Der Change-Code. Dieter Lederer

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Der Change-Code - Dieter Lederer

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war der letzte seiner Art, der Quelle-Katalog für Herbst/Winter 2009/2010. Mehr als 80 000 Artikel auf 1500 Seiten, gut zwei Kilogramm schwer, ein wahrer Schmöker, auch »Bibel des Zeitgeists« genannt4. Zweimal im Jahr das Großereignis Katalogdruck mit mehr als 20 Millionen Euro Kosten, für die es am Ende eine Staatsbürgschaft brauchte, damit die Druckmaschinen angeworfen wurden5. Jeweils ein halbes Jahr Preisgarantie und die nervenaufreibende Frage, ob Sortiment und Preise bei den Kunden ankommen – schließlich war die Ware bereits eingekauft. Doch der Katalog konnte den Untergang des Versandhauses nicht aufhalten. Im September 2009 startete das Insolvenzverfahren, zwei Monate später wurde die Abwicklung besiegelt, fast genau 15 Jahre nach der Gründung von Amazon. Der letzte Katalog wurde zum Symbol des Niedergangs eines ehemals hoch innovativen und erfolgreichen Versandhändlers, der selbst Mode aus Paris erschwinglich machte und sich mit diversen Eigenmarken beachtliche Marktanteile sicherte. Doch das größte Versandhaus Europas fing mit der Zeit an, sich selbst im Weg zu stehen: Es wurde zu träge und ineffizient, nahm wuchernde Strukturen und Kosten hin, war zwar im Internet vertreten, doch einem Geschäftsmodell verhaftet, das mit der Flexibilität, Modernität und Präsenz von Amazon nicht mithalten konnte. Neckermann erging es ähnlich: Die Abwicklung erfolgte 2012.

      Erfolg gegen den Trend

      Täuschende Langsamkeit

      Und schon lauert die nächste Gefahr: Die meisten Veränderungen laufen anfänglich sehr langsam ab, fast wie in Zeitlupe. Wenn sie allerdings zur Marktreife kommen, nimmt ihre Geschwindigkeit exponentiell zu und ihr Vorsprung ist kaum mehr einzuholen. Dann brechen die eigenen Kunden- und Marktsegmente in kurzer Zeit weg. Zwar sind die evolutionsbiologisch ältesten Teile unseres Gehirns darauf programmiert, reflexartig auf Bedrohungen zu reagieren, jedoch braucht es dazu das Erkennen einer solchen. Kommt ein neuartiges Gerät auf den Markt, wie 2007 Apples iPhone, von dem man nicht mal genau weiß, was es sein soll – Computer, Music-Player oder Telefon –, und hat dieses zunächst nur einen verschwindend geringen Marktanteil, dann ist es nicht verwunderlich, dass sich Nokia als Platzhirsch unter den Anbietern erst mal entspannt zurücklehnt und keinerlei Bedrohung erkennt.

      Die meisten Veränderungen laufen anfänglich fast wie in Zeitlupe ab.

      Hier noch ein Beispiel, das nicht in der Vergangenheit liegt, sondern gerade vor unseren Augen abläuft. Es geht um das Münchner Start-up Celus, das sich anschickt, die Entwicklung von Elektronikplatinen mit einer KI-basierten Technologie zu automatisieren. Das bedeutet im Vergleich zum bisherigen, hochgradig manuellen und fehleranfälligen Vorgehen eine massive Einsparung von Geld, Zeit und Personalressourcen. Diese disruptive Erfindung kann zum Game-Changer für eine ganze Industrie werden. Man sollte meinen, dass die Marktführer im Bereich der Technologie für Elektronikentwicklung hellhörig werden. Doch dafür gibt es keine Anzeichen, wie die Wettbewerbsuntersuchungen von Venture-Capital-Unternehmen zeigen, die das Start-up und seinen Markt in Due-Diligence-Verfahren eingehend durchleuchten. Wie kann das sein, mögen Sie sich jetzt fragen, und finden in den genannten Denkfallen eine zutreffende Erklärung: In der Wahrnehmung der Platzhirsche wirken die vorherrschende Technologie und Marktposition unangreifbar durch den »neumodischen Schnickschnack«. Es liegt keine Bedrohung vor und es gibt folglich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Wie tragfähig diese Einschätzung ist, wird die Zeit zeigen.

      Wenn Sie Ihr Unternehmen in allzu liebgewonnene Gewohnheiten verstrickt wähnen, ist Handeln überfällig.

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