Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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brennt? Demetri hat kurze Nachricht vom fernern Erfolg an Tolomeien nach Brindisi gegeben, unter andern Dingen, die er ihm meldete, dies wie im Vorbeigehen, wenn ohngefähr der Brief sollte aufgefangen werden: sie und der Kardinal haben des Mordes wegen Arrest bekommen. Um alles noch zu tun, was ich kann, hab ich selbst an den Heiligen Vater geschrieben, und an den Großherzog, und noch an den Kardinal; und ihnen allen die Natürlichkeit und Notwendigkeit der Begebenheit und meine Unschuld vorgestellt.

      Und nun dann hinein in die Wasserwelt; o wie klopft mir das Herz! O Vaterland, Vaterland, daß ich dich in Ketten und Banden sehen muß und von dir scheiden! Lebe wohl, schönes Italien, lebe wohl! Lebe wohl, Venedig, Genua und Rom! O du warst es wert, stolzes Land, vor allen andern einmal die Herrschaft über die Welt zu haben!

      Umarm und küsse Cäcilien statt meiner; das himmlische Geschöpf wird an keines andern Brust besser aufgehoben und glücklicher sein als der meines Freundes. Befürchtet keine Sünde; der Größte der Halbgötter gab Iolen mit der empfangnen Frucht seiner Liebe seinem eignen Sohne zur Gattin. Lucinde, du allein brennst mich auf dem Herzen; aber ich will alle Verfolgungen des erzürnten Himmels dulden, wenn ich's büßen kann.

      Lebt wohl, ihr Höhen des Apennin und ihr entzückenden Täler! wohl, du königlicher Po, und du, Tiber und Arno! ach, und ihr klaren Quellen des Clitumnus! Ein günstiger Wind schwellt die Segel, und ich flieg Ionien entgegen. Ich reiße mich von Eurem Herzen, o all Ihr Lieben, um Eurer würdig zu sein.

      Ardinghello

      Fiordimona war leider an allem schuld; sie mochte nun erkennen, wohin ihr schönes System führe. Sie hatte vermutlich erst dem Neffen des Papsts Gehör gegeben, und hatte dann dem Kardinal Gehör gegeben, und suchte beide loszuwerden, wie sie Ardinghello mit ganz andrer Lust und Freude und Schönheit und Inbrunst an sich fesselte; und dieser ließ sich in jugendlichem Taumel von ihren überschwenglichen Reizen fangen. Die verwegne Reise nach Neapel machte sie wahrscheinlich deswegen, um die erstern ganz von sich abzubringen, welche vielleicht auch den Weg zu den Quellen des Clitumnus wußten, und den Ardinghello in aller möglichen Lust ungestört zu genießen. Ein Weib kann seine Natur nicht verleugnen: sie kam den folgenden Winter mit Zwillingen von beiderlei Geschlecht nieder und fand es doch ihrem Stande gemäß, den Vater derselben als Gemahl zu besitzen.

      Die Mohrin mußte unter den heftigsten Drohungen ohne Zweifel dem Kardinal ihre Reise mit Ardinghellon anzeigen, konnte aber nicht sagen, wohin. Und zu Rom und alle Vene wurde voll Rache auf ihre Zurückkunft gelauert. In der Leidenschaft hatte das zärtliche Paar seine Maßregeln nicht behutsam genug genommen.

      Ardinghello wurde allgemein bedauert, und auch Fiordimonen tadelte man nicht sehr: sie machten miteinander das vollkommenste Paar aus, das man weit und breit hätte finden können. Das Verständnis der letztern mit dem Neffen und dem Kardinal ließ sich durch den Ausgang nur mutmaßen und blieb außerdem im verborgnen; ihre seltne Schönheit und hohe Naturgaben und Reichtümer sprachen übrigens für sie, und das Geschwätz der Weiber hielt man für Neid und gewöhnliche Lästerung. Jeder Triumph hat seine Schmählieder vom Pöbel hinterdrein; dies ist in der Natur. Der Mann im Purpurhute schwieg hierüber weislich und sagte nicht mehr, als was er sagen mußte, ins Ohr dem Richter. Ich habe hernach in lauter neuem Vergnügen vergessen, sie hierüber auszuforschen.

      Von den Gütern des Ardinghello wurde nichts eingezogen, der Kardinal mußt es doch groß finden, daß er sein Leben schonte, da er es in seiner Gewalt hatte; und seine Tante übernahm deren Verwaltung, als Schwester seines Vaters. Sie verkaufte einen Teil davon und tilgte die Schulden; der Edle hatte manchem Mann von Talent aus der Not geholfen und in eine bequemere Verfassung gesetzt, welches nun bekannt wurde.

      Erst den Frühling darauf erhielt ich wieder kurze Nachricht von ihm; ein Brief war unterdessen mit einem venezianischen Schiffe verlorengegangen, das im Sturm bei Korfu scheiterte.

       Im Hafen zu Scio, Mai.

      All mein Wesen ist Genuß und Wirksamkeit; heiter der Kopf, immer voll heller Gedanken, reizender Bilder und bezaubernder Aussichten, und das Herz schlägt mir wie einer jungen Bacchantin im ersten ganz freien Liebestaumel.

      Diagoras durchstreicht mit mir den Archipelagus, damit ich jeden gefährlichen Paß und alle Häfen kenne. Von Smyrna sind wir ausgelaufen, den langen Golfo durch, nach Mytileni, Tenedos, an den Dardanellen herum, nach Stalimene, den herrlichen Posten Skyros und von hier ferner in jeden guten Hafen der Cykladen. Jetzt sind wir an den Küsten von Asien und werden bis Rhodos, in den Golfo von Makri segeln und von dort nach Ägypten. Die Arbeit wird mir leicht; denn er hat von seinem Alten die trefflichsten Karten, woran wir wenig verbessern können.

      Überall weiß mein edler Führer, wo die neuern Helenen, Aspasien und Phrynen stecken, und hat mit mancher schon in Korsarenehe30 gelebt; Liebesgötter umgaukeln uns, sooft wir einlaufen.

      Demetri hat einen glücklichen Geburtsort gehabt. Scio ist die schönste Stadt aller griechischen Inseln; und die Rebenhügel und Täler und Gärten zwischen den Gebirgen im Innern des Landes mit ihren Pomeranzen-, Zitronen- und Granatenhainen, von klaren herabstürzenden Bächen erfrischt und belebt, sind entzückend und bezaubernd.

      Jedoch so schön ist alles, wie Du längst weißt, unter diesem seligen Himmel; fast immerwährender Frühling, und für die Sommerhitze kühle Nächte; dichte Schatten, spielende Seelüfte, Menge von Quellen und Überfluß an gesunden und erquickenden Früchten.

      Paradies der Welt, Archipelagus, Morea, Karien und Ionien, o daß ich würdig werde, eurer ganz zu genießen!

      Die Griechen sind noch immer an Gehalt und Schönheit die ersten Menschen auf dem Erdboden, ihre Liebe zur Freiheit und ihr Haß gegen alle Art von Unterdrückung noch ebenso wie bei den Alten. Sobald sie nur ein wenig Luft bekommen von der ungeheuern Masse des Schicksals, die sie drückt, wie regt sich alles und ist Leben und Feuer! und wie halten sie an, wie blitzschnell durchdringt ihr Verstand bei Gefahr, übersieht das Ganze und schlägt den rechten Weg ein! Die Mainotten auf den Gebirgen von Sparta sind noch nie bezwungen worden, sie und Montenegriner, Illyrier und Karier Helden wie ihre Urväter bei Plataia.

      Kunst und mildere Sitten sind nur Ausbildung und machen weder eigentlichen Kern noch Genuß aus.

      Und der Hang zur Freude, zur Lust, zu Gesang und Tanz, wie klopft er dennoch ebenso in ihren Adern! und wie mächtig das Gefühl für Schönheit!

      O Du und Cäcilia, Ihr meine Geliebten, eilt hervor aus Euern Sümpfen!

      Ardinghello

      Im Herbste schrieb er mir von Sizilien aus, in dessen Gewässern er herumkreuzte und reiche Beute machte, »am Fuß der Säule des Himmels, des stürmigen Ätna, aus dessen hohlen Eingeweiden die lautersten Quellen unergründlichen Feuers geworfen werden«.

      Ulazal, der berühmte Kalabreser, das Schrecken der Mittelländischen See, welcher die türkische Flotte anführte und schon verschiedenemal die Spanier schlug, hatte ihn mit Freuden aufgenommen. Er tat sich bald hervor durch Verstand und Tapferkeit; bekam alsdenn eine Galeere unter seine Befehle, worin meistens italienische Renegaten und Griechen dienten; und es wurde durch Vermittelung des Diagoras, des Sohns vom Admiral, so unter der Decke getrieben, daß er nicht einmal seinen Glauben abschwören durfte und man dies für geschehen annahm. Er und dieser junge Held, sein Todesbundesfreund, streiften nun jeder mit einem kleinen Geschwader als raublüsterne Adler an den Küsten von Kalabrien, Sizilien und Spanien herum.

      Den Winter darauf machten sie den Anfang mit Ausführung eines der kühnsten und feinsten Plane. Der alte Ulazal und besonders sein Sohn galten alles bei dem jungen Sultan Amurath. Diese begehrten die Inseln Paros und Naxos, um eine italienische Kolonie hier anzulegen. Beide waren durch Krieg schier unbewohnt geblieben. Die wenig übrigen Griechen wollte

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