Blut für Gold. Billy Remie

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V und Darc war es jedoch zu spät, jeder kannte sie als die Söhne des großen Bahnbarons. Und nun als die Söhne eines Verräters.

      Es war ihnen nicht gestattet, in der Stadt zu leben, deshalb konnten und durften Vic oder Magda sie nicht aufnehmen. Sie waren nun keine Menschen mehr, nur noch Verbannte.

      »Führt sie ins das Rattenloch«, sagte der Kommandant abschließend. Es war das letzte Mal, dass Darcar einen Blick auf die schwarze Steinfassade seines Hauses warf. Er würde es nicht wiedersehen.

      Kapitel 2

      Der dunkle Dampf war bereits zu erkennen, noch bevor der Zug in die Stadt hineinfuhr. Die schwarzen Schwaden zogen einen fast so langen Streifen wie die vielen aneinander gereihten Waggons selbst, als würde ein finsteres Feuer im Inneren der Öfen brennen, die die Räder antrieben. Sobald die Lock die Stadt erreichte, trennte der dichte Rauch ganze Stadtviertel durch eine regelrechte schwarze Wand.

      Ein Zug wurde immer mit einem ohrenbetäubenden Pfeifen angekündigt, doch noch bevor man ihn sah und hörte, konnte man ihn spüren. Durch die vibrierenden Gleise, noch lange bevor der Dampf in Sicht kam. Dies war das Zeichen für die Ratten, von den Schienen zu verschwinden.

      Die Ratten. Das waren keine verseuchten Nagetiere, sondern nur verseuchte Straßenkinder, die sich ein paar halbe Noten verdienten, indem sie für die Stadt den Müll und den Unrat zwischen den Schienen einsammelten.

      Ein Schicksal, von dem sie hoffen konnten, dass sie es auch einmal antreten würden, dachte Darcar wie benommen. Denn selbst diese Ratten waren angesehener als sie es noch waren, immerhin hatten diese Kinder das Recht, sich in der Stadt aufzuhalten, auch wenn man sie nachts zurück in das Elendsviertel treiben würde. Darcar und Veland wurden jedoch auf direktem Wege in »Das Rattenloch« gebracht. Das war ein noch mal mit einer Mauer abgetrennter Bereich im Elendsviertel, mit streng bewachten Gittern, wo nur straffällig gewordene Kinder eingepfercht waren.

      Oder Kinder von Verrätern.

      Er wusste nicht, was ihn dort drinnen erwartete. Niemand wusste das. Es gab Gerüchte, gewiss, von Jungen, die freigekauft oder angeblich daraus entkommen waren, doch Darcar hatte sie alle für Lügner gehalten. Nun würde er es selbst erfahren.

      Sie standen am Bahnhof, der Zug fuhr mit ratternden Rädern über die Schienen und hielt mit einem lauten Pfeifen und Kreischen an. Veland hasste dieses Geräusch, er zuckte dann immer zusammen und hielt sich die Ohren zu.

      Dampf hüllte sie ein, als der Zug zum Stehen kam. Weiter vorne auf dem Gleis stiegen Passagiere aus und neue ein. Darcar und Veland standen ganz hinten, den letzten Wagon vor Augen, seine Fenster waren mit massiven Gittern versehen. Er würde sie in ihr neues Zuhause bringen.

      Veland sah zu ihm auf. »Warum müssen wir dorthin?«, fragte er.

      Darcar starrte wütende Löcher in die Waggonwand. Weil sie fürchten, dass wir eines Tages unseren Vater rächen, dachte er bitter. »Weil sie grausam sind«, antwortete er jedoch nur.

      Zwei Deputies und Vic waren bei ihnen. Er spürte ihre Augen im Nacken, doch sie sagten nichts. Vic wollte ihm aufmunternd die Schulter drücken, aber Darcar wehrte sich mit einem energischen Schulterzucken.

      Es war bitterkalt, der Winter kroch durch jede Ritze und legte sich mit seinem frostigen Atem auf die Haut, klebte sich fest, drang in jede Pore und sorgte für steife Glieder. Darcar fühlte seine Zehen und Finger kaum noch, er zitterte und versuchte, es zu unterdrücken. Er trug nur seine Unterwäsche und den langen Mantel darüber, immerhin war Veland einigermaßen gut eingepackt, doch auch seine Hand fühlte sich eiskalt an, als er Darcars ergriff und nicht mehr losließ.

