2008: 468). Schließlich werden in sogenannten piktorialen Vergleichen die Quellen- und die Zieldomäne als zwei eigenständige Entitäten präsentiert (beispielsweise als zwei nebeneinanderstehende Objekte), wodurch eine Ähnlichkeit zwischen beiden evoziert wird.

      

Abbildung 2.2:

      Wall Street Englisch (Quelle: wallstreetenglish 2016)

      

Abbildung 2.3:

      Der Atomkraft Beine machen (Jusos Drensteinfurt 2016)

      

Abbildung 2.4:

      Kaffeemaschine (Heise 2016)

      Im Gegensatz zu den piktorialen Metaphern kombinieren multimodale Metaphern (Forceville 2008: 467ff) verschiedene Kodierungssysteme oder Wahrnehmungsmodalitäten, so dass zum Beispiel durch die Interaktion von Musik und Bildern die intendierte Metapher evoziert werden kann. Ein Beispiel dafür finden wir in der Werbung für das Katzenfutter »Xirah« (über den Wahrheitsgehalt der Werbung müssten Sie Ihre eigene Katze entscheiden lassen), in der ein Streit um das Essen zwischen einer Katze und einem Hund inszeniert wird. Dabei wird durch zwei besondere Elemente die Metapher EIN STREIT UM DAS ESSEN IST EIN DUELL IM WILDEN WESTEN evoziert: Einerseits wird ein Ausschnitt aus dem bekannten Lied The good, the bad and the ugly von Ennio Morricone im Hintergrund gespielt und andererseits wird der Eintritt des Hundes in das Zimmer durch eine Schwingtür gezeigt, wie sie aus Westernfilmen bekannt ist. Der konzeptuelle Inhalt der Quellendomäne wird also durch Elemente unterschiedlicher Modalitäten aktiviert.

      2.1.5 Die Verarbeitung von Metaphern

      Nachdem wir den Prozess der Metaphorisierung und die verschiedenen Arten von Metaphern kennengelernt haben, beschäftigen wir uns nun mit der Frage, wie Metaphern eigentlich verarbeitet werden und welche Faktoren dabei überhaupt mitwirken. Da aber die meisten Ansätze zur Verarbeitung von Metaphern kaum Bezug auf den Kontext des Fremdsprachenerwerbs nehmen, sollen die Ansätze in einem ersten Schritt nur in ihren Grundzügen präsentiert werden (für eine ausführliche Darstellung siehe auch Littlemore & Low 2006b: 46ff). Danach wird die Wichtigkeit des Erwerbs einer metaphorischen Kompetenz im Unterrichtskontext besprochen.

      Bisher sind zahlreiche Theorien formuliert worden, die jeweils den Schwerpunkt auf einen einzelnen Aspekt gelegt (zum Beispiel den Kontext, den Bekanntheitsgrad der Metapher, die Salienz etc.) und größtenteils die dafür nötige empirische Evidenz geliefert haben. Wie Sie aber sicher schon einmal festgestellt haben, wirken beim Verständnis von Metaphern mehrere Faktoren zusammen, so dass wir eher von einem mehrdimensionalen Konstrukt ausgehen sollten. Ein erster wichtiger Streitpunkt betrifft die Frage, inwiefern der gesamte konzeptuelle Inhalt der Quellendomäne aktiviert wird, um die Metaphern zu verstehen. Einerseits verteidigte Searle (1979) die Position,

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