Blut für Gold. Billy Remie

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Blut für Gold - Billy Remie страница 26

Автор:
Серия:
Издательство:
Blut für Gold - Billy Remie

Скачать книгу

schlich zur Tür und machte sich lautlos aus dem Staub, Darcar sah ihm noch kurz nach, war dankbar und argwöhnend zu gleich. Das verunsicherte ihn, er wusste nicht, ob es klug war, dem Fremden zu vertrauen und einfach bei ihm zu bleiben. Sicher würde er irgendetwas dafür verlangen, früher oder später.

      »Ich hab dich gerettet!« Veland richtete sich auf und lächelte Darcar stolz und glücklich ins Gesicht.

      Darcar legte ihm eine Hand an die warme Wange, strich mit brennenden Augen und einem Kloß im Hals darüber. »Ja«, hauchte er und lächelte liebevoll, »das hast du. Du hast mich gerettet.« Diesen Triumph wollte er ihm nicht nehmen. Veland strahlte noch mehr, überschwänglicher Stolz machte ihn noch niedlicher, noch kindlicher – aber auch so unheimlich jung und verletzlich. Erneut warf er sich an Darcar, barg das Gesicht an der Brust seines großen Bruders, und schien auch nicht mehr loslassen zu wollen.

      Darcar ließ sich zurück auf das Kissen fallen, küsste Veland auf den Kopf und genoss dann schlicht seine Nähe und das Gefühl, in Sicherheit zu sein. Zumindest für den Moment. Er wollte Veland keine Angst einjagen, seine Freude nicht schmälern. Vielleicht hatte Elmer tatsächlich nur gute Absichten.

      Doch Darcar vertraute niemandem blind. Niemandem.

      Die Bilder der Hinrichtung wollten sich ihm aufdrängen, die Schreie seines Vaters. Er verbannte sie, indem er sich an seinen kleinen Bruder klammerte.

      *~*~*

      Er musste wieder eingeschlafen sein, doch dieses Mal hielt Velands Nähe die Alpträume nicht fern. Nun, da Darcars Verstand nicht mehr wie wattiert war, schien sein Unterbewusstsein all die Dinge aufzuwirbeln, die er erfolgreich im Wachzustand verdrängt hatte. Der Mord an seinem Vater. Er schwebte über der Stadt, strudelnd in der Luft, versuchte mit Schwimmbewegungen hinab zu gelangen, doch er wurde festgehalten – von geflügelten, riesigen Rattenwesen. Er brüllte, kämpfte, aber es brachte nichts. Er hörte seinen Vater um Hilfe rufen, er sah das Blut, hörte sogar das Brechen der Knochen, obwohl er es in Wahrheit nie vernommen hatte. Sein Traumverstand gaukelte ihm vor, dass sein Vater nie gestorben war, dass er noch am Leben war, dass er gerettet werden konnte. Er kämpfte und kämpfte und kämpfte gegen die Monster, die ihn festhielten, wollte fallen, wollte seinen Vater retten. Es war, als hätte er eine zweite Gelegenheit erhalten, die er nicht vermasseln durfte. Sein Herz raste, er strampelte, konnte nur daran denken, seinen Vater zu retten. Er war erfüllt von zweiter Hoffnung, die umso schmerzhafter erschlagen wurde, da er erneut nicht im Stande war, etwas zu unternehmen. Die Ratten höhnten.

      »Darcar!«

      Erschrocken fuhr er aus dem Schlaf, saß kerzengerade und schweißüberströmt aufrecht auf dem Lager. Es dauerte einen Moment, bis er klar sehen konnte, sein Herz raste wie verrückt und er schnappte nach Luft.

      »Du hattest einen Alptraum.«

      Elmer! Seine Stimme holte Darcar zurück. Blinzelnd starrte er den anderen an und bemerkte, dass er dessen Oberarme umklammert hielt. Ob ihn festzuhalten oder von sich zu stoßen, wusste er nicht mehr. Es war beinahe dunkel im Raum, nur noch ein heißes Glühen schien aus dem Kamin, die Kerzen ausgeblasen, von oben fiel auch kein Licht herein, obwohl der Schrank beiseitegeschoben war und die Tür zum Kellerraum offenstand.

      Es war Nacht.

      »Nur ein Traum, ganz ruhig.« Ein Finger streifte Darcars nasse Stirn. »Du bist hier sicher.«

      »Was?«, fragte er verwirrt, noch immer ganz erregt.

      »Dein Fieber ist angestiegen.« Elmer drückte ihn zurück ins Kissen, erst da bemerkte Darcar, dass dessen Hand auf seiner Brust lag. Genau mittig, warm und kräftig. Er war sich der Berührung plötzlich mehr als gewahr.

      Langsam ließ Darcar sich zurückfallen, starrte in das schattige Gesicht, das sich kritisch über ihn beugte. Elmer hatte hellgrüne Augen, das fiel ihm erst in diesem Moment auf.

      »Wo ist Veland?«, fragte er sofort, als er bemerkte, dass sein Bruder fehlte.

      »Hab ihn rauf geschickt: Tee aufsetzen.« Elmer wandte sich ab, griff nach einer Schale, die er bereits mitgebracht hatte. Wasser plätscherte, er wrang einen Lappen aus und beugte sich dann wieder über Darcars Gesicht. »Er war in Panik wegen dir, du hast ihm mit deinem Geschrei eine Heidenangst eingejagt.«

      Darcar schluckte schwer. »Das war nicht meine Absicht«, hauchte er dann.

      Ein zaghaftes Lächeln antwortete ihm, das beinahe von der Dunkelheit verschluckt wurde. »Das weiß er doch.«

      Er wehrte sich nicht gegen das kühle Abtupfen, er genoss sogar das feuchte Tuch auf seiner erhitzten Haut. Elmer war besonders sanft zu seiner Wunde auf der Wange, tupfte sie zaghaft ab. Der Kratzer brannte, seit der Schweiß hineingelaufen war.

      Darcar betrachtete Elmer, wie er geübt und mit professionellem Blick mit dem Tuch hantierte, als habe er schon hundertmal Kranke umsorgt. »Warum hilfst du uns?«, fragte er ihn in die Stille hinein. Er war zu aufgewühlt, zu schwach, um Argwohn zu zeigen.

      »Weil ich es kann«, gab Elmer mit einem leichten Lächeln zurück. »Und weil ich so erzogen wurde.«

      Darcar hob seine Augenbrauen. Aber diese Erklärung war so gut wie jede andere.

      »Außerdem…« Elmer starrte auf seine Hände, faltete den Lappen. »Ich habe auch Brüder, darunter auch einen jüngeren.« Beinahe entschuldigend lächelte er Darcar erneut an. »Und du hast Glück, dass ich weiß, wer ihr seid und warum ihr hier seid.«

      Darcar betrachtete ihn einen Moment lang einfach nur und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er schluckte, seine Kehle war noch immer wund, oder schon wieder – vom Schreien.

      »Woher weißt du, wer wir sind?«, fragte er schließlich ohne Vorwurf, ohne Argwohn.

      Nachsichtig legte Elmer den Kopf schief, gleichzeitig klang seine Stimme einen Hauch pikiert. »So taub und blind sind wir hier nicht, auch wenn ihr Außenweltler das gerne glauben mögt. Aber tatsächlich…« Er seufzte leise, sah über die Schulter, als befürchtete er, Veland könnte sie belauschen, dann sah er Darcar wieder an, senkte ernst die Stimme. »Ihr werdet gejagt. Die Gilde der Meuchler wurde auf euch angesetzt, sie streifen hier durch die Straßen.«

      Darcar spürte, wie sich der Knoten in seinem Magen schmerzhaft verstärkte. Er konnte sich vorstellen, dass seine Stiefmutter die Auftragsmörder über Dritte angeheuert hatte, damit kein einziger van Brick mehr übrigblieb, der sich rächen könnte.

      »Woher weißt du das?«

      »Ein paar Meuchler kamen zu mir und boten mir Vorräte, wenn ich ihnen sage, falls ich euch sehe.«

      Sofort riss Darcar die Augen auf.

      »Keine Sorge«, beschwichtigte Elmer, »ich verrate euch bestimmt nicht an Mörder.« Er legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. Darcar starrte ihn an, konnte sich nicht rühren. »Versprochen!«

      »Warum bist du hier?«, wollte er wissen. Die Unterhaltung ermüdete ihn und da das Adrenalin in seinen Venen langsam abnahm, spürte er die Erschöpfung wie einen Hammerschlag im Genick. Dennoch wollte er es wissen. Musste es wissen. »Du sagtest, du hättest Brüder, wo sind sie…?«

      »Zuhause«, erklärte Elmer. »Ich lief vor ein paar Jahren fort, wollte mehr sehen, wollte wissen, wie es in der großen Stadt so ist.« Er wirkte traurig, schuldvoll. »Ich habe immer mehr gewollt als das, was

Скачать книгу