Blut für Gold. Billy Remie

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Blut für Gold - Billy Remie

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Er brüllte weiter, immer weiter, beschwor und drohte denjenigen, die seinen Vater vierteilten. Es dauerte lange, viel zu lange, er schrie sich die Kehle wund und drohte, in den Abgrund zu stürzen. Der Rattenkönig umfing ihn von hinten mit einem Arm und zerrte ihn zurück, ein kerniges Lachen in der Kehle.

      Darcar wehrte sich gegen ihn, wollte so schnell wie möglich hinab, seinem Vater helfen.

      Er musste etwas tun. Er musste doch irgendetwas tun, konnte doch nicht einfach nur hilflos zusehen…

      Doch genauso war es, er wurde festgehalten und eine Mauer trennte ihn vom Rest der Welt. Hätte er doch nur auf Vic gehört. Die Manege! Keine Mauern umgaben sie, er hätte von dort aus in die Stadt gelangen, irgendetwas unternehmen können. Irgendetwas…

      Als die Schafrichter mit Äxten an seinen gefolterten, brüllenden Vater herantraten, schrie Darcar umso mehr. Sie halfen nach, hackten. Er musste nicht nah dran stehen, nicht das Knacken, das feuchte Schmatzen hören und das Blut in voller Pracht erleben, um einen Schock zu erleiden.

      Mit einem verzweifelten Aufschreien sackte er zusammen, wusste, dass es vorbei war, zu spät. Die Endgültigkeit zerriss ihn fast und seine Sicht verschwamm.

      Als seine Knie nachgaben, ließ der Rattenkönig ihn los. Er machte sich über Darcar lustig, äffte ihn mit seinen Kameraden nach. Sie waren auf ihre Kosten gekommen. Darcar nahm sie gar nicht mehr wahr, als die Schreie seines Vaters abrupt abbrachen, erfasste ihn eine Kälte, die ihn gefrieren ließ.

      Er saß auf den Knien, alles um ihn herum trat in den Hintergrund, da war nur noch er, der Wind und die Kälte. Er wusste nicht, wie lange er so dort saß, wie gelähmt, es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, und immer wieder sah er vor sich, wie sein Vater ermordet wurde.

      Es war Mord!

      Darcar ballte die Hände zu Fäusten, seine gefrorenen Knöchel traten weiß hervor. Und als er so dort saß, wurde die Kälte, seine Ohnmacht nur von einem einzigen Gefühl vertrieben.

      Unbändige Wut.

      In diesem Moment schwor er sich hoch und heilig, dass die gesamte Stadt dafür büßen würde. Egal wie lange es dauern mochte, ganz gleich was er dafür geben müsste. Sie würden bezahlen. Alle. Für das, was sie seinem Vater angetan hatten. Für das, was sie ihm und Veland und Evi angetan hatten.

      Er würde sie finden, alle. Bis hin zu seiner Stiefmutter, die nun in seinem Haus saß und mit ihrem kühlen Lächeln Tee trank, während gerade alles, was den van Bricks je gehört hatte, ihr zufiel.

      Er würde seinen Vater rächen.

      Kapitel 7

      Als er diesen Entschluss fasste und seiner Wut Türen und Tore öffnete, schwand das Schwächegefühl aus seinen Beinen. Die Tränen versiegten, sein Schwur gab ihm Trost, und solange er nur daran dachte, fühlte er sich nicht mehr, als würde er haltlos fallen, nachdem man ihm den Boden unter den Füßen fortgerissen hatte.

      »Steh auf!« Der Rattenkönig gab ihm einen Tritt, gleichzeitig griff er nach der Kordel, die seine zerfressenen Beinkleider oben hielt. »Los, helft ihm auf die Beine und zieht ihm die Hose aus!«

      Grob packten die anderen ihn an den Armen und zerrten ihn zu sich hoch. Da überkam ihn eine brodelnde Wut und er stieß einen der Handlanger mit einem Knurren wütend die Schulter in den Magen. Sie hatten nicht damit gerechnet, hatten ihn für gebrochen gehalten. Darcar trieb ihn über das Gerüst, der Bursche stieß gegen das Geländer, das endgültig nachgab und nach unten segelte. Die verbleibenden Vier zogen erschrocken den Atem ein. Ihr Kamerad versuchte noch, nach Darcar zu greifen, der mehr Glück als Verstand hatte und gerade noch das Gewicht zurückverlagern konnte, ehe er mit in die Tiefe stürzte. Der Schrei erschall lange, länger als gedacht. Der Aufprall war gar nicht zu hören. Nicht dort oben. Irgendwann brach einfach das hilflose Gekreische ab.

      Stille trat ein. Darcar atmete schwer, damit hatte er nicht gerechnet, das hatte er nicht einmal gewollt. Als er den Kopf wandte, starrten die anderen ihn verblüfft an. Doch dann trat Zorn in die Augen des Rattenkönigs. »Schmeißt ihn hinterher!«, zischte er.

      Darcar warf sich herum und rannte hinein, das wackelige Gerüst hinab. Seine Schritte hallten laut poldern durch den runden Raum des Turmes. Unter ihm schwankten die Stufen stark, als seine Verfolger ihm nachhechteten, sodass er aus dem Gleichgewicht geriet und sich am Geländer festhalten musste.

      Er wartete nicht, dass sie ihn einholten, kletterte über die Eisenstangen und sprang von Stahlträger zu Stahlträger, bis er einige Stufen tiefer wieder auf das Gerüst gelangte und mit einem guten Vorsprung weiter rennen konnte. Zwei der Handlanger hatten ihm nacheilen wollen, hingen nun hilflos in der Höhe, während der Rattenkönig und der Blonde mit der Wollmütze ihm auf den Stufen nacheilten.

      »Ihr Idioten!«, schimpfte ihr Anführer. »Fangt ihn!«

      Darcar stürmte aus dem Turm auf die verlassene Straße. Er rutschte in seiner Hast auf dem Frost aus, der sich schleimig über die Pflastersteine gelegt hatte, gehetzt blickte er über die Schulter, als die Schritte seiner Verfolger erklangen. Sie sahen sich um, fanden ihn auf der Straße.

      »Hinterher!« Der Rattenkönig zeigte auf ihn, sie rannten los.

      Darcar nahm die Beine in die Hand, er wollte sich gar nicht ausmalen, was sie mit ihm anstellen würden, sollten sie ihn in die Finger bekommen, nachdem er einen von ihnen in den Tod gestoßen hatte. Der Tote lag glücklicherweise auf der anderen Seite, sodass Darcar an dem aufgeplatzten Körper gar nicht erst vorbei kam. Er wollte nicht so genau wissen, wie der Junge jetzt aussah. Aber aufstehen würde er bestimmt nicht mehr, nie mehr.

      Darcar wusste gar nicht, wohin er rannte. Einfach nur weg. Sie trieben ihn durch die Straßen, er schlug Haken, bog in Gassen ein, setzte sich zweimal selbst vor eine Sackgasse und entkam durch ein eingeschlagenes Fenster. Doch er schaffte es einfach nicht, genügend Abstand zwischen sich und den Rattenkönig zu bekommen, dass er sich hätte verstecken können.

      Irgendwann wurden sie müde, genauso wie er, doch Darcar war beflügelt von Angst und Wut – außerdem hatte er noch immer mehr auf den Rippen als diese dürren Kerlchen, auch wenn er und Veland nichts gegessen hatten.

      Als Darcar hinter sich keine polternden Verfolger mehr hörte, erlaubte er es sich, kurz zu verschnaufen. Seine Lunge brannte wie Feuer, sein Durst war nagend. Immer wieder musste er schlucken, doch das befeuchtete seine trockene Kehle keineswegs.

      Er lehnte sich einen Moment an eine Hauswand in einer dunklen und feuchten Sackgasse, beruhigte seinen schweren Atem und lauschte dann angestrengt. Er hörte … nichts. Stille.

      Vorsichtig lugte er hervor, die Straße war wie leergefegt. Hatten sie aufgegeben? Das glaubte er nicht, viel eher ging er davon aus, dass sie einmal falsch abgebogen waren.

      Er schlüpfte hervor, am Ende seiner Kräfte, hustete unterdrückt und taumelte mit schmerzender Brust und Beinen an den Häusern entlang, musste sich abstützen.

      Am Ende der Straße wartete der Kanal auf ihn, das trübe Tageslicht spiegelte sich in der verdreckten Wasseroberfläche. Er hatte Durst. So wahnsinnigen Durst, dass er in Betracht zog, das Wasser einfach zu trinken. Alles in ihm schrie förmlich danach. Und obwohl er es besser wusste, konnte er der Versuchung nicht widerstehen. Nur ein Schluck, sagte er sich. Das würde ihn schon nicht umbringen. Nur einen Schluck, damit es ihm besser ging.

      Er sank am Kanal erschöpft auf

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