Blut für Gold. Billy Remie

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Blut für Gold - Billy Remie

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zog ihn aus der Schwerelosigkeit auf etwas Hartes, seine Kleider pressten ihn regelrecht darauf, sie waren bleischwer von der triefenden Nässe. Der Augenblick dauerte nicht lange, er schaffte es nicht, die Lider zu öffnen, und schlief sofort wieder ein.

      Als er das nächste Mal erwachte, spürte er, wie man ihm die Kleider vom Leib zerrte. Instinktiv klammerte er sich an seinen Mantel, glaubte, dass der Rattenkönig zurückgekommen war, um ihn auszurauben, zu foltern und dann zu töten. Panik erfasste ihn, doch das machte seinen Verstand auch nicht klarer. Flüchtig gelang es ihm zu blinzeln, er sah warmes Licht, eine Balkendecke, einen hellen Schopf und dachte sofort an den Blonden mit der Wollmütze. »Nein, nicht…« Da driftete sein Verstand bereits wieder ab. In diesem Moment spürte er zum ersten Mal den heißen Schmerz in seiner Magengrube.

      Als er wieder ohnmächtig wurde, hörte er noch am Rande jemanden sagen: »Er hat von dem Wasser getrunken. Schnell, gib mir das braune Fläschchen dort!«

      Kurz darauf zwang jemand seine Lippen auf, er wusste, dass er hustete, doch er spürte es gar nicht. Ein ekelerregender Geschmack rann ihm die Kehle hinab, so bitter wie verfaulte Zitronen. Hilflos ließ er zu, dass ihm die dicke Flüssigkeit eingeflößt wurde, dabei sackte er wieder in sich zusammen.

      Krämpfe weckten ihn erneut. Er wusste nicht, wie lange er ohne Bewusstsein gewesen war, es kam ihm gleichzeitig vor wie eine Ewigkeit und eine Sekunde. Im Schlaf hatte er sich unwillkürlich zusammengekrümmt, die Arme um den Bauch geschlungen. Die Krämpfe kamen stoßweiße, wie die Wellen auf dem Meer am Hafen. Er kämpfte verzweifelt gegen die Übelkeit an, doch es war zwecklos. Noch immer so gut wie blind, weil sich seine Lider zu schwer anfühlten, würgte er unterdrückt.

      »Es geht los«, sagte jemand in seiner Nähe, Schatten fielen über ihn. »Komm her, hilf mir, er muss auf der Seite bleiben.«

      Darcar schüttelte den Kopf, wollte sich gegen die Finger wehren, die ihn am Arm fixierten. Dann kam es ihm hoch. Ein ganzer Schwall Flüssigkeit. Jemand hielt ihm eine Schüssel oder Schale unter den Mund, er spürte ihren Rand. Immer und immer wieder krampfte er, übergab sich, zitterte am ganzen Leib. Die Übelkeit raubte ihm den Atem, war die größte Folter. Hilfesuchend krallte er sich an sich selbst, Tränen flossen aus seinen Augen, aus Angst, vor Anstrengung, aus Trauer…

      »Shh«, hörte er plötzlich eine vertraute Stimme, sein Herz machte einen Satz. »Ich bin da, Darc. Ich bin bei dir, hörst du?« Veland. Sein kleiner, süßer Veland mit seiner honigwarmen Stimme. Sachte strich er Darcar durchs Haar, schmiegte sich an seinen Rücken, während er sich Leib und Seele auskotzte. »Alles wird wieder gut«, sagte sein Bruder. Und obwohl er jünger war, nur ein Kind, und es eigentlich Darcar sein sollte, der ihn beschützte, fühlte er sich plötzlich geborgen.

      Die Übelkeit und das Erbrechen waren trotzdem schlimm. Und sie wollten nicht aufhören.

      Irgendwann schlief er einfach wieder ein, vollkommen entkräftet.

      »Flößen wir ihm Wasser ein.«

      Eigentlich wollte er nicht trinken, wollte sich nicht wieder übergeben, aber als das saubere Wasser über seine Zunge floss, trank er gierig, bis er wieder das Bewusstsein verlor.

      *~*~*

      Ein tiefer Schlaf erfüllte ihn, der hin und wieder von wirren und sinnlosen Träumen durchwogen wurde, jedoch vermochten selbst die bizarren Bilder seines Unterbewusstseins nicht, seine tiefe Ruhe zu stören. Er träumte auch von Rache, das ließ ihn erholsam schlummern. Falls er noch krampfte, zitterte oder sich übergab, bemerkte er es nicht. Er hörte nichts, fühlte nichts, war so tief im Schlafbewusstsein versunken, dass ihn der Weltuntergang nicht hätte aufwecken können.