      Darcar rieb mit dem Daumen über die kalten Knöchel seines Bruders, um sie zu wärmen. Veland drückte sich ängstlich an ihn. Immerhin riss Vic sie nicht auseinander, er war sichtlich traurig über ihr Schicksal. Das machte Darcar beinahe noch wütender. Mitleid brachte ihnen rein gar nichts, von Vics entschuldigendem Lächeln konnten sie sich auch nicht freikaufen.

      Oder ihren Vater retten.

      Aber an diesen durfte Darcar jetzt nicht denken. Er hatte bereits auf dem Weg hierher mehrfach versucht, sich loszureißen, war aber immer wieder eingefangen worden. Selbst Passanten, die Freunde oder zumindest Bekannte seines Vaters gewesen waren, hatten ihn aufgehalten und der Obrigkeit übergeben, ihn wie einen Verbrecher behandelt, als würden sie ihn gar nicht kennen. Elende Verräter. Erst als Vic zu ihm sagte: »Ich weiß, dass du deinem Vater helfen willst, aber das geht nicht mehr. Du kannst ihn nicht befreien, sie würden dich fassen und auch hängen. Denk nach, Junge. Deinen Bruder kannst du noch beschützen, tu es für ihn, lass ihn nicht allein«, hatte er sich seinem Schicksal ergeben. Obwohl ihm speiübel wurde und er sich fühlte, als würde er seinen Vater im Stich lassen – ihn sogar verraten.

      Er konnte dieses nagende Gefühl kaum ertragen, wollte brüllen, bis er daran erstickte.

      Für Veland tat er nichts dergleichen. Veland brauchte ihn.

       Pass auf deine Brüder auf.

      »Wir müssen einsteigen«, drängte Vic sanft.

      Es kam Darcar so vor, als würde er auf Treibsand laufen, jeder Schritt war eine Qual. Als würde er auf die Höllenpforte zulaufen. Durch die Kälte waren seine Glieder steif, doch das war es nicht, was seinen Schritt erschwerte, er wollte einfach nicht einsteigen. Aber ihm blieb keine Wahl.

      Die Stufen waren steil und glatt, er half Veland darauf. Prompt rutschte sein Bruder aus, Darcar zog ihn an seiner Hand auf die Beine und setzte ihn wieder auf die Stufe. Er hielt ihn fest und trug ihn die restlichen Stufen hoch.

      Im Inneren des Wagons war es dunkel, die Fenster saßen sehr hoch, sodass man nicht hinaussehen konnte. Eiserne Sitzbänke, eine Zelle am Ende, blanke Haltestangen. Der Frost hatte sich hineingeschlichen und die Sitzmöglichkeiten wie weißer Schimmel überzogen.

      Darcar wickelte Veland den Schal ab, klopfte eine Bank damit ab und legte ihn dann so aus, dass Veland sich darauf setzten konnte, ohne krank zu werden.

      »Und auf was sitzt du?«, fragte sein Bruder.

      »Auf meinem Hintern, der ist fett genug«, versuchte er sich an einem Scherz. Und tatsächlich lächelte Veland kurz auf, als Darcar sich zu ihm setzte.

      Vic und seine zwei Begleiter verzichteten darauf, sie anzuketten, obwohl eiserne Manschetten zu ihren Füßen lagen. Veland entdeckte sie und wurde auf einmal ganz still und steif. Grummelnd streckte Darcar einen Fuß aus und schob die Ketten unter die Bank, damit sein Bruder sie nicht mehr sah. »Komm her«, sagte er dann und zog den Kleinen in seine Arme, hielt ihn fest und wärmte ihn – und auch sich.

      Der Zug setzte sich ratternd in Bewegung, ein lauter Pfiff ertönte und dröhnte über die Waggonwände, die Dampfbetriebenen Maschinen arbeiteten lautstark, sodass man ihren gewaltigen Kraftaufwand durch leichte Erschütterungen spürte.

      »Wann wird Vater uns holen kommen?«, fragte Veland verängstigt. »Ich will nach Hause.«

      Er hatte es noch nicht verstanden. Es brach Darcar das Herz, er konnte kaum atmen. Sein Blick begegnete Vics betroffenem Gesicht, sein Magen zog sich zusammen. Was sollte er bloß tun? Wie sollte er seinem kleinen Bruder erklären, dass sie kein Zuhause mehr hatten?

      Statt zu antworten, zog er Veland wieder eng an sich, nahm dessen Finger zwischen seine Hände und rieb sie, bis

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