      Umso erstaunlicher erschien es, dass ihm so etwas Leises wie das Knistern eines Feuers ans Ohr drang.

      Es war ruhig, friedlich, als er aus dem Schlaf auftauchte. Die Schwere war verschwunden, er versuchte, zu blinzeln. Nur ein leicht flaues Gefühl lag in seinem Magen, doch das rührte eher daher, dass er nichts mehr darin hatte, sein Bauch knurrte hungrig, die Übelkeit war wie fortgespült.

      Beim zweiten Versuch gelang es ihm, die Augen etwas länger offen zu halten. Noch sah er verschwommen, ein dunkles Zimmer ohne Fenster, soweit er es erkennen konnte, nur das Licht aus dem Feuer, das leise in einem kleinen Steinkamin knackte, spendete warmes, anheimelndes Licht.

      Er lag auf dem Boden, um ihn herum gedrungene Wände aus Gestein, Holz, Balken an der Decke, eine Steintreppe, die zu einer Tür führte, Arbeitstische, Destilliermaschinen, getrocknete Kräuter hingen an den Wänden, Kisten voller Lebensmittel, teilweise faulig, Konserven in Regalen, Einmachgläser und Säcke, die verdächtig nach Mehl aussahen. Ein Keller, ein Vorratslager.

      Ein Versteck?

      Er lag in der hintersten Ecke zwischen Kisten und Säcken, über ihm hingen dicke Spinnenweben. All das nahm er zuerst wahr, ohne es richtig begreifen zu können. Sein Kopf fühlte sich noch schwammig an, die Gedanken sickerten nur zähflüssig umher. Er schmatze, schluckte. Seine Zunge war pelzig, er hatte auch noch immer Durst. Alles, was er tun konnte, war den Blick umherschweifen zu lassen, es fiel ihm noch zu schwer, das Gesehene richtig zuzuordnen, Angst zu empfinden. Er dachte nicht daran, aufzuspringen und einen Ausweg zu suchen, seine Beine fühlten sich an, als habe ihnen jemand die Knochen ausgesaugt. Schwach und zittrig. Das Atmen fiel ihm schwer, seine Lunge brannte leicht.

      Als Nächstes stellte er fest, dass er nackt war. Nackt und in kratzige Decken gehüllt. Unter seinem Kopf lag ein dünnes Kissen, er selbst lag auf Stroh, das jemand mit einem Laken abgedeckt hatte. Es war nicht sonderlich weich, aber besser als nichts.

      Und er war nicht allein. Der warme, kleine Körper, der an seine Brust geschmiegt lag, war der Grund, weshalb er nicht sofort alarmbereit aufsprang und eine Waffe suchte. Velands süßer Atem strömte über seine nackte Brust. Er musste sich irgendwann, als Darcar geschlafen hatte, zu ihm unter die Decken gelegt haben. Genüsslich vergrub Darcar die Nase in Velands Löckchen, sog tief seinen lieblichen Duft in die Nase. Wenn er die Augen schloss, war es fast so, als wäre er wieder zuhause.

      So verrückt es auch war, obwohl er nicht wusste, in wessen Keller er lag, fühlte er sich zum ersten Mal, seit sie nachts in ihrem Zuhause durch Eindringlinge geweckt und auf die Straße gezerrt worden waren, wieder sicher. Mit diesem Gefühl und mit Veland fest im Arm, schlief er erneut ein.

      *~*~*

      Eine Berührung an seiner Stirn ließ ihn augenblicklich aufschrecken. Verwirrt sah er sich um, da er für einen Moment nicht mehr wusste, wo er war und was geschehen war. Ja selbst an seinen eigenen Namen konnte er sich erst nach zwei verstrichenen Augenblicken erinnern. Er blinzelte, bis das Gesicht vor ihm einigermaßen klar wurde.

      »Deine Stirn fühlt sich nur leicht warm an«, sagte der andere Junge. »Du hast kein sehr hohes Fieber, das ist ein gutes Zeichen.«

      Darcar brauchte einen Moment, um ihn wiederzuerkennen. »Du bist der Rattenjäger.« Seine eigene Stimme klang so kratzig, dass er selbst erschrak.

      »Elmer.« Ein sachtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Und du bist Darcar. Dein Bruder hat mir eure Namen verraten.«

      Sofort spürte Darcar, dass Veland nicht mehr neben ihm lag. Er richtete sich erschrocken auf, dabei schmerzte sein Schädel, als ob sein Gehirn haltlos darin rumschwappte. Er griff sich gequält an die Schläfe und fragte mit verschwimmender Sicht: »Wo ist er? Wo ist Veland?«

      »Oben«, erklärte Elmer ganz ruhig, während er neben Darcars Lager kniete und einen Lappen in einem Eimer auswrang, als habe er Darcar gerade gewaschen.

